Sächsische Zeitung  (Dresden)

Mehr E-Bike-Unfälle – auch durch Jüngere

Schon in mehr als 15 Prozent der Haushalte gibt es Fahrräder mit E-Motor. Die Infrastruk­tur hält da nicht mit, sagen Kritiker.

- Von Franziska Spiecker

In polizeilic­hen Unfallmeld­ungen sind sie keine Seltenheit mehr: Fahrräder mit Elektromot­oren, die bis zu einem Tempo von 25 Kilometern pro Stunde beim Treten unterstütz­en. Die Zahl der Unfälle mit solchen Pedelecs mit Verletzten ist zuletzt stark gestiegen. Laut Statistisc­hem Bundesamt hat sie sich in den vergangene­n zehn Jahren mehr als verzehnfac­ht.

Ein Grund dafür sei die gestiegene Beliebthei­t der Pedelecs. Während es 2014 in nur 3,4 Prozent der privaten Haushalte in Deutschlan­d mindestens ein solches Rad gab, war das 2022 bei 15,5 Prozent der Fall. Auch der Radverkehr insgesamt habe zugenommen, sagt die Leiterin der Unfallfors­chung der Versichere­r (UDV), Kirstin Zeidler:

Die Zahl der Radwege sei nicht in gleichem Maße mitgewachs­en. Unfälle ließen sich vermeiden, wenn die Radinfrast­ruktur verbessert würde, insbesonde­re an Kreuzungen und Ein- und Ausfahrten. Diese Unfallschw­erpunkte würden sich bei Pedelecs und klassische­n Fahrrädern nicht groß unterschei­den. „Pedelecs werden über längere Wegstrecke­n und auch häufiger genutzt als normale Fahrräder. Dadurch steigt die Wahrschein­lichkeit eines Unfalls“, sagt ADFC-Bundeschef­in Caroline Lodemann.

Der Anteil der jüngeren Menschen, die mit den Rädern verunglück­en, steigt. 2023 war fast jeder dritte mit dem Pedelec Verunglück­te jünger als 45 Jahre, 2014 war es jeder neunte. Zeidler sieht die Ursache dafür in der stärkeren Verbreitun­g von Pedelecs unter Jüngeren. Eine Untersuchu­ng der UDV, die auch die Anzahl der gefahrenen Kilometer berücksich­tigt, ermöglicht außerdem einen Vergleich zum klassische­n Rad. 18- bis 34-jährige Pedelec-Fahrerinne­n und -Fahrer haben demnach ein deutlich höheres Risiko, an einem Unfall beteiligt zu sein als Gleichaltr­ige auf Rädern

ohne elektrisch­e Unterstütz­ung. „Junge Erwachsene können die Maximallei­stung des Pedelec ausnutzen, um möglichst schnell zu fahren“, erläutert Zeidler. „Zudem könnten sie ihre Fähigkeite­n überschätz­en.“

Auch bei Personen ab 80 Jahren ist das Unfallrisi­ko mit Pedelec höher als mit klassische­m Rad. Wer mit einem Pedelec fährt, ist nach Angaben des Rechtsrefe­renten des ADFC, Roland Huhn, zudem durchschni­ttlich immer noch älter als Radfahrer insgesamt. Das erkläre, warum Pedelec-Unfälle mit Verletzten häufiger tödlich endeten.

In das Unfallgesc­hehen spielen laut Zeidler immer mehrere Faktoren rein: Der Mensch – etwa wie geübt er ist und wie sicher er fährt –, die Verkehrsin­frastruktu­r und das Fahrzeug. „Das Pedelec bringt eine höhere Geschwindi­gkeit und eine höhere Beschleuni­gung sowie ein größeres Gewicht mit“, sagt sie. „Das Risiko wird leicht unterschät­zt.“Mit einem schweren Bike sei zum Beispiel plötzliche­s Ausweichen schwierige­r und die Gefahr, ins Strudeln zu kommen oder zu stürzen, höher.

Tatsächlic­h kommt es auf dem Pedelec häufiger als beim Rad zu Alleinunfä­llen, bei denen die Fahrer die Kontrolle verlieren und stürzen. Durch Untersuchu­ngen wüssten sie zudem, dass Pedelec-Fahrende schneller unterwegs seien.

Wer überlegt, sich ein Pedelec zu kaufen, dem rät die UDV-Leiterin, sich im Handel

beraten zu lassen. Denn es gebe ganz unterschie­dliche Pedelecs. Zudem unbedingt Helm tragen und sich mit dem Gerät vertraut machen. Eine Möglichkei­t dazu sind Fahrsicher­heitstrain­ings. „Aber das Wichtigste ist und bleibt gute Radinfrast­ruktur“, betont die Bundesgesc­häftsführe­rin des ADFC. (dpa)

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Foto: Friso Gentsch/dpa Pedelec-Training: Das Ausweichen ist hier deutlich schwierige­r als mit einem normalen Fahrrad.

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