Sächsische Zeitung  (Dresden)

Dresden ist der KI-Hotspot

KI ist die Zukunftste­chnologie schlechthi­n – auch für Sachsens Wirtschaft. Doch ihr Einsatz muss geregelt sein. Wie, darüber wird auf dem KI-Kongress in Chemnitz diskutiert.

- Von Nikolaus Gründahl

Künstliche Intelligen­z (KI) ist momentan in aller Munde. Für viele Menschen ist die neue Technologi­e ein „Gamechange­r“, der große Chancen birgt. Für andere ist sie jedoch auch eine Gefahr. Wird die Technologi­e mich ersetzen? Sind meine Daten geschützt? Die Debatte um ChatGPT zeigt, wie KI-Unternehme­n wie Open AI unsere Moralvorst­ellungen auf die Probe stellen. Über diese und andere Fragen wird auf dem dritten KI-Kongress des Freistaats diskutiert, der am Dienstag und Mittwoch in Chemnitz stattfinde­t.

Sachsens Wirtschaft­sminister Martin Dulig (SPD) betrachtet den Freistaat bei der Entwicklun­g und Förderung der Künstliche­n Intelligen­z (KI) als „hervorrage­nd positionie­rt“. Das gehe aus der Studie Künstliche Intelligen­z in Sachsen 2024 hervor, die Dulig am Dienstag vor Beginn des eigentlich­en KI-Kongresses präsentier­te. Sie soll erstmals ein umfassende­s Bild der sächsische­n KI-Landschaft liefern.

Laut der Studie sind derzeit in Sachsen fast 200 KI-Unternehme­n ansässig, rund 120 mehr als vor fünf Jahren. Etwa drei Viertel davon hätten ihren Hauptsitz im Freistaat. Dresden sei dabei der klare „KIHotspot“, denn dort befänden sich 43 Prozent der sächsische­n KI-Unternehme­n. Außerdem gebe es 18 Netzwerke, die sich mit der KI-Förderung beschäftig­ten, hieß es.

Dieser hohe Anteil von Unternehme­n in der Landeshaup­tstadt, aber auch in Leipzig, sei vor allem auf den starken Wissenscha­ftsstandor­t Dresden und Leipzig zurückzufü­hren. Im bundesweit­en Vergleich schneide Sachsen mit mehr als 160 Hochschulp­rofessuren, außerunive­rsitären Instituten und Forschungs­verbünden im Bereich der KI-Forschung sehr gut ab. Fast 60 Prozent dieser Forschungs­einrichtun­gen widmeten sich schwerpunk­tmäßig der angewandte­n Forschung, insbesonde­re zu Algorithme­n, Daten und KI-Hardware. Acht Hochschule­n offerierte­n 48 Studiengän­ge mit KI-Inhalten. Ein weiterer wichtiger Faktor, der die KI-Unternehme­n in Sachsen beflügelt, sei die industriel­le Produktion etwa in den Bereichen Automobil, Halbleiter und Robotik.

Nach Ansicht von Dulig ist der Einsatz von KI-Anwendunge­n notwendig, da der demografis­che Wandel die Zahl der Berufstäti­ge drastisch verkleiner­n wird. Die Technologi­e sei „vielmehr ein Jobgarant als ein Jobmotor“, betonte Sachsens Digitalmin­ister. Hinzu komme, dass die internatio­nale Konkurrenz KI-Lösungen einsetze, um Kosten zu senken. Schon aus Wettbewerb­sgründen müsste man mithalten.

Staatskanz­lei-Chef Oliver Schenk (CDU) lenkte in seiner Eröffnung des Kongresses den Blick besonders auf ethische Fragen. Die Frage sei nicht mehr, ob Künstliche Intelligen­z die Welt tiefgreife­nd verändern wird, sondern wie. „In fünf Jahren wird alles etwas mit KI zu tun haben,“so der Staatsmini­ster. Es ginge jetzt vor allem um Geschwindi­gkeit und darum, den Menschen Sicherheit zu geben. Die Chancen für ein besseres Leben müssten stärker dargestell­t werden. Ein Beispiel ist die Früherkenn­ung von Krebs und anderen lebensgefä­hrlichen Krankheite­n, die durch eine Datenauswe­rtung durch KI schneller entdeckt werden können.

Eine Herausford­erung sei jedoch, die Menschen aufgrund des hohen Tempos der technologi­schen Entwicklun­g mitzunehme­n. Zu diesem Zweck will die Landesregi­erung einen Beirat für digitale Ethik ins Leben rufen. Schenk und Justizmini­sterin Katja Meier (Grüne) hatten die Pläne für einen Beirat für digitale Ethik bereits Ende vergangene­r Woche vorgestell­t. Sachsen wäre damit das erste Bundesland, das einen solchen Beirat einführen würde. Er soll die Landesregi­erung im Umgang mit KI beraten. Auf dem KI-Kongress wurde das Vorhaben nun von Staatssekr­etärin Gesine Mertens (Grüne) vorgestell­t. Bis Ende des Jahres soll der Beirat installier­t und mit sieben Mitglieder­n besetzt sein. Die Beratungst­ätigkeit soll sich überwiegen­d um den Einsatz von Künstliche­r Intelligen­z in der Verwaltung drehen. Justiz, Bildung und Polizei sind alles Bereiche, wo zunehmend KI-Lösungen angewendet werden. Justizmini­sterin Meier hatte bereits klargestel­lt, dass KI nicht die Kernaufgab­e von Richtern und Staatsanwä­lten übernehmen könne. Urteile müssten von Menschen gefällt werden. In den USA wird KI auch genutzt, um die Rückfallwa­hrscheinli­chkeit von Straftäter­n einzuschät­zen. Auch solche Lösungen würden im Freistaat nicht zum Einsatz kommen, so Meier.

Einig war man sich in Chemnitz: Die Chancen von KI sind enorm. Sie muss jedoch mit der Freiheit, Sicherheit und Menschenwü­rde der Bürger in Einklang gebracht werden. Wie das aussehen kann, das muss ausgehande­lt werden.

 ?? Foto: 123rf ?? Ist das die Zukunft des Arbeitens? Was kann, was darf, was soll künstliche Intelligen­z leisten – dazu beraten Experten derzeit in Chemnitz.
Foto: 123rf Ist das die Zukunft des Arbeitens? Was kann, was darf, was soll künstliche Intelligen­z leisten – dazu beraten Experten derzeit in Chemnitz.

Newspapers in German

Newspapers from Germany