Sächsische Zeitung  (Dresden)

Warum dieser Biomarkt in der Johannstad­t schließt

Obwohl Bioprodukt­e weiterhin gefragt sind, muss ein Laden in der Johannstad­t schließen. Susann Haase ist im Vorstand des Betreibers und erklärt die Gründe für das Aus.

- Von Lars Barendregt

Vom Bereitlege­n des frischen Brotes bis zum Ausstellen der gekühlten Produkte - bereits zweieinhal­b Stunden vor Öffnung der Türen, sind zwei Mitarbeite­r des VG Biomarkts sehr beschäftig­t in der Dresdner Johannstad­t. Es ist einer der letzten Tage. Noch anderthalb Woche, dann schließt der Laden. „Für uns war er eine gute Ergänzung“, sagt Susann Haase, Vorstandsm­itglied der VG Verbrauche­rgemeinsch­aft. „Die Lage im Stadtplan ist günstig. Der Laden liegt halt zwischen unseren anderen Geschäften. Und auch für die Menschen, die sich im Stadtteil engagieren, war er durchaus wichtig.“

Trotzdem hat es nicht geklappt, den Biomarkt „Elise“, der sich seit 2017 in der Elisenstra­ße befindet, zu erhalten. Der wichtigste Grund dafür? „Die Nachfrage“, antwortet Haase. „Die ist schlecht in der Johannstad­t. In unseren anderen Läden ist sie deutlich höher.“Woran das genau liegt? Susann Haase hat nur Ahnungen: „Es ist hier nicht der reichste Stadtteil Dresdens und auch das Durchschni­ttsalter ist sehr hoch. Ob das aber die Gründe sind, bin ich mir nicht sicher.“

Die Corona-Pandemie und die Inflation spielen auf jeden Fall eine Rolle, vermutet sie. Tatsächlic­h haben Menschen weniger Geld zum Ausgeben und entscheide­n sich daher zurzeit eher für Discounter wie Lidl oder Aldi. „Wir haben hochwertig­e Lebensmitt­el, alles ist biologisch angebaut“, sagt Haase. „Aber unsere Produkte sind oft etwas teurer als die beim Discounter.“Nicht nur in Dresden, sondern auch in anderen deutschen Städten würden daher Biomärkte verschwind­en.

Laut dem Bundeszent­rum für Ernährung sind Bioprodukt­e trotzdem weiterhin gefragt. Jeder zweite Deutsche kauft diese Lebensmitt­el gelegentli­ch, mehr als ein Drittel sogar häufig oder ausschließ­lich, so das Zentrum, aufgrund von Zahlen des Bundesmini­steriums für Ernährung und Landwirtsc­haft. „Es werden statistisc­h gesehen auch mehr Bioprodukt­e gekauft“, sagt Haase. „Aber die werden auch beim Discounter und im Supermarkt angeboten. Persönlich finde ich es sehr gut, dass es in Supermärkt­en immer mehr Bioprodukt­e gibt. Aber es wäre natürlich schöner, wenn überall mehr Bio gekauft würde.“Auch Anpassunge­n, wie zum Beispiel ein Ladenumbau für mehr Selbstbedi­enung, könnten den Rückgang der Umsätze des Biomarkts in der Johannstad­t nur teilweise kompensier­en, sagt die Verbrauche­rgemeinsch­aft.

Bis zur Pandemie wurde der Laden durch die anderen VG Biomärkte mitgetrage­n. Aber das wäre nun nicht mehr möglich. Das Gesamterge­bnis der Biomärkte der VG Verbrauche­rgemeinsch­aft sei 2022 „leicht negativ“gewesen. „Dieses Jahr ist etwas besser als 2022“, sagt Haase.

Um die Zukunft der Gemeinscha­ft nicht zu gefährden, kann der Laden in der Johannstad­t trotzdem nicht geöffnet bleiben. Wie hoch der Verlust des Geschäfts genau war, veröffentl­icht die VG nicht. Sie fürchtet, der Konkurrenz zu viel Einblick zu gestatten.

Die fünf Mitarbeite­r des Ladens in der Elisenstra­ße können nach dem Geschäftsa­us für die anderen VG Biomärkte in Dresden arbeiten. „Auch wir haben Fachkräfte­mangel“, sagt Haase. „Wir sind durchaus froh, dass wir die gut ausgebilde­ten Kollegen behalten können.“Immerhin gibt es ohne „Elise“noch sieben weitere Läden der VG Verbrauche­rgemeinsch­aft in der Landeshaup­tstadt.

Für Stammkunde­n gibt es innerhalb eines Gebietes von etwa drei Kilometern noch drei andere VG Biomärkte. Außerdem bringt ein spezieller Lieferdien­st Bioprodukt­e bis an die Haustür. In der nächsten, der letzten, Öffnungswo­che vom Dienstag bis Freitag, findet in der Johannstad­t ein Ausverkauf statt. In dieser Zeit bekommen Besucher einen Rabatt von 10 Prozent auf das gesamte Sortiment.

Tiefkühlpi­zzen, Apfelessig, Backpulver, die Produkte, die nicht verkauft werden, zieht die VG Verbrauche­rgemeinsch­aft um in den anderen Läden. Gegen ein Gebot wird nicht verstoßen, sagt Haase. „Weggeworfe­n wird nichts.“

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Foto: Marion Doering „Wir sind durchaus froh, dass wir die gut ausgebilde­ten Kollegen behalten können“: Mitarbeite­rin Korina Rauschenba­ch (links) und Vorstandsm­itglied Susann Haase im Johannstäd­ter VG Biomarkt.

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