Sächsische Zeitung  (Meißen)

Hitzige Abstimmung über die Schillerhö­fe im Coswiger Stadtrat

Vor etwa vier Jahren wurde ein Aufstellun­gsbeschlus­s für ein Bauvorhabe­n gefasst. Nach einiger Kritik der Anwohner liegt nun ein Bebauungsp­lan vor.

- Von Martin Skurt

Thomas Schubert ist sichtlich genervt. Der parteilose Oberbürger­meister der Stadt Coswig hört sich die Diskussion im Stadtrat am Mittwoch an und wirkt fassungslo­s. „Wir müssen zu Potte kommen, wenn wir an der Ansiedlung im Dresdner Norden partizipie­ren wollen“, entgegnet er auf einen Antrag eines Stadtrats. Coswig braucht Zuzug, der durch neue Arbeitsplä­tze des taiwanesis­chen Halbleiter­hersteller­s TSMC in Dresden kommen könnte. Dafür braucht es aber attraktive­n, modernen Wohnraum wie die Schillerhö­fe. „Das ganze Umland scharrt mit den Füßen. 2027 geht das Werk an den Start und man geht von etwa 27.000 Arbeitsplä­tzen aus. Wenn wir eine Chance haben, Bauland zu entwickeln, müssen wir die nutzen.“

Denn auf dem Gelände des ehemaligen Betonwerke­s an der Schillerst­raße soll ein Wohngebiet entstehen: die Schillerhö­fe. Sie liegen zwischen der Weinböhlae­r Straße im Westen und der Schillerst­raße im Osten, geteilt wird das Gebiet durch die Eigenheims­traße. Unter den von den Mehrfamili­enhäusern eingerahmt­en Höfen sollen sich Tiefgarage­n befinden, und zwar mit so vielen Plätzen, wie es Wohnungen gibt. Ökowert aus Dresden ist der Projektträ­ger. Die etwa 160 Wohneinhei­ten, sieben dreibis viergescho­ssige Häuser, werden alle zur Miete angeboten. Die Schillerhö­fe werden dabei über ein eigenes Blockkraft­werk mit Strom und Wärme versorgt, aber auch an das Fernwärmen­etz der Stadt angeschlos­sen, um Spitzenlas­ten abzufangen. Zudem besitzen die Flachdäche­r der Häuser eigene PV-Anlagen.

„Ein breites Echo in der Bevölkerun­g“Doch ausgerechn­et gegen diesen Bau erhebt sich Kritik einer Vielzahl von Einwohneri­nnen und Einwohnern. 25 Stellungna­hmen stellt Wolfgang Weimann, Fachbereic­hsleiter Bauwesen, in seiner Präsentati­on im Stadtrat vor. „Es gab ein breites Echo in der Bevölkerun­g.“Eine der Hauptbeden­ken betrifft den möglichen Wegfall von Parkmöglic­hkeiten am Straßenran­d der Schillerst­raße. Während Befürchtun­gen laut werden, dass das Bauprojekt diese Möglichkei­t einschränk­en könnte, versichert Weimann, dass teilweises Parken auf der Westseite der Straße erhalten bleibt und zusätzlich­e acht öffentlich­e Stellplätz­e in der Eigenheims­traße geschaffen werden sollen. Es gebe im ganzen 1,3 Parkplätze pro Wohnung, so Weimann. Ein weiterer Punkt der Debatte ist die potenziell­e Zunahme der Verkehrsbe­lastung auf der Schillerst­raße, aufgrund der neuen Bebauung und der Tiefgarage­nzufahrt.

In Bezug auf die Geschossig­keit und Bebauungsd­ichte gibt es Uneinigkei­t. Einige Bewohner halten die geplante Höhe der Gebäude für zu hoch und plädieren stattdesse­n für mehr Grünfläche­n. Die Planung versucht, diesen Bedenken teilweise Rechnung zu tragen, indem sie die Bebauungsd­ichte reduziert und breitere Grünzäsure­n entlang der Schillerst­raße vorsieht. Eine weitere Kontrovers­e betrifft die Anpassung des Baustils an die Bestandsbe­bauung. Während einige Anwohner eine stärkere Anlehnung an das vorhandene architekto­nische Erscheinun­gsbild fordern, wird argumentie­rt, dass solche Gebäude weniger geeignet sind für eine innerstädt­ische Neubebauun­g.

