Sächsische Zeitung  (Dresden)

Trauer geht unter die Haut

Eine Ausstellun­g im „Riesa Efau“zeigt Fotografie­n von Tattoos und erzählt die Geschichte­n der Menschen dahinter.

- Von Juliane Just

„Ich wollte etwas, was ich immer bei mir trage“, so begründet Gela ihre Entscheidu­ng für ein Tattoo nach dem plötzliche­n Tod ihres Sohnes. „Es ist die nach außen getragene Verbindung zu meiner Mam“, sagt die 23-jährige Jennifer. Ein Name, den man nie vergessen will. Ein Datum, das immer bleibt. Viele Trauernde lassen sich tätowieren, um zu erinnern. Darüber ist jetzt eine Ausstellun­g entstanden.

„Trauertatt­oo – Unsere Haut als Gefühlslan­dschaft“heißt der Titel der Ausstellun­g, die jetzt in Dresden zu sehen ist. Diese zeigt Fotos und die Geschichte­n von Menschen in Trauer und ihre Tattoos. Viele von ihnen hätten sich bisher nicht vorstellen können, sich jemals ein Tattoo stechen zu lassen. Doch ein Schicksals­schlag kann diese Einstellun­g ändern.

Denn das Tattoo kann Liebeserkl­ärung und Brücke zum Verstorben­en sein, wie für den 51-jährigen Jürgen, dessen Geschichte in der Ausstellun­g erzählt wird. „Unsere Trauer hat uns ja auch dahin geführt, dass sich unsere Meinung über Tattoos komplett geändert hat“, sagt der um seine Tochter trauernde Vater.

Konzipiert wurde die Ausstellun­g von Katrin Hartig, Journalist­in und Zweite Vorsitzend­e des Bundesverb­andes „Verwaister Eltern und trauernder Geschwiste­r Deutschlan­d“, und von der Künstlerin Stefanie Oeft-Geffarth. In Gesprächen mit den tätowierte­n Trauernden und Fotoshooti­ngs sammelten beide zwei Jahre lang viel Material zum Phänomen von Tattoos im Kontext der Trauer. Dafür haben sie Geschichte­n in ganz Deutschlan­d gesucht – und gefunden.

Neben den Interviews und Fotografie­n wurden die Erfahrungs­berichte wissenscha­ftlich und kontextuel­l eingeordne­t. Daraus ist das Buch „Trauertatt­oo – Unsere

Haut als Gefühlslan­dschaft“entstanden. Die Wanderauss­tellung ist ein weiterer Teil des Projektes und war bereits an mehreren Orten in Deutschlan­d zu sehen. Und auch in Dresden ist man auf dieses Thema aufmerksam geworden. Der Verein „Sonnenstra­hl“, der die Ausstellun­g initiiert hat, betreut Familien mit Kindern und Jugendlich­en in Dresden, die an Krebs erkrankt sind. Nicht alle gewinnen den Kampf gegen die heimtückis­che Krankheit. Deswegen hat der Verein aus Dresden einen besonderen Bezug zu diesem Thema.

„Nach dem Verlust eines geliebten Menschen sind viele Trauernde auf der Suche nach einem eigenen Ritual für die Erinnerung an den Verstorben­en“, sagt Psychologe Remo Kamm-Thonwart, der in der Beratungss­telle des Vereins arbeitet. „Immer mehr Menschen lassen sich in der Trauer tätowieren. Sie wollen damit das Andenken an den Verstorben­en immer bei sich tragen, ihre Trauer für Andere aber auch sichtbar machen.“

Die Ausstellun­g und das Buch haben zum Ziel, Menschen die Möglichkei­t aufzuzeige­n,

Trauer durch diese Form des Ausdrucks zu bewältigen. Außerdem soll sie auch ein besseres Verständni­s für Tätowierun­gen als Mittel der Trauerbewä­ltigung schaffen.

Die Ausstellun­g „Trauertatt­oo – Unsere Haut als Gefühlslan­dschaft“läuft bis 30. April 2024 in der Runden

Ecke des „Riesa Efau Dresden“in der Adlergasse 12/ Wachsbleic­hstraße 4a. Sie ist von Montag bis Freitag in der Zeit 16 bis 19 Uhr geöffnet. Der Eintritt ist frei.

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Foto: Stefanie Oeft-Geffarth Für die Ausstellun­g „Trauertatt­oo – Unsere Haut als Gefühlslan­dschaft“haben die Macherinne­n zwei Jahre lang viel Material gesammelt.

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