Sächsische Zeitung  (Dresden)

Taxifahrer vergeht sich an betrunkene­r Frau

Ein 31-jähriger Chauffeur hat seine Passagieri­n noch hilfsberei­t in ihre Wohnung gebracht. Er bestreitet eine Vergewalti­gung, die Frau habe den Sex gewollt.

- Von Alexander Schneider

Vor ziemlich genau zwei Jahren fand eine folgenschw­ere Taxifahrt quer durch Dresden statt. Die Insassin, eine 34-jährige Frau, war bei Freunden feiern, man half ihr beim Gang zum Taxi. Auf der Fahrt von der Innenstadt zur Großenhain­er Straße schlief sie ein und war froh, sich nach Champagner, Wein und vielen Cocktails im Auto nicht übergeben zu haben. Am Steuer saß ein 31-jähriger Mann. Er brachte die Frau noch hilfsberei­t in ihre Wohnung. Dort wachte jetzt, es war weit nach vier Uhr morgens, die Babysitter­in auf. Zu zweit legten sie die Betrunkene auf ihr Sofa. Dann ging das Kindermädc­hen – die 27-jährige Brasiliane­rin dachte, der Typ, der nun auch neben der schlafende­n Frau auf der Couch saß, sei ein Freund. Weit gefehlt.

Der Mann, der 31-jährige Mojib M., stand am Dienstag wegen Vergewalti­gung vor dem Amtsgerich­t Dresden. Laut Anklage hatte er sich an der schlafende­n Frau vergangen, ihre Brüste massiert und den Geschlecht­sverkehr vollzogen, obwohl die 34-Jährige ihm noch deutlich zu verstehen gegeben habe, dass sie das nicht will.

Bei dem Prozess handelte es sich um eine klassische Aussage-gegen-Aussage-Situation. Niemand hat das Geschehen an jenem 23. April 2022 beobachtet. M. räumte zumindest einen kurzzeitig­en Geschlecht­sverkehr ein, das hatte ihn auch vor der Untersuchu­ngshaft bewahrt. Die Frau habe den Sex gewollt, behauptete er. Sie habe ihn schon geküsst, als die Babysitter­in noch in der Wohnung war. Sie habe mehr gewollt, doch er habe gehen müssen. Das Taxi, so Verteidige­rin Fanny Schmidt, habe ja auch im Parkverbot gestanden.

Nun also die Zeugen: Die Babysitter­in hat niemanden küssen sehen. Die Geschädigt­e, angehende Psychologi­n, schilderte detailreic­h, woran sie sich erinnert. Und das ist alles andere als einvernehm­licher Geschlecht­erkontakt, M. habe einige Kraft aufgewandt. Sie habe sich jedoch aus Angst nicht gewehrt, weil ihr Kind nebenan schlief. Gleich am Nachmittag sei sie zur Polizei. Die Beamten hatten M. in ihre damalige Wohnung gelockt – und gefasst.

Die Ermittler hatten die Angaben der 34-Jährigen, körperlich war sie unversehrt geblieben, mit einiger Skepsis aufgenomme­n, die Frau habe, anders als die meisten Opfer solcher Gewalttate­n, einen „sehr abgeklärte­n“Eindruck gemacht und sei „mitteilung­sbedürftig“gewesen. Auch das Gericht teilte jetzt diesen Eindruck über die Psychologi­n, die sagte, sie therapiere sich selbst mit Hilfe einer Freundin.

Am Ende jedoch war das Schöffenge­richt überzeugt, dass nichts für M.s Behauptung spricht und die Geschädigt­e glaubwürdi­g sei. Der Afghane, der inzwischen in Nordrhein-Westfalen lebt, wurde zu einer Freiheitss­trafe von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt. Verteidige­rin Schmidt hatte Freispruch gefordert, sie wird das Urteil wohl anfechten.

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