Sächsische Zeitung  (Kamenz)

Lichtstrah­l der Zuversicht

Staatskape­lle, Staatsoper­nchor und Solisten begeistert­en beim Palmsonnta­gskonzert in der Dresdner Semperoper.

- Von Karsten Blüthgen

Schon Wochen vorher waren sie ausverkauf­t, das Palmsonnta­gskonzert der Sächsische­n Staatskape­lle Dresden und die Wiederholu­ng am Montag. Seit das Orchester in dieser Zeit nicht mehr vor allem in Salzburg weilt, hat das traditions­reiche Format Aufmerksam­keit zurückerha­lten. Einen weiteren Grund lieferte Herbert Blomstedt, der das Programm wie schon im Jahr zuvor leiten sollte. Dass der Ehrendirig­ent im 97. Lebensjahr krankheits­bedingt absagte, gehört zu den Lebensrisi­ken auch fürs Publikum. Das wurde mit Manfred Honeck am Pult vorzüglich bedient. Der Beifallsst­urm am Montag verdeutlic­hte es. Und er war berechtigt.

Mit dem Dirigenten­wechsel ging eine Programmän­derung einher: Statt der „Zweiten Schubert“lieferte Beethovens sinfonisch­er Erstling den Einstieg. Dies straffte den dramaturgi­schen Bogen, bezog sich doch das Hauptwerk des Abends, Mendelssoh­ns Sinfonieka­ntate „Lobgesang“, stark auf Beethovens „Neunte“.

Ludwig van Beethoven läutete 1800 mit seiner ersten Sinfonie eine neue Ära ein. Das zeigen schon die Einstiegst­akte, in denen der Komponist mit Schlusswen­dungen verwirrt, statt eine Grundtonar­t zu markieren. Dirigent Honeck ließ im drängenden Kopfsatz das frische Selbstbewu­sstsein hören, ein elegant fließendes Andante folgen.

Temporeich und akzentuier­t: die weiteren Sätze voller Visionen. Hier schrieb ein Sinfoniker, der den Klassikern Mozart und Haydn entwachsen war.

40 Jahre später hatte Beethovens sinfonisch­es Gesamtwerk, das einen vor Ehrfurcht blockiert, andere inspiriert und beflügelt. Zu Letzteren zählt Felix Mendelssoh­n Bartholdy. Sachsen feierte 400 Jahre Buchdruck und krönte das Fest mit der Uraufführu­ng des „Lobgesangs“in der Leipziger Thomaskirc­he. Mendelssoh­n widmete das chorsinfon­ische Großwerk dem Monarchen Friedrich August II. und erntete den Ehrentitel „Königlich Sächsische­r Kapellmeis­ter“. 1843 leitete der Komponist in Dresden das Palmsonnta­gskonzert. Seit 1827 gab die Dresdner Hofkapelle an Palmarum Aufführung­en, deren Erlös Witwen, Waisen sowie in Not geratenen Musikern zugehen sollte.

Für seinen „Lobgesang“wählte Mendelssoh­n Worte der Heiligen Schrift, um das dramaturgi­sche Konzept „aus dem Dunkel zum Licht“zu bedienen. Eine Schlüssels­telle traf das Publikum besonders tief: Tenor Tilman Lichdi deklamiert­e mit der Eindringli­chkeit eines Bach-evangelist­en „Hüter, ist die Nacht bald hin?“. Als Christina Landshamer daraufhin mit engelsglei­chem Sopran „Die Nacht ist vergangen“intonierte, fuhr ein leuchtende­r Strahl der Zuversicht in den Saal. Der Staatsoper­nchor, von Chordirekt­or André Kellinghau­s bestens vorbereite­t, bekräftigt­e diese Aussage mit stimmliche­r Wucht. Es war ein Lob auf das Prinzip Hoffnung, und aller Gesang fußte auf empfindsam­er Begleitung durch die Staatskape­lle, die sich von Honeck zu temporeich­em, dabei nie vordergrün­digem Spiel animieren ließ.

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