Leser fragen zu Cannabis – Mediziner antworten
Die Legalisierung führt zu Unsicherheit und Sorgen, vor allem von Eltern, zeigt eine Telefonaktion der SZ mit der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung. Mein Sohn ist der Auffassung, dass eine Diskussion mit mir über Cannabis zwecklos sei, da ich noch nie gekifft hätte. Wie reagiert man da?
Man könnte zum Beispiel entgegnen, dass man nicht eigene Erfahrungen braucht, um sich gut auszukennen, dass es aber ausreichend wissenschaftlich belegte Fakten zu den gesundheitlichen Risiken des Cannabiskonsums im Jugendalter gibt. Eigene Erfahrungen lassen sich ohnehin nicht verallgemeinern, schon gar nicht, was den Konsum von Cannabis betrifft. Denn die Droge kann bei jedem anders wirken.
Wir haben schon oft unseren Sohn (16) überzeugen wollen, das Kiffen zu lassen. Sollten wir besser schweigen?
Nein, suchen Sie mit ihm immer wieder das Gespräch. Veränderungen brauchen Zeit und Geduld. Bleiben Sie ruhig und positiv. Halten Sie keine Moralpredigten und urteilen Sie nicht pauschal. Das würde nur den Widerstand Ihres Sohnes wecken. Versuchen Sie stattdessen, ihn zum Nachdenken anzuregen. Unter www.cannabispraevention.de finden Sie weitere Gesprächshinweise.
Meine 14-jährige Tochter kifft hin und wieder und meine Mutter meint, ich müsse da härter durchgreifen, also zum Beispiel Stubenarrest androhen. Würde das helfen?
Konsequenzen sind wichtig. Drohungen sind es nicht. Sie belasten die Beziehung zwischen Ihnen und Ihrer Tochter. Aber Sie können Ihr Zuhause zu einer cannabisfreien Zone erklären. Sie können auch das Taschengeld kürzen, wenn Ihre Tochter damit Cannabisprodukte kauft oder die Ausgehzeit begrenzen, wenn sie in dieser Zeit kifft. Das Wichtigste ist aber, dass Sie mit ihr im Gespräch bleiben.
Unsere Tochter (15) kifft und schwänzt die Schule. Noch dazu leugnet sie alles. Das macht mich wütend. Ich fürchte, dass ich ihr gegenüber völlig ausraste. Selbst wenn es schwerfällt: Versuchen Sie,
ruhig zu bleiben. Aber Ihre Tochter soll wissen, wie Sie sich fühlen. Beschreiben Sie Ihre Wut, Ihre Enttäuschung, Ihre Sorgen. Wenn Sie das Gefühl haben, sich nicht mehr kontrollieren zu können, verlassen Sie den Raum. Sprechen Sie das Thema zu einem späteren Zeitpunkt wieder an. Falls Sie nicht weiterkommen, holen Sie sich Hilfe von Profis. Entsprechende Beratungsstellen finden Sie im Internet unter: www.dhs.de/service
Gibt es Anzeichen, an denen man erkennen kann, ob jemand gekifft hat?
Ja, das sind zum Beispiel ein spezieller, süßlicher Rauchgeruch, Schläfrigkeit, langsame Reaktionen, auffallende Gesprächigkeit oder Schweigsamkeit, übertriebene Albernheit, gerötete oder geschwollene Augen sowie verringerte Konzentration.
Können Jugendliche schizophren werden, wenn sie kiffen?
Kiffen in jungen Jahren steht mit Gehirnveränderungen im Zusammenhang, die das Risiko für Schizophrenie erhöhen können. Häufiges Kiffen ist für Jugendliche gefährlicher als für Erwachsene. Denn das jugendliche Gehirn ist noch nicht voll entwickelt. Der Cannabis-Wirkstoff THC kann den Reifeprozess beeinträchtigen. Es ist möglich, dass sich dadurch die geistige Leistungsfähigkeit verringert und die Persönlichkeitsentwicklung gestört wird.
Ich denke, man kann von Cannabis abhängig werden. Mein Freund bezweifelt das. Was sind die Fakten?
Beim Konsum von Cannabis kann eine gravierende psychische Abhängigkeit entstehen, zum Beispiel, wenn man immer häufiger versucht, unangenehme Gefühle und Gedanken mit einem Joint auszublenden. Je länger man Cannabis benutzt, umso weniger kann man sich vorstellen, dass man ohne Kiffen überhaupt gut leben kann.
Ist bekannt, wie die Cannabispflanze das Rauschgefühl beim Menschen erzeugen kann?
Der Körper kann Cannabinoide auch selbst produzieren. Sie werden aber nur ausgeschüttet, wenn sie gebraucht werden, zum Beispiel, um ein inneres Gleichgewicht zu halten, den Schlaf zu fördern oder den Blutdruck zu stabilisieren. Beim Kiffen hingegen wird der Körper ganz ohne Grund mit pflanzlichen Cannabinoiden, zum Beispiel Tetrahydrocannabinol, kurz THC, geflutet. Die docken an den gleichen Rezeptoren wie die körpereigenen Cannabinoide an und bringen das gesamte System durcheinander. Man spürt es am Rausch.
Ich wollte weg von den Joints, es ging aber nicht. Beratungsstellen sind nicht mein Ding. Gibt es Alternativen?
Ja, unter www.drugcom.de stehen Adressen von Onlineberatungen. Dort finden Sie auch das kostenlose und anonyme Ausstiegsprogramm Quit the Shit. In wissenschaftlichen Studien hat es seine Wirksamkeit bestätigt.
Warum bleibt kiffen nicht einfach verboten?
Trotz des Verbots haben Erwerb und Besitz von Cannabis in den vergangenen Jahren zugenommen. Mit dem neuen Gesetz sollen die Qualität von Cannabis kontrolliert und die Weitergabe verunreinigter Substanzen verhindert werden. Denn Cannabis vom Schwarzmarkt ist häufig mit einem erhöhten Gesundheitsrisiko verbunden. Der THC-Gehalt ist unbekannt, giftige Beimengungen und Verunreinigungen sind möglich. Darüber hinaus soll die Legalisierung des Eigenanbaus von Cannabis die organisierte Drogenkriminalität eindämmen.