Dresdner Fraunhofer-Forscher fertigen Labor-Chip gegen Krebs
Medikamente können so präzise wie nie zuvor getestet werden. Auch gegen andere Krankheiten.
Ein neuartiges Mikrolabor findet heraus, was Krebszellen und Metastasen am Wachsen hindern kann. Dresdner Wissenschaftler haben ihr sogenanntes „Labon-Chip“bereits soweit entwickelt, dass es für erste Anwendungen zur Verfügung steht, als erstes weltweit. Das berichtet Frank Sonntag, zuständig für Biosystemtechnik im Dresdner Fraunhofer-Institut für Werkstoff- und Strahltechnik (IWS).
Mehr als zehn Jahre Vorarbeit stecken in dem System. Der letzte Abschnitt, die medizinische Ausrichtung und Erprobung, fand in den vergangenen Jahren gemeinsam mit der Uni Regensburg und dem
Fraunhofer-Institut für Toxikologie und Experimentelle Medizin in Hannover statt. Dessen Bereichsleiter für die präklinische Pharmakologie, Professor Armin Braun, hält solche Biosysteme für unverzichtbar, um neuartige Krebsmedikamente zu entwickeln. Und zwar solche, die deutlich wirksamer als bisherige sind, die aber so spezifisch wirken, dass sie in keinem Tierversuch getestet werden können.
Das Lab-on-Chip aus Dresden bietet dafür eine Alternative vor den ersten Klinischen Studien. „Wir bilden das menschliche System auf einem Laborchip nach“, sagt Frank Sonntag. Diese Entwicklung könnte Tierversuche auch an anderer Stelle reduzieren, ersetzen jedoch nicht.
Der Chip, das sind mikroskopisch kleine Kanäle, Pumpen und Ventile. Krebszellen, gesunde Zellen unterschiedlicher Organe, Immunzellen und mehr werden dort mit allem, was sie brauchen, über eine blutähnliche Flüssigkeit versorgt. Ob Temperatur, Sauerstoff, Nährlösung: „Wir schaffen diesen Zellen einen Wellnessbereich, so dass sie sich wohlfühlen. Versorgt mit allem Nötigen, so wie im menschlichen Körper“, sagt Professor Braun. Dann geben er und sein Team die Krebsmedikamente hinzu, in unterschiedlicher Dosierung und Zusammensetzung. Das Lab-onChip mit seinen unzähligen Sensoren erkennt in Echtzeit, wie die Zellen reagieren. Auch für andere Erkrankungen soll dieser
Labor-Chip aus Dresden genutzt werden. Beispielsweise Fibrose, Infektionen wie Corona und Entzündungen, kündigt Braun an. In Dresden-Rossendorf laufen bereits Vorbereitungen, um mit diesem System neue Radiopharmaka zu testen – für die Diagnose und Krebsbehandlung.
In drei Jahren, so hofft Braun, kann das Dresdner Lab-on-Chip standardisiert zur Anwendung kommen. Noch wird es aufwendig in Handarbeit im Dresdner IWS gefertigt. Aber es gebe bereits Kooperationen mit Unternehmen der Region, berichtet Frank Sonntag. Eine Ausgründung beziehungsweise der Transfer für die Serienproduktion wird vorbereitet. „Und dies im besten Falle dann in Sachsen.“