Kreativer denn je
Volker Schlöndorffs „Die Blechtrommel“gehört zur deutschen Kinogeschichte. Am Sonntag wird er 85.
Volker Schlöndorffs Karriere gleicht einem Marathon. Der Regisseur der mit einem Oscar geehrten Romanverfilmung „Die Blechtrommel“ist seit sechs Jahrzehnten erfolgreich im Geschäft. Am 31. März feiert Schlöndorff seinen 85. Geburtstag: „Ich bin zurzeit aktiver denn je, aber mit einem inneren Abstand“, sagt der Filmemacher in seinem Haus in Potsdam. Das Anwesen ist mit Osterdeko geschmückt. Schlöndorff wirkt gelassen. Wie er seinen Geburtstag feiern möchte? „Glücklicherweise fällt der ja auf Ostersonntag. Also, wir werden Ostereier suchen, mit meiner Tochter und Freunden“, sagt er und lacht.
Die Zukunft des Kinos sieht Schlöndorff optimistisch. Bei den Oscars seien tolle Filme nominiert worden. Das Justizdrama „Anatomie eines Falls“habe er dreimal gesehen, „Oppenheimer“zweimal. Mit mehr solcher Produktionen werde das Kino besser überleben. „Die Qualität setzt sich durch. Man geht nur dann ins Kino, wenn es wirklich etwas Besonderes ist.“Jeder Besuch müsse ein Ereignis sein.
Schlöndorff wird 1939 in Wiesbaden geboren, kommt als Schüler nach Frankreich und bleibt. Als Regieassistent von Louis Malle, Alain Resnais und Jean-pierre Melville lernt er bei Vertretern der Nouvelle Vague. Sein größter Erfolg ist „Die Blechtrommel“von 1979. Der Film wurde mit der Goldenen Palme in Cannes und einem Auslands-oscar ausgezeichnet. Verfilmt hat Schlöndorff auch Max Frischs „Homo Faber“und Arthur Millers Drama „Tod eines Handlungsreisenden“mit Dustin Hoffman und John Malkovich. Sein nächstes Projekt ist ein Film über Antonio Vivaldi nach einem Roman von Peter Schneider. Den venezianischen Komponisten der weltbekannten„vier Jahreszeiten“will er als Musiklehrer in einem Waisenhaus für Mädchen zeigen. Der Priester gründete im 18. Jahrhundert das erste weibliche Orchester Europas. „Das ist eine sehr spannende Geschichte.“Es soll darum gehen, was Vivaldi für ein Mensch war. „Wahrscheinlich eine Art Melancholiker, der aber Momente unglaublicher Begeisterung hatte. Ein Revolutionär, der die Musik umgekrempelt hat.“Das Projekt sei noch in den Kinderschuhen: „Wenn es dieses Jahr nicht wird, dann nächstes Jahr. Oder es wird gar nicht. Auch kein Unglück, weil ich dann eine interessante Beschäftigung hatte.“
Schlöndorff sitzt am Computer in seinem Arbeitszimmer. An einem Schrank hängen Medaillen. Mit 60 Jahren entdeckte der Regisseur den Marathon für sich. Er läuft immer noch regelmäßig, aber keine Wettkämpfe mehr: „Filme und Kunst und vieles im Leben macht man ja, um anderen etwas zu beweisen. Laufen ist nur für einen selbst.“