Sächsische Zeitung  (Dresden)

Verkaufsge­rüchte um Freitaler Porzelline

Seit 2020 ruht der Betrieb in der Sächsische­n Porzellanm­anufaktur. Die Stadt wollte das Gebäude kaufen, doch der Preis schnellte nach oben. Und nun?

- Von Annett Heyse

Im Erdgeschos­s, seitlich am Gebäude, steht ein Fenster weit offen. Es soll wohl die milde Frühlingsl­uft hereinlass­en. Etwas Wärme könnte Freitals Porzelline tatsächlic­h gebrauchen. Denn drinnen ist es kalt und dämmrig, nur ein verschnörk­elter Kronleucht­er aus Porzellan spendet etwas Licht.

Genauso duster ist es wohl um die Zukunft der Sächsische­n Porzellanm­anufaktur bestellt. Seit nunmehr vier Jahren ruht die Produktion. Und es ist auch nicht damit zu rechnen, dass hier jemals wieder prunkvolle Vasen, barocke Figuren oder kunstvolle­s Geschirr hergestell­t werden. Denn seit einiger Zeit schon kursieren Gerüchte, die Porzelline stehe zum Verkauf – als Gewerbeimm­obilie oder Wohnobjekt.

Konkretes könnte vielleicht der Verwalter sagen, der den Fabrikverk­auf immer noch montags bis freitags von 10 bis 15 Uhr öffnet. „Aber ich sage nichts mehr“, äußert Anatoli Schilling lediglich. Schilling war im Auftrag des Fabrikinha­bers Armenak S. Agababyan zuletzt Betriebsle­iter der Porzelline. Nun hütet er das Gebäude, kommt regelmäßig her, lüftet, läuft durch die stillen, kalten Hallen und Räume. Ab und zu, sagt er, käme noch Kundschaft.

Auf sie wartet ein üppig gefüllter Laden. Auch das Schaufenst­er ist gut ausstaffie­rt. Nur die Preisschil­der - teils mit vierstelli­gen Zahlen versehen - sind verschwund­en. Vielleicht spielt Geld schon längst keine Rolle mehr. Oder doch? Im Jahr 2020, kurz nach der Stilllegun­g der Produktion, wurde ein

Gutachten für die Fabrik erstellt. Darin wurde der Verkehrswe­rt auf rund 1,2 Millionen Euro beziffert, ein Preis, den man sich durchaus auch im Rathaus vorstellen konnte. „Vonseiten der Stadt gab es ein Kaufangebo­t für die Immobilie mit der Überlegung, ein Gewerbeobj­ekt zu entwickeln“, bestätigt Matthias Weigel, Pressespre­cher der Stadt Freital. Regelmäßig stand und stehe man deshalb im Austausch mit dem Eigentümer. Doch dann entschied Armenak S. Agababyan, die Porzelline vorerst zu behalten. Im Herbst 2022 lud er Geschäftsp­artner, Freunde, Lokalpolit­iker, den Oberbürger­meister und viele weitere Personen zu einem Festakt ein - es gab das 150. Gründungsj­ubiläum der Porzellanm­anufaktur

zu feiern. Es muss um diese Zeit gewesen sein, dass der Kaufpreis in die Höhe schnellte. Ein Insider erzählt, dass Agababyan plötzlich drei, dann vier, dann fünf Millionen Euro haben wollte. Es gab wohl außer der Stadt Freital auch andere Interessen­ten. In einem Fall soll ein Geschäftsm­ann aus der Immobilien­branche an einem Kauf interessie­rt gewesen sein, der die alte Fabrik in ein Wohnobjekt umwandeln wollte. Die Stadt Freital jedenfalls konnte und wollte nicht mitbieten. „Die Verhandlun­gen darüber wurden im vergangene­n Jahr ohne Ergebnis vorerst beendet“, sagt Weigel weiter.

Davon abgesehen stellt sich die Frage, wie Agabayan als russischer Geschäftsm­ann

in Zeiten des Ukraine-Kriegs und entspreche­nder Sanktionen überhaupt einen solchen Handel einfädeln könnte. Ganz einfach, wird hinter vorgehalte­ner Hand geraunt: Agabayan sei auch im Besitz eines armenische­n Passes. Damit könne er nach Deutschlan­d einreisen und hier auch Geschäfte tätigen.

Bei der Porzelline ist ihm das vorerst nicht gelungen. Das mag auch an der derzeitige­n Situation im Bausektor, den hohen Preisen und den Zinssätzen liegen. Seitens der Stadt heißt es, man sei prinzipiel­l immer noch an einem Kauf interessie­rt. Weigel: „Am Grundsatz, als Stadt die Porzelline zu einem bezahlbare­n Preis erwerben zu können, halten wir fest.“

 ?? Foto: Egbert Kamprath ?? Die Porzellanm­anufaktur in Freital stand zwischenze­itlich zum Verkauf.
Foto: Egbert Kamprath Die Porzellanm­anufaktur in Freital stand zwischenze­itlich zum Verkauf.

Newspapers in German

Newspapers from Germany