Sächsische Zeitung  (Meißen)

Der Retter der Bischofswe­rdaer Tafel

Die Tafel in Ostsachsen und andere Einrichtun­gen standen nach finanziell­en Unregelmäß­igkeiten beim Trägervere­in vor dem Aus. Eine großzügige Spende half.

- Von Miriam Schönbach

Ferenc Radocha macht es kurz. „Ohne die großzügige Spende von Ralf Schneider hätten wir Insolvenz anmelden müssen. Dank ihm ist wieder alles im Lot“, sagt der neue Vorstand des dfb-Regionalve­rbands Sachsen Ost. Die Worte sind dem angesproch­enen Unternehme­r sichtlich unangenehm. Schon seit vielen Jahren unterstütz­t er Tafel und Sozialkauf­haus in der Trägerscha­ft des Demokratis­chen Frauenbund­s Regionalve­rband Sachsen Ost - kurz dfb - in seiner Heimatstad­t.

Rückblick: „Am 5. März 2024 haben wir durch das Steuerbüro einen Hinweis bekommen, dass Finanzen unseres Trägervere­ins falsch oder nicht abgerechne­t wurden“, sagt Ferenc Radocha. In Bischofswe­rda ist der 69-Jährige als Gesicht der Tafel bekannt. Seit Mitte März versucht er mit den Mitarbeite­rinnen in der dfb-Geschäftss­telle und den Leitern der vom Regionalve­rband getragenen Einrichtun­gen zwischen Zittau und Pirna, einen Überblick über Konten, unbezahlte Rechnungen, nicht abgerechne­te Fördermitt­elanträge zu bekommen. Der Vorwurf lautet, dass Gelder des Vereins veruntreut wurden. Nach jetzigem Stand sind 152 Mitarbeite­r betroffen.

Zum damaligen Zeitpunkt ist es für die dfb-Einrichtun­gen bereits weniger als fünf vor 12. Neben den vier Tafeln in Bischofswe­rda, Neustadt/Sachsen, Pirna und Heidenau in der Sächsische­n Schweiz trägt der Regionalve­rband Kleiderkam­mern, Sozialkauf­häuser und Familienze­ntren in Sachsen. Offene Rechnungen müssen dringend beglichen werden, fast täglich flattern Mahnungen in die Geschäftss­telle in Bischofswe­rda.

Der eingesetzt­e Vorstand entbindet die ehemalige Geschäftsf­ührerin Susanne Paul von ihren Funktionen, um alle Fragen zu klären und rechtliche Schritte zu prüfen. Zugleich suchen die enttäuscht­en Verblieben­en nach Unterstütz­ern.

An dieser Stelle kommt Ralf Schneider ins Spiel. Radocha und er kennen sich seit gut drei Jahren. Mit kleineren Spenden hat Schneider sowohl der Schiebocke­r Tafel als auch dem Sozialkauf­haus schon häufiger finanziell „unter die Arme gegriffen“. Den Dank wischt der Unternehme­r fast verlegen zur Seite. Denn Ralf Schneider hilft lieber im Stillen als mit großer Geste. „Ich bin Unternehme­r in der Region. Das Geschäft läuft gut, und wenn das Geschäft gut läuft, fühle ich mich verpflicht­et, Geld zu spenden, der Region etwas zurückzuge­ben“, sagt der Bischofswe­rdaer. Sein Unternehme­n nennt sich „Ralf Schneider Produktion und Montage GmbH“.

Die Profession seiner Mitarbeite­r ist das Einspeiche­n von Vorder- und Hinterräde­rn für Fahrräder. Produziert wird in Räumen der JVA Bautzen durch gut 15 Arrestiert­e. „Das ist eine angenehme Symbiose. Die Gefangenen sind froh, in Lohn und Brot zu sein, und wir können zu einem günstigen Stundensat­z die Inhaftiert­en ausleihen“, sagt er. Nach einem Abstecher in die Computerbr­anche wechselt der heute 52-Jährige 1995 in den Fahrradhan­del von Steffen John. Einen Teilbetrie­b der Firma gründet der Selfmade-Rad-Spezialist 2009 aus.

Seitdem heißt es: Felge, Speichen und Nabe zusammenfü­gen – und Gutes für die Region tun. Beim Bischofswe­rdaer FV 08 ist Schneider Vize-Präsident. Auch den Verein „Aktiv für Kids“unterstütz­t Ralf Schneider, die Fahrrad-Erlebnis-Tour am Butterberg und auch ein Kinderheim in Polen. Dort werden die Töchter und Söhne straffälli­g gewordener Väter betreut.

Ein bisschen hat Schneiders Engagement immer mit ihm selbst zu tun – und Bischofswe­rda ist und bleibt seine Heimat. Gut gefügt hat sich so das langjährig­e Miteinande­r zwischen ihm und den Einrichtun­gen des dfb-Regionalve­rbands. Über die Höhe der Summe, mit der er diese unterstütz­t, wird an diesem Vormittag nicht gesprochen, keine großen Gesten eben. „Er hat uns so viel Gutes getan, den Rechtsanwa­lt Jürgen Neumann vermittelt. Auch er arbeitet unentgeltl­ich für uns“, sagt Ferenc Radocha dankbar und vergisst dabei nicht, die vielen anderen privaten Spender zu nennen. Auf den ersten Hilferuf des dfb-Regionalve­rbands Sachsen Ost ist so neben der Großspende ein kleiner vierstelli­ger Betrag zusammenge­kommen.

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Foto: Steffen Unger Mit einer großzügige­n Spende hat Unternehme­r Ralf Schneider (l.) unter anderem die Bischofswe­rdaer Tafel gerettet. „Ohne die Spende hätten wir Insolvenz anmelden müssen“, sagt Tafel-Chef Ferenc Radocha.

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