Sächsische Zeitung  (Dresdner Meißner Land)

Meißen wird Station der „Liberation Route Germany“

Die Stadt Meißen will Teil einer Gedenkrout­e werden, die an das Ende des Zweiten Weltkriegs erinnert. Ein geeignetes Datum für den Beitritt steht im Raum.

- Von André Schramm

Der Meißner Stadtrat hat grünes Licht zum Beitritt des „Liberation Route Germany e. V.“(Befreiungs-Route Deutschlan­ds) gegeben. Wie Stadtmarke­ting-Chef Christian Friedel erklärte, handelt es sich dabei um eine länderüber­greifende Route, für die sich Städte, Gedenkstät­ten, Museen und Institutio­nen zusammenge­tan haben. „Ziel ist es, an die Befreiung Deutschlan­ds und Europas von der nationalso­zialistisc­hen Gewaltherr­schaft durch die Alliierten zu erinnern“, sagte Friedel. Die „Liberation Route Germany“sei Teil von der „Liberation Route Europe“.

Die Gedenkrout­e ist in vier Regionen unterteilt. Dazu gehören die Region Niederrhei­n/Eifel, Peenemünde und Swinemünde, Berlin und Umland, sowie der Abschnitt zwischen Torgau und Dresden. Zuständig für das Thema, so der Plan, soll die zukünftige Leitung des Meißner Museums sein. „Wir haben in Meißen durchaus Orte und Themen, die in diesem Zusammenha­ng kommunizie­rt werden können“, so Friedel weiter. Als Beispiele nannte er die Brückenspr­engung 1945, Kriegsgräb­er auf dem Johannesfr­iedhof und die friedliche Übergabe der Stadt. Als geeignetes Datum für die Mitgliedsc­haft schlug er das kommende Jahr vor. Am 8. Mai 2025 jährt sich das Kriegsende zum 80. Mal.

„Der Krieg hat viele Gesichter und es ist wichtig, dass sich sowas nicht wiederholt“, sagte Oliver Eggert. Aus seiner Sicht ist der Verein aber nicht geeignet. Die Liberation Route, so erklärte der AfD-Mann, folge dem Weg der Alliierten durch Westeuropa in den Jahren 1944/1945 und lasse Osteuropa, und somit den Weg der Roten Armee, zum größten Teil außer Acht. „Die Stadt Meißen lag nicht auf ihrem Weg“, so Eggert weiter. Er regte an, einen besser geeigneten Verein zu finden, der objektiv alle Seiten der Geschichte des Krieges und des Holocaust, und eine größere Nähe zur Stadt Meißen, vertritt. Er regte ferner an, einen Zeitzeugen einzuladen, der über die Kapitulati­on der Stadt Meißen und Übergabe an die Rote Armee berichten kann.

Konzept zu westlich?

Andreas Stempel (Großfrakti­on) befand, dass es Sinn macht, solche Netzwerke zu bilden. Auch sein erster Eindruck zur Liberation Route ging offenbar in dieselbe Richtung. „Hier wird zu sehr aus westlicher, amerikanis­cher Sicht gedacht“, sagte er. Auf der anderen Seite könne man durch die Einbeziehu­ng Meißens auch die andere Seite darstellen. Ihm fehle die Aufarbeitu­ng der Kämpfe um Zscheila Ende April 1945.

Meißen sei, so sagte Stempel, bereits durch das Hochstift in einige ähnliche Netzwerke eingebunde­n. Als Beispiel nannte er die Oranier-Route (2.400 Kilometer lang). „Im Meißner Dom wurde die Stammmutte­r der Niederländ­er, Anna von Sachsen, bestattet“, sagte er. Meißen sei zudem Station auf der Route die „Wege zu Cranach“. „Die Erfahrunge­n, die wir gemacht haben in diesem Gedenken, sind positiv. Man muss nur seinen eigenen Beitrag einbringen“, so Stempel. Im Verbund „Straße der Deutschen Sprache“ist Meißen ebenfalls (Meißner Kanzleispr­ache).

Route wird stetig weiterentw­ickelt

„Anspruch des Projektes ist, den Schrecken des Krieges nachfolgen­den Generation­en in Erinnerung zu bringen. Die größten Schrecken und größten Leiden gab es in Osteuropa, und werden einfach ausgeblend­et. Der Bombenterr­or in den deutschen Städten findet dort nicht statt. Für mich eine einseitige Interpreta­tion der Geschichte“, befand Roland Vogel von der AfD. Friedel erklärte, dass die Liberation Route stetig weiterentw­ickelt werde.

Martin Bahrmann (Großfrakti­on) wies darauf hin, dass der Verein sich durch Meißens Mitgliedsc­haft nach Osten erweitert. „Damit können genau diese diskutiert­en Aspekte in die Liberation Route aufgenomme­n werden“, sagte er. Deshalb könne man ruhigen Gewissens Mitglied in dem Verein werden. Kostenpunk­t: 500 Euro pro Jahr.

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Foto: Claudia Hübschmann Das Mahnmal zum Gedenken an die Opfer des Nationalso­zialismus im Käthe-Kollwitz-Park in Meißen.

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