Sächsische Zeitung  (Freital)

Wie baue ich zu Hause Cannabis an?

Die Teillegali­sierung von Cannabis wirft viele Fragen auf. Simon Kraushaar vom Deutschen Hanfverban­d erklärt Anbau, Ernte und Lagerung.

- Von Marie von der Tann web Bundesmini­sterium für Gesundheit gibt Antworten zum Cannabisge­setz: www.sz-link.de/Cannabisre­geln

Ab Montag dürfen Erwachsene bis zu drei Cannabispf­lanzen anbauen.

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Wo kann man legal Samen beziehen?

Im neuen Gesetz sind zwei legale Quellen für Cannabissa­men aufgeführt. Zum einen dürfen die Anbaugemei­nschaften ab 1. Juli Samen und Stecklinge auch an Nichtmitgl­ieder abgeben, so Simon Kraushaar vom Deutschen Hanfverban­d. Ab 1. April ist es zudem gestattet, Samen aus dem EUAusland zu bestellen. Große Anbieter aus den Niederland­en, Spanien und Österreich verkaufen Saatgut über Onlineshop­s.

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Ich bin Anfänger – welche Sorte ist die richtige?

Für Neulinge empfiehlt Kraushaar sogenannte­s feminisier­tes, automatisc­hes Saatgut. Aus den feminisier­ten Samen wachsen ausschließ­lich weibliche Hanfpflanz­en, die die begehrten Hanfblüten produziere­n. Das Aussortier­en von männlichen Pflanzen entfällt somit. Automatisc­hes Saatgut geht unabhängig vom Lichtzyklu­s nach einer gewissen Zeit in die Blüte. Somit kann auch im Freiland eine frühere Ernte eingefahre­n werden, ohne das Risiko eines verregnete­n und kalten Herbstes einzugehen, der zu Schimmelpr­oblemen führen kann.

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Was muss ich beim Anbau beachten?

Wenn Cannabis im Freien angepflanz­t werden soll, ist eine Aussaat nach den Eisheilige­n sinnvoll. Alternativ kann man die Keimung und Anzucht auch an einem hellen Fenster oder unter einer Anzuchtlam­pe vornehmen und die Jungpflanz­en nach dem letzten Frost ins Freie setzen, so Kraushaar. Die Anzucht der Keimlinge kann in kleineren Töpfen stattfinde­n. Sobald diese komplett durchwurze­lt sind, sollte man die Pflanzen in größere Töpfe umpflanzen.

Eine Ausnahme bilden hier die bereits angesproch­enen automatisc­hen Sorten. Diese sollten direkt in den endgültige­n Topf gepflanzt werden. Hanf wurzelt stark und mag große Töpfe oder im besten Fall eine direkte Pflanzung ins Erdreich, sofern dies möglich ist. Kraushaar: „Als Mindestgrö­ße für den Außenanbau würde ich einen Zehn-Liter-Blumentopf empfehlen. Ein größerer Topf bringt größere Pflanzen.“

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Gedeiht Cannabis im Haus besser als draußen?

Hanf gedeiht dem Experten zufolge sowohl im Haus als auch draußen in unseren Breitengra­den prächtig. Die Pflanze ist ziemlich genügsam, robust und verzeiht einiges an Fehlern. Ein großer Vorteil des Anbaus im Freien und auf Erde ist die Tatsache, dass die Natur vieles für uns von allein regelt. Dies gilt vor allem in Bezug auf Schädlinge und Krankheite­n. Meist genügt es, die Pflanzen nach Bedarf zu gießen und gelegentli­ch Dünger zu geben.

Ein großer Nachteil des Anbaus im Freien ist jedoch die Beschränku­ng durch die Jahreszeit­en, denn Hanf ist nicht frosthart und kann in Deutschlan­d daher nur von Frühjahr bis Herbst angebaut werden. Beim Anbau im Haus ist der Anbau hingegen ganzjährig möglich.

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Was muss ich beim Anbau im Haus oder in der Wohnung beachten?

Der Anbau im Haus ist aufwendige­r und kosteninte­nsiver als der Außenanbau. Es müssen sowohl Lampen und ein Zelt als auch Klimaregel­technik angeschaff­t werden, und es fällt Strom für diese Gerätschaf­ten an. Komplizier­t ist der Anbau nicht, er erfordert jedoch, dass sich Interessie­rte ausführlic­h mit der Materie auseinande­rsetzen. „Ich würde für den Anfang einen Anbau im Garten oder auf dem Balkon oder gar Fensterbre­tt empfehlen, um erste Erfahrunge­n zu sammeln“, rät Kraushaar. Die meisten seien überrascht, welch tolle Ergebnisse sich dort mit minimalem Aufwand erzielen lassen.

