Auch Pferde sind Frühaufsteher
Der Saisonauftakt auf der Dresdner Galopprennbahn startet deutlich früher als gewöhnlich. Der Grund: ein französischer Wettanbieter. Für die Pferde ist das kein Problem, für Zuschauer offenbar auch nicht.
Der Saisonauftakt auf der Dresdner Galopprennbahn ist ein besonderer. Nicht etwa, weil die schnellen Pferde zurück sind aus dem Winterschlaf. Die sieben Rennen zum Aufgalopp 2024 am Sonntag finden so früh wie noch nie in der über 130-jährigen Geschichte des Dresdener Rennvereins statt. Bereits um 9.30 Uhr öffnet die Anlage, Punkt 10.40 Uhr sprinten die ersten Pferde aus ihren Startboxen – eine tatsächlich ungewöhnliche Startzeit.
Traditionell finden die Rennen auf der Bahn im Stadtteil Seidnitz am Nachmittag statt. Grund für den diesmal so frühen Start sind die pferdesportverrückten Nachbarn aus Frankreich. Dort stehen mehr als 250 Rennbahnen, jeden Tag im Jahr finden mindestens eins bis fünf Rennen statt, die vom Fernsehsender PMU Televison auch übertragen werden.
Hinter dem Kürzel PMU verbirgt sich der Wett-Gigant Pari Mutuel Urbain. Das staatliche Unternehmen verfügt über Tausende Verkaufsstellen, macht Milliardenumsätze und dreistellige Millionengewinne – und hat einen eigenen Fernsehsender. Weil das Programm rund um die Uhr läuft, braucht es auch schon Rennen vor dem eigentlichen Hauptprogramm. Zum Beispiel in Dresden.
Der Aufgalopp in Sachsens Landeshauptstadt ist diesmal sozusagen das Vorprogramm für die Franzosen, zumindest die ersten fünf Rennen. „Dresden läuft bei den Buchmachern zum Warmwetten“, erklärt Thomas Schmidt, Geschäftsführer des Dresdener Rennvereins. Eine Gegenleistung
gibt es aber auch: PMU übernimmt quasi als Dankeschön für die frühe Startzeit diesmal 80 Prozent der Preisgelder.
Das wiederum ist so lukrativ für die Veranstalter, dass sie Einbußen durch möglicherweise fehlende Zuschauer mehr als kompensieren können. „Auch mit Sponsoren für die einzelnen Rennen kommen wir niemals auf diese Summen“, sagt Schmidt – ohne Details zu nennen. Der Spruch vom Geld, über das man nicht redet, sondern stattdessen hat, gilt auch im Pferdesport. PMU, so viel ist sicher, hat sich auf deutschen Rennbahnen insgesamt 40 Renntage gesichert.
Für die Pferde ist die frühe Startzeit kein Problem, im Gegenteil. Pferde sind gemeinhin Frühaufsteher. „Der Start passt zum Biorhythmus“, betont Schmidt. Die Arbeit im Stall beginnt oft früh um fünf Uhr, und die Trainingseinheiten der Tiere sind normalerweise zwischen 6 und 12 Uhr angesetzt. Frühaufsteher sind aber offenbar auch die Pferdefans, denn auch der Vorverkauf für den Aufgalopp lief bestens. Mehr als tausend Tickets sind bereits verkauft.
„Es ist ein Sonntag, Dynamo spielt bereits Samstag – und die Besucher sind ausgehungert nach dem langen Winter. Zudem gibt es einen 25-prozentigen Sparkassen-Rabatt“, erklärt Schmidt den erwartet großen Zuspruch. Die Organisatoren rechnen insgesamt mit 8.000 bis 9.000 Zuschauern – und wollen damit in der Publikumsgunst wieder klar die Nummer zwei hinter Dynamo Dresden in der Stadt sein. In der vergangenen Saison lag der Zuschauerschnitt bei 8.500.
Zurück in seine Heimat kommt zudem der bekannte Jockey Alexander Pietsch. Der 53-Jährige wird in allen sieben Rennen an den Start gehen. „Ich freue mich auf das Flair. Ich mag die Atmosphäre, den alten Baustil. Außerdem kenne ich auf der Bahn jeden Grashalm“, sagt Pietsch. Der gebürtige Dresdner, der aus einer Rennsportfamilie stammt, lebt und arbeitet mittlerweile in der Nähe von Köln. Früh aufstehen ist auch für ihn: gar kein Problem.