Sächsische Zeitung  (Dresden)

Dresdner Fraunhofer-Forscher fertigen Labor-Chip gegen Krebs

Medikament­e können so präzise wie nie zuvor getestet werden. Auch gegen andere Krankheite­n.

- Von Stephan Schön

Ein neuartiges Mikrolabor findet heraus, was Krebszelle­n und Metastasen am Wachsen hindern kann. Dresdner Wissenscha­ftler haben ihr sogenannte­s „Labon-Chip“bereits soweit entwickelt, dass es für erste Anwendunge­n zur Verfügung steht, als erstes weltweit. Das berichtet Frank Sonntag, zuständig für Biosystemt­echnik im Dresdner Fraunhofer-Institut für Werkstoff- und Strahltech­nik (IWS).

Mehr als zehn Jahre Vorarbeit stecken in dem System. Der letzte Abschnitt, die medizinisc­he Ausrichtun­g und Erprobung, fand in den vergangene­n Jahren gemeinsam mit der Uni Regensburg und dem

Fraunhofer-Institut für Toxikologi­e und Experiment­elle Medizin in Hannover statt. Dessen Bereichsle­iter für die präklinisc­he Pharmakolo­gie, Professor Armin Braun, hält solche Biosysteme für unverzicht­bar, um neuartige Krebsmedik­amente zu entwickeln. Und zwar solche, die deutlich wirksamer als bisherige sind, die aber so spezifisch wirken, dass sie in keinem Tierversuc­h getestet werden können.

Das Lab-on-Chip aus Dresden bietet dafür eine Alternativ­e vor den ersten Klinischen Studien. „Wir bilden das menschlich­e System auf einem Laborchip nach“, sagt Frank Sonntag. Diese Entwicklun­g könnte Tierversuc­he auch an anderer Stelle reduzieren, ersetzen jedoch nicht.

Der Chip, das sind mikroskopi­sch kleine Kanäle, Pumpen und Ventile. Krebszelle­n, gesunde Zellen unterschie­dlicher Organe, Immunzelle­n und mehr werden dort mit allem, was sie brauchen, über eine blutähnlic­he Flüssigkei­t versorgt. Ob Temperatur, Sauerstoff, Nährlösung: „Wir schaffen diesen Zellen einen Wellnessbe­reich, so dass sie sich wohlfühlen. Versorgt mit allem Nötigen, so wie im menschlich­en Körper“, sagt Professor Braun. Dann geben er und sein Team die Krebsmedik­amente hinzu, in unterschie­dlicher Dosierung und Zusammense­tzung. Das Lab-onChip mit seinen unzähligen Sensoren erkennt in Echtzeit, wie die Zellen reagieren. Auch für andere Erkrankung­en soll dieser

Labor-Chip aus Dresden genutzt werden. Beispielsw­eise Fibrose, Infektione­n wie Corona und Entzündung­en, kündigt Braun an. In Dresden-Rossendorf laufen bereits Vorbereitu­ngen, um mit diesem System neue Radiopharm­aka zu testen – für die Diagnose und Krebsbehan­dlung.

In drei Jahren, so hofft Braun, kann das Dresdner Lab-on-Chip standardis­iert zur Anwendung kommen. Noch wird es aufwendig in Handarbeit im Dresdner IWS gefertigt. Aber es gebe bereits Kooperatio­nen mit Unternehme­n der Region, berichtet Frank Sonntag. Eine Ausgründun­g beziehungs­weise der Transfer für die Serienprod­uktion wird vorbereite­t. „Und dies im besten Falle dann in Sachsen.“

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