Sächsische Zeitung (Dresdner Meißner Land)
Meißen wird Station der „Liberation Route Germany“
Die Stadt Meißen will Teil einer Gedenkroute werden, die an das Ende des Zweiten Weltkriegs erinnert. Ein geeignetes Datum für den Beitritt steht im Raum.
Der Meißner Stadtrat hat grünes Licht zum Beitritt des „Liberation Route Germany e. V.“(Befreiungs-Route Deutschlands) gegeben. Wie Stadtmarketing-Chef Christian Friedel erklärte, handelt es sich dabei um eine länderübergreifende Route, für die sich Städte, Gedenkstätten, Museen und Institutionen zusammengetan haben. „Ziel ist es, an die Befreiung Deutschlands und Europas von der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft durch die Alliierten zu erinnern“, sagte Friedel. Die „Liberation Route Germany“sei Teil von der „Liberation Route Europe“.
Die Gedenkroute ist in vier Regionen unterteilt. Dazu gehören die Region Niederrhein/Eifel, Peenemünde und Swinemünde, Berlin und Umland, sowie der Abschnitt zwischen Torgau und Dresden. Zuständig für das Thema, so der Plan, soll die zukünftige Leitung des Meißner Museums sein. „Wir haben in Meißen durchaus Orte und Themen, die in diesem Zusammenhang kommuniziert werden können“, so Friedel weiter. Als Beispiele nannte er die Brückensprengung 1945, Kriegsgräber auf dem Johannesfriedhof und die friedliche Übergabe der Stadt. Als geeignetes Datum für die Mitgliedschaft schlug er das kommende Jahr vor. Am 8. Mai 2025 jährt sich das Kriegsende zum 80. Mal.
„Der Krieg hat viele Gesichter und es ist wichtig, dass sich sowas nicht wiederholt“, sagte Oliver Eggert. Aus seiner Sicht ist der Verein aber nicht geeignet. Die Liberation Route, so erklärte der AfD-Mann, folge dem Weg der Alliierten durch Westeuropa in den Jahren 1944/1945 und lasse Osteuropa, und somit den Weg der Roten Armee, zum größten Teil außer Acht. „Die Stadt Meißen lag nicht auf ihrem Weg“, so Eggert weiter. Er regte an, einen besser geeigneten Verein zu finden, der objektiv alle Seiten der Geschichte des Krieges und des Holocaust, und eine größere Nähe zur Stadt Meißen, vertritt. Er regte ferner an, einen Zeitzeugen einzuladen, der über die Kapitulation der Stadt Meißen und Übergabe an die Rote Armee berichten kann.
Konzept zu westlich?
Andreas Stempel (Großfraktion) befand, dass es Sinn macht, solche Netzwerke zu bilden. Auch sein erster Eindruck zur Liberation Route ging offenbar in dieselbe Richtung. „Hier wird zu sehr aus westlicher, amerikanischer Sicht gedacht“, sagte er. Auf der anderen Seite könne man durch die Einbeziehung Meißens auch die andere Seite darstellen. Ihm fehle die Aufarbeitung der Kämpfe um Zscheila Ende April 1945.
Meißen sei, so sagte Stempel, bereits durch das Hochstift in einige ähnliche Netzwerke eingebunden. Als Beispiel nannte er die Oranier-Route (2.400 Kilometer lang). „Im Meißner Dom wurde die Stammmutter der Niederländer, Anna von Sachsen, bestattet“, sagte er. Meißen sei zudem Station auf der Route die „Wege zu Cranach“. „Die Erfahrungen, die wir gemacht haben in diesem Gedenken, sind positiv. Man muss nur seinen eigenen Beitrag einbringen“, so Stempel. Im Verbund „Straße der Deutschen Sprache“ist Meißen ebenfalls (Meißner Kanzleisprache).
Route wird stetig weiterentwickelt
„Anspruch des Projektes ist, den Schrecken des Krieges nachfolgenden Generationen in Erinnerung zu bringen. Die größten Schrecken und größten Leiden gab es in Osteuropa, und werden einfach ausgeblendet. Der Bombenterror in den deutschen Städten findet dort nicht statt. Für mich eine einseitige Interpretation der Geschichte“, befand Roland Vogel von der AfD. Friedel erklärte, dass die Liberation Route stetig weiterentwickelt werde.
Martin Bahrmann (Großfraktion) wies darauf hin, dass der Verein sich durch Meißens Mitgliedschaft nach Osten erweitert. „Damit können genau diese diskutierten Aspekte in die Liberation Route aufgenommen werden“, sagte er. Deshalb könne man ruhigen Gewissens Mitglied in dem Verein werden. Kostenpunkt: 500 Euro pro Jahr.