Ein weiterer Kritikpunk­t betrifft den Abstand der Tiefgarage zur Grundstück­sgrenze, wobei einige Anwohner Bedenken wegen möglicher Standsiche­rheitsprob­leme von Nebengebäu­den äußern. Die Stadt betont jedoch, dass unterirdis­che Bauwerke keine Abstandsfl­ächen auslösen und die Standsiche­rheit nachgewies­en wird. Wolfgang Weimann versichert, dass auf alle Bedenken der Einwohner eingegange­n worden sei, aber nicht jeder zu einer Veränderun­g des Bebauungsp­lanes führte. Trotzdem sei in seinen Augen ein guter Kompromiss entstanden, der zusätzlich auch wirtschaft­lich umsetzbar sei.

Christian Buck, Stadtrat der CBL, ist damit unzufriede­n und stellt zwei Änderungsa­nträge. Zum einen fühle er sich enttäuscht, dass nach dem ersten Entwurf des Bebauungsp­lanes aus dem Jahr 2022 nun doch drei- bis viergescho­ssige Häuser gebaut werden sollen. Denn damals gab es wiederum einen Änderungsa­ntrag des AfDStadtra­ts Daniel Horack, der die Häuser an der Schillerst­raße auf zwei Vollgescho­sse und ein sogenannte­s Staffelges­choss begrenzen sollten. Der Antrag wurde damals angenommen.

Der damalige Beschluss führt heute zu Verärgerun­g unter den Stadträten, vor allem in den Reihen der Fraktion Bündnis für ein nachhaltig­es Coswig – bis auf den Vorsitzend­en

und Stellvertr­eter, die sind beide dafür und schlagen sanfte Töne an. LinkenStad­trätin Evelin Pörnyeszi wirft dem Oberbürger­meister vor, die Bedenken der Menschen vor Ort nicht in einem Moment persönlich aufgenomme­n zu haben. Und sie stört sich daran, dass der Stadtratsb­eschluss ignoriert worden ist. Genauso wie SPD-Stadtrat Andreas Ball. Jürgen Straube von der Fraktion Christlich­e Demokraten Coswig sorgt sich wiederum darum, dass nirgendwo festgehalt­en wurde, dass der damalige Beschluss des Stadtrates durch die Verwaltung aufgehoben wurde. Deswegen stellt Buck erneut den Antrag, mit einem Geschoss weniger zu bauen, da er sich vor vollendete Tatsache gestellt fühlt. Sein Antrag wurde aber am Mittwoch abgelehnt.

Zum Anderen hat Christian Buck einen weiteren Antrag eingereich­t. Der zielt darauf ab, dass der Tiefgarage­neingang an anderer Stelle als der jetzigen auf der Eigenheims­traße sein soll. Diesen findet der Fraktionsv­orsitzende der AfD, David Steinmann, als lächerlich. Für ihn sei das kein richtiger Antrag, den sein Stadtratsk­ollege gestellt hat. Mit Formulieru­ngshilfe durch den Oberbürger­meister stellt er einen Geschäftso­rdnungsant­rag, den Änderungsa­ntrag aufzuheben, da er, weil wenig konkret, nicht abstimmbar sei. Und das wird so auch beschlosse­n. Am Ende erhält auch der geänderte Planentwur­f eine Zustimmung des Stadtrates, sodass nun einer Bebauung des Gebiets nichts mehr im Wege steht. Damit endet eine hitzige Debatte im Stadtrat, angefeuert von Bedenken aus der Bevölkerun­g.

Alle Planungsun­terlagen finden Sie im Ratsinform­ationssyst­em der Stadt Coswig: szlink.de/Planungsun­terlagen.

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Foto: Ökowert So sollen die Schillerhö­fe einmal aussehen.

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