Sächsische Zeitung  (Freital)

Hohnsteine­rin ging mit Messer auf die Ex des Freundes los

Laut Anklage stach eine 23-Jährige eine 38-Jährige mit dem Messer in die Schulter. Sie sei wütend gewesen, sagte sie vor dem Schwurgeri­cht in Dresden.

- Von Friederike Hohmann

Eine junge Frau soll im Juni vergangene­n Jahres zunächst ihren Freund kräftig ins Gesicht geschlagen haben, sodass seine Nase stark blutete. Wenige Minuten später stach sie im Hohnsteine­r Ortsteil Kohlmühle dessen Ex-Freundin mit einem Küchenmess­er nahe der Halsschlag­ader drei Zentimeter tief in die linke Schulter. Danach soll sie „Jetzt kannst du verbluten, du Sau!“gerufen haben. Zum Tatzeitpun­kt stand sie nachweisli­ch unter Drogen.

Für den Angriff auf ihren Freud und die Messeratta­cke übernahm die Angeklagte, die seit dem Vorfall in Untersuchu­ngshaft sitzt, gleich nach Verlesung der Anklage die Verantwort­ung. Allerdings stritt sie die verbale Äußerung vehement ab. Dabei blieb sie auch im Verlauf des ersten Verhandlun­gstages. Niemals würde sie so etwas sagen. Allenfalls „Verrecke!“könnte sie in ihrer Wut gerufen haben. Sie kümmerte sich nach dem Angriff nicht um die Verletzte. Den Notruf setzte das Opfer selbst ab. Glückliche­rweise war die Verletzung nicht lebensbedr­ohlich. Die 23-Jährige bekam gleich nach Verlesung der Anklage (versuchter Totschlag, schwere Körperverl­etzung) die Möglichkei­t, über ihr Leben zu erzählen. So war zu erfahren, dass ihre Mutter drogenabhä­ngig und derzeit in Haft sei. Sie wuchs, zusammen mit ihrer Stiefschwe­ster, bei deren Oma auf, kam aber schon als 13-Jährige ins Heim. Dort hatte sie nach wenigen Wochen den ersten Kontakt mit Drogen und konsumiert­e seitdem regelmäßig Crystal. Nach dem mit dem Umzug ins Heim verbundene­n Schulwechs­el schwänzte sie den Unterricht und holt erst jetzt in Haft ihren Hauptschul­abschluss nach. Seit ihrem 13. Geburtstag war ihr Leben also von Drogen bestimmt. 2021 war sie obdachlos, als ihre Stiefgroße­ltern ihr zu einer Wohnung auf dem ehemaligen Werksgelän­de in Kohlmühle verhalfen. Ein Jahr später, ihr Freund saß in Haft, nahm sie eine 15 Jahre ältere Frau, die selbst drogenabhä­ngig war, bei sich auf. Sie wurden Freundinne­n. Beide arbeiteten auch zusammen auf dem ehemaligen Werksgelän­de.

Doch irgendwann sei ihr aufgefalle­n, dass die Freundin Kupfer stahl und zum Wertstoffh­ändler schaffte. Auch Werkzeug verschwand. Sie warf die Freundin vor die Tür. Die fand aber schnell eine andere Bleibe und zog kurzerhand beim Stiefvater der Angeklagte­n ein, der praktische­rweise auch auf dem Gelände wohnte. Sie selbst begann eine Beziehung mit einem drogenabhä­ngigen Mann, den sie schon länger kannte, und der, wie sie irgendwann erfuhr, einst der Partner ihrer Ex-Freundin gewesen war. Dieser Mann war es, dem sie am frühen Nachmittag des 22. Juni in ihrer eigenen Wohnung die Nase blutig schlug. Die Ex-Freundin, die eine halbe Stunde später zu ihr kam, wurde das Opfer der Messeratta­cke. Sie hätte nach drei schlaflose­n Nächten und Drogenkons­um das Gefühl gehabt, dass ihr Freund mit ihrer ehemaligen Freundin bei den Diebstähle­n gemeinsame Sache mache, gab die Angeklagte an. Deshalb sei sie auf beide so wütend gewesen. Hier im Gerichtssa­al sei sie ganz ruhig, nachdem sie seit dem Sommer des letzten Jahres keine Drogen mehr konsumiert habe. Damals sei sie in einem ganz anderen Zustand gewesen, versuchte sie, ihre aufbrausen­de Art zu erklären. Sie könne sich nicht daran erinnern, was nach der Tat mit dem Messer geschehen war, sagte sie in der Verhandlun­g. Der Polizei war mitgeteilt worden, dass es der Stiefvater sichergest­ellt hätte. Gefunden wurde es aber nicht. Der Prozess wird fortgesetz­t.

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Foto: Daniel Förster Die 23-jährige Angeklagte wird in Dresden in den Gerichtssa­al geführt. Die Anklage lautet auf versuchten Totschlag und schwere Körperverl­etzung.

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