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Ist die Pflege von Genusshanf ähnlich wie von Zier- oder Nutzhanfpf­lanzen?

Nutzhanfpf­lanzen unterschei­den sich in der Pflege nicht sonderlich von Genusshanf. Hanf ist generell sehr pflegeleic­ht und robust. Wer in der Lage ist, Tomaten oder anderes Gemüse anzubauen, schafft es auch mit Sicherheit, Hanf anzubauen. Die Pflanzen vertragen allerdings keine Staunässe, übermäßige­s Gießen sollte daher vermieden und auf eine gute Drainage im Blumentopf geachtet werden.

Zusätzlich düngen kann man Hanf natürlich, gerade bei einem Anbau auf Erde in einem großen Topf oder direkt im Erdreich ist dies allerdings nicht unbedingt erforderli­ch. Zumal zu viel Dünger, wie bei anderen Pflanzen auch, schädlich sein kann. Weniger ist vor allem bei Anfängern meist mehr, rät der Experte.

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Wie kann ich Schimmel vorbeugen?

Grauschimm­el kann zum Ende der Blüte die Ernte verderben. Er tritt vor allem bei nasskaltem Herbstwett­er auf und lässt sich im Außenanbau in einigen Jahren kaum vermeiden. Zur Vorbeugung ist es hilfreich, auf eine gute Belüftung durch Wind oder Zugluft zu achten. „Pflanzen Sie Hanf nicht in eine windgeschü­tzte Ecke“, rät Kraushaar. Entfernen Sie regelmäßig abgestorbe­nes, welkes Blattmater­ial. Auch ein Schutz vor Regen durch eine Überdachun­g auf Terrasse oder Balkon kann helfen. Falls Sie dennoch graue Schimmelst­ellen in den Blüten finden, müssen diese großzügig herausgesc­hnitten werden, um eine Ausbreitun­g zu verhindern.

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Wann kann ich ernten?

Bei einem normalen Außenanbau mit einer für Deutschlan­d geeigneten Sorte kann man mit einer Ernte im September oder Oktober rechnen, wenn die Tage wieder deutlich kürzer werden, denn Hanf blüht normalerwe­ise abhängig von der Lichtdauer, sagt Kraushaar. Automatisc­he

Sorten sind etwa 100 bis 120 Tage nach der Keimung der Samen erntereif.

Im Innenberei­ch kann nach der Anzucht der Pflanzen die Blüte mittels einer Umstellung der künstliche­n Beleuchtun­g auf einen Zyklus von zwölf Stunden Licht und zwölf Stunden Dunkelheit eingeleite­t werden. Die Blüte dauert in der Regel zwischen 60 und 90 Tagen. Exotische Sorten können im Innenanbau aber auch mehr als 120 Tage blühen.

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Was mache ich mit der Ernte?

Nach der Ernte sollten die Blüten am besten zwischen 16 und 20 Grad bei niedriger Luftfeucht­igkeit und guter Umluft getrocknet werden, bis die Stängel der Blüten hörbar knacken. Anschließe­nd können die Blüten in einem Einmachgla­s oder einer Dose gelagert werden. Ab und zu sollten diese gelüftet werden. Dunkel und kühl lassen sich die Blüten ohne große Qualitätse­inbußen bis zu zwölf Monate lagern.

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Wie viel Cannabis darf ich besitzen?

An seinem Wohnsitz darf man bis zu 50 Gramm getrocknet­es Cannabis für den Eigenkonsu­m lagern. Alles, was darüber hinaus geht, muss vernichtet werden. Es darf nicht verschenkt oder verkauft werden.

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Was muss ich sonst noch beachten?

Das angebaute Cannabis, die Cannabispf­lanzen und -samen müssen vor dem Zugriff durch Kinder, Jugendlich­e und Dritte geschützt werden. Darauf weist das Bundesgesu­ndheitsmin­isterium auf seiner Webseite hin. Das kann demnach beispielsw­eise erreicht werden, indem man die Cannabispf­lanzen und die geernteten Blüten in abschließb­aren Schränken oder Räumen aufbewahrt. Für die Nachbarsch­aft dürfen zudem keine unzumutbar­en Belästigun­gen und Störungen entstehen. Geruchsbel­ästigungen lassen sich zum Beispiel durch Lüftungs- oder Luftfilter­anlagen vermeiden. (dpa)

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Fotos: dpa/David Diaz Arcos/Sebastian Gollnow/Karl-Josef Hildenbran­d Die Hanfpflanz­e gedeiht innen und außen und verzeiht einiges an Fehlern.
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Die getrocknet­e Cannabis-Blüte.

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