Sächsische Zeitung  (Meißen)

Deutscher Fußball so gut wie seit 29 Jahren nicht

Es sieht gut aus für die deutschen Klubs. Geht es so weiter, könnten in der kommenden Saison fünf Bundesligi­sten in der Königsklas­se spielen – im besten Fall sogar sechs.

- Von Eric Roos

Mats Hummels hatte nach der „Alptraum-Woche“für die Premier League allerbeste Laune. „Liebe Bauern, das war eine ziemlich gute Ernte“, schrieb der Abwehrspie­ler von Borussia Dortmund am Freitag bei X, garniert mit einer Deutschlan­d-Fahne. Die Botschaft war klar: Die in England gerne als „Farmers League“verspottet­e Bundesliga hat in Europa kräftig abgesahnt – ganz im Gegensatz zum Hochglanz-Produkt von der Insel.

Einzig Aston Villa hält in den Europapoka­l-Halbfinals noch die englische Fahne hoch – und das auch nur in der drittklass­igen Conference League und dank Glück im Elfmetersc­hießen. Liverpool, Arsenal, Manchester City, Newcastle und Co.? Alle raus. „Die größte Show der Welt tritt in Europa nicht mehr auf“, schrieb die Tageszeitu­ng Independen­t über das kollektive Versagen.

Mit acht Klubs war England gestartet, einer ist geblieben – damit steht die Premier League auf einer Stufe mit Belgien und Griechenla­nd. Deutschlan­d (zum ersten Mal seit der Saison 1994/95) und Italien haben dagegen noch drei Vereine im Rennen, Frankreich immerhin zwei. „Das war eine Alptraum-Woche für die Premier League“, schrieb der Mirror. Für England mag diese Saison ein Ausreißer nach unten sein

– aber einer mit Folgen. Denn der fünfte Champions-League-Teilnehmer für die kommende Saison bleibt der reichsten Liga der Welt wohl verwehrt. Die Teilnehmer­zahl der Champions League wird zur kommenden Spielzeit von 32 auf 36 Vereine erhöht. Zwei der vier neuen Plätze werden an die Nationen mit dem besten Abschneide­n in internatio­nalen Wettbewerb­en dieser Saison vergeben.

Durch den Halbfinal-Einzug von Bayer Leverkusen in der Europa League hat Deutschlan­d einen großen Schritt auf dem Weg zum fünften Startplatz in der Champions League gemacht. Durch das 1:1 des deutschen Fußball-Meisters gegen West Ham United festigte die Bundesliga im Uefa-Ranking der laufenden Saison den zweiten Platz und konnte den Vorsprung zu England sogar noch etwas vergrößern. Hinter

Italien (19,429) weist Deutschlan­d nun 17,929 Punkte auf. England kommt auf 17,375 Punkte. Somit fehlen München und Dortmund in der Champions League sowie Leverkusen in der Europa League nur noch insgesamt zwei Siege oder vier Unentschie­den, um Platz zwei für die Bundesliga im Uefa-Ranking abzusicher­n. Bei einem Punkteglei­chstand am Saisonende würde England den Platz aufgrund der Vorjahrese­rgebnisse bekommen.

Die Punkte errechnen sich wie folgt: Pro Sieg gibt es zwei Punkte, jedes Remis bringt einen Punkt, jedes Weiterkomm­en einen weiteren. Alle erspielten Ranglisten­punkte werden durch die Zahl der im Europapoka­l gestartete­n Clubs eines Landes dividiert. Sieben deutsche Clubs waren in dieser Saison internatio­nal startberec­htigt, jeder erspielte Ranglisten­punkt entspricht also 0,143 Punkten. Bei der mit acht Teams gestartete­n Premier League sind es 0,125 Punkte.

„Der Rest von Europa feiert unser Versagen“, schrieb der Independen­t, wohl wissend um den Ruf der „Monopoly-Liga“im Rest des Kontinents: „Dort ist von einer Hybris der Premier League die Rede. Dabei sind Superklubs wie Real Madrid, Bayern München und Paris St. Germain auch nicht gerade die Retter des Fußballs.“Aber zumindest in diesem Jahr deutlich erfolgreic­her. Und doch wird den Großklubs weiter alles untergeord­net. Unterhalb der Premier League tobt seit Donnerstag ein Sturm der Entrüstung, weil der Verband die traditione­llen Wiederholu­ngsspiele im FA Cup abgeschaff­t hat. Die – wenigen – Europapoka­l-Teilnehmer sollen entlastet werden, den kleineren Klubs geht dagegen neben einer zusätzlich­en Einnahmequ­elle auch die Hoffnung auf mögliche Festtage im eigenen Stadion flöten.

Geld regiert eben die Welt – auch wenn die Ernte mal ausbleibt. Die Genugtuung außerhalb von England ist jedenfalls groß. Als Bayerns Sportvorst­and Max Eberl am Mittwoch auf den abfälligen Begriff „Farmers League“angesproch­en wurde, konnte er sich ein höhnisches Grinsen nicht verkneifen. „Farmers League? Das hat man heute gesehen!“. Im besten Fall könnten in der kommenden Saison sogar sechs deutsche Vereine in der Königsklas­se vertreten sein. Das wäre der Fall, wenn die Bundesliga im Ranking am Ende vor England liegt, der BVB die Champions League gewinnt und in der Meistersch­aft maximal Fünfter wird – als Titelverte­idiger hätte Dortmund ein garantiert­es Startrecht. (sid/mit dpa)

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Fotos: dpa Mit ihren Klubs in den Halbfinals der Champions und Europa League: Niklas Füllkrug (Dortmund), Joshua Kimmich (München) und Jonathan Tah (Leverkusen/v. l.).
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