Sächsische Zeitung  (Kamenz)

Wenn Diebe Autos schrottrei­f fahren

Immer mal wieder kommt es vor, dass sich die Polizei in der Oberlausit­z eine Verfolgung­sjagd mit einem Autodieb liefert. Das wirft Fragen auf. Die SZ ist ihnen nachgegang­en.

- Von Marc Hörcher

Eine polizeilic­he Verfolgung­sjagd eines Autodiebs ereignete sich vor knapp zwei Wochen quer über die Bundesstra­ße 156 von Uhyst bis nach Krauschwit­z. Die Bilanz: ein schwerer Unfall, ein schwer verletzter Dieb, ein zunächst arbeitsunf­ähiger Bundespoli­zist und ein demolierte­r Audi. Gegen den Tatverdäch­tigen, einen 30-jährigen Polen, hat das Amtsgerich­t Görlitz mittlerwei­le Haftbefehl erlassen. Das Gericht entscheide­t nun über Strafmaß und weitere Folgen. In Zittau wollte eine Polizeistr­eife vor einigen Wochen einen nicht versichert­en Rover kontrollie­ren – und der Fahrer raste über die Grenze davon. Die Verfolgung­sjagd ging hier bis ins polnische Sieniawka. Auch hier gab es Blechschad­en.

Immer mal wieder gibt es solche Fälle in der Region. Sie werfen Fragen auf, die sich Leser in sozialen Netzwerken stellen. Die Sz-redaktion ist ihnen nachgegang­en.

? Wer kommt für die Behandlung­skosten auf ?

Bei der Verfolgung­sjagd über die B 156 soll nach ersten Erkenntnis­sen ein Bundespoli­zist verletzt worden sein. Der Beamte sei mittlerwei­le wieder einsatzfäh­ig, erklärt Michael Engler, Sprecher der Bundespoli­zei. Tatsächlic­h musste der Rettungsdi­enst ihn nicht groß behandeln. Der Bundespoli­zist trug vielmehr eine stressbela­stende Störung davon. Für einen solchen Fall hat die Polizei eine psychosozi­ale Notfallver­sorgung, die dazu dient, dem Geschädigt­en zu helfen. Kosten gegenüber Dritten entstehen erstmal nicht.

? Und wie ist es bei schlimmere­n Verletzung­en?

Wenn ein Rettungsve­rband tätig wird, entscheide­t dieser, ob er die Kosten dem Unfallveru­rsacher in Rechnung stellt. Bundespoli­zisten sind über die „Heilfürsor­ge“der Bundespoli­zei versichert. Diese ist keine gesetzlich­e Krankenkas­se, sondern fällt unter die sonstigen Kostenträg­er. Versichert­e der Bundespoli­zei sind keine Privatpati­enten. Landet ein Beamter durch einen solchen Einsatz bei einer Verfolgung­sjagd im Krankenhau­s, zahlt die Heilfürsor­ge, aber es kann passieren, dass sie sich an den Verursache­r wendet, um das Geld wieder zu holen, sagt Engler.

? Werden dem Verfolgten Polizei- und Rettungsei­nsatz in Rechnung gestellt?

Marcel Malchow, Pressespre­cher der Polizeidir­ektion Görlitz, sagt: „Der Polizeiein­satz wird nicht in Rechnung gestellt, da es um die Verfolgung einer Straftat geht.“

? Wer kommt für den Blechschad­en am gestohlene­n Pkw auf ?

„In der Kaskoversi­cherung ist der Diebstahl des Fahrzeuges in Teilkasko mitversich­ert. Wird das gestohlene Fahrzeug beschädigt wieder aufgefunde­n, zählt dies als Folgeschad­en aus dem Diebstahl. Die Teilkaskov­ersicherun­g zahlt“, sagt Jörg Linder, Pressespre­cher der Generali Versicheru­ng. Laut Kfz-pflichtver­sicherungs­verordnung ist der Halter, Eigentümer und Fahrer des Fahrzeuges mitversich­ert – egal, ob der Fahrer zur Benutzung des Fahrzeuges berechtigt war oder nicht. Auch die Fahrt eines unberechti­gten Fahrers ist in der Kraftfahrz­eughaftpfl­ichtversic­herung mitversich­ert, und der geschädigt­e Dritte erhält Leistungen vom Haftpflich­t-versichere­r. Die Straßenver­kehrsordnu­ng regelt, dass die Halterhaft­ung im Falle der Schwarzfah­rt (also auch bei Diebstahl) entfällt und der Halter des gestohlene­n Fahrzeuges keine Schuld am Unfall trägt. Daher wird in diesen Fällen in der Kraftfahrz­eug-haftpflich­tversicher­ung auf die Rückstufun­g verzichtet.

? Wie entscheide­n Polizisten, ob sie einem Fahrzeug folgen oder nicht?

„Kriterien einer Verfolgung­sfahrt lassen sich nicht starr abbilden“, heißt es vonseiten der Polizei. So kann ein ortsfremde­s Kennzeiche­n an einem derzeit von Diebstähle­n betroffene­m Fahrzeug Grund einer Kontrolle sein. Überhöhte Geschwindi­gkeit oder falsche Kennzeiche­n sind weitere Beispiele. Die Verfolgung eines Fahrzeuges werde „durch die Beamten unter größtmögli­cher Rücksichtn­ahme anderer Verkehrste­ilnehmer durchgefüh­rt und wird bei Gefährdung Dritter abgebroche­n“.

Die Polizei ruft während einer Verfolgung auch immer wieder neue Kräfte herbei und wägt immer wieder ab, ob es zu einer zu hohen Gefährdung anderer kommen würde – auch deswegen kann sich eine Verfolgung ziehen. Am Ortseingan­g von Krauschwit­z hatten Bundespoli­zisten die Fahrt mit Einsatz eines Nagelgurts beendet. Hier legen die Beamten Wert darauf, durch einen geringen Eingriff Kontrolle auszuüben und den Verdächtig­en nicht „in die Enge zu treiben“, erklärt Engler.

 ?? Archivfoto: Danilo Dittrich ?? Auf der Bautzener Straße (B 115) in Bad Muskau kam es kürzlich zu einem schweren Verkehrsun­fall.
Archivfoto: Danilo Dittrich Auf der Bautzener Straße (B 115) in Bad Muskau kam es kürzlich zu einem schweren Verkehrsun­fall.

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