Sächsische Zeitung  (Kamenz)

Das Prinzip Hoffnung

Menschen in Angst – aus den unterschie­dlichsten Gründen fürchten sich Menschen. Doch der Glaube an die Auferstehu­ng gibt neuen Mut.

- Samuel Holzhey ist Kantor und Kirchenmus­iker in Bischofswe­rda. mail suptur.bautzen_kamenz@evlks.de

Ostern, früher Morgen – drei Frauen machen sich auf den Weg, heimlich, still und leise. Sie haben Angst. Deshalb sind sie so früh unterwegs. Nachts sind bekanntlic­h alle Katzen grau. Die Frauen sind ratlos, mutlos, ohne Hoffnung.

Ostern, früher Morgen – mehrere Männer haben sich zu Hause eingeschlo­ssen. Vielleicht sind sie auch gar nicht zu Hause, sondern bei dem Freund eines Freundes. Auf jeden Fall haben auch Sie Angst. Sie fürchten sich davor, dass sie die Nächsten sind, die geschlagen, gefoltert, verschlepp­t und getötet werden. Ostern, früher Morgen – eine alte Frau sitzt allein zu Hause, sie trauert um ihren Mann. Sie weiß, dass sie heute niemand anrufen oder besuchen wird. Sie weiß, dass der Tag genauso wird, wie der letzte und der nächste Tag. Sie hat Angst vor der Einsamkeit.

Beginn vieler Geschichte­n

Ostern, früher Morgen – unendlich viele Geschichte­n könnten so anfangen. Geschichte­n, wie die von den Frauen am Grab, Geschichte­n von Menschen, die auf der Flucht sind oder im Kriegsgebi­et leben. Geschichte­n von Menschen, die nicht wissen, was sie heute essen sollen oder Menschen, die krank oder einsam sind. Für viele Menschen ist der Ostertag genau wie alle anderen Tage – besetzt mit Angst, Leid, Trauer und Hoffnungsl­osigkeit.

Und doch ist Ostern anders. Am Ostermorge­n, so lesen wir es in der Bibel, erscheint den Frauen am Grab ein Engel. Wieder einmal ein Engel. Genauso, wie schon in der Weihnachts­geschichte. Und er berichtet ihnen das Unvorstell­bare, er erzählt von einer Auslöschun­g des bisher geglaubten: Jesus Christus ist nicht mehr tot, er lebt. Und die Frauen machen sich auf den Weg zu ihren Freunden, erzählen die Botschaft weiter, stecken andere Menschen an. Ratlosigke­it wird zu einer Idee, Mutlosigke­it wird zu Mut, Hoffnungsl­osigkeit wird zu Hoffnung.

Ostern ist das Prinzip Hoffnung. An Ostern hören wir jedes Jahr neu davon, wie Gott seinen Sohn Jesus Christus und uns alle nicht im Stich gelassen hat. Gott setzt sich über alles hinweg, was Gültigkeit zu haben scheint und öffnet eine Tür, die über unser Leben, über alles Vorstellba­re hinaus geht. Es geht dem Tod.

Viele Menschen gründen ihre Zuversicht und Kraft auf diese Geschichte. Und noch mehr Menschen können angesichts von den vielen Katastroph­en in ihrem Leben dieses Wunder nicht glauben. Ihnen fehlt ein Engel. Einer, oder auch eine, die ihnen sagt, da ist noch mehr. Gott baut in seiner Schöpfung auf unzählige Engel, er zählt auf uns. An Ostern müssen wir uns bewusst machen, dass auch wir mit dem Engel am Grab stehen und sagen dürfen: „Fürchtet euch nicht“.

Es gibt noch Hoffnung auf der Welt. Viel mehr als wir glauben. Und wir müssen sie sichtbar werden lassen. Gerade an Ostern, denn Ostern ist Gottes Antwort an unsere Zweifel und Ängste, Ostern ist das Prinzip Hoffnung. weiter. Immer. Sogar nach

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