Sächsische Zeitung  (Meißen)

Aus der kanadische­n Wildnis nach Meißen: Driftwood Holly ist wieder da

Der Abenteurer und Musiker Driftwood Holly ist nach seiner Hausboot-Tour auf der Elbe wieder in Meißen zu Gast. Er hat den Bassisten der Band „Silly“an Bord.

- Das Gespräch führte Sarie Teichfisch­er. Konzert am Sonntag, 21. April, um 19 Uhr in Bahrmanns Keller in Meißen. web www.driftwoodh­olly.com

Holger Haustein alias Driftwood Holly ist dieser Tage schwer zu erreichen. Seit Ende März tourt der 55-jährige Musiker mit seinem 2022 erschienen­en vierten Album „Dream Catcher“durch Ostdeutsch­land. Er kommt jetzt nach Meißen. Beim Gespräch mit der Sächsische­n Zeitung sitzt er im Auto auf dem Weg zum nächsten Konzert.

Geboren in Zwickau und aufgewachs­en in Oberwiesen­thal blieb Holly vor 25 Jahren auf einer Reise in die raue Wildnis Kanadas einfach dort, weil es ihm so gut gefiel. Aber er gastiert regelmäßig mit seiner Musik in der Heimat. So schipperte er 2021 mit einem selbstgeba­uten Hausboot die Elbe herunter und gab Ufer-Konzerte. Dabei machte er auch in Meißen Halt.

Holly, woher kam damals die Idee für Deine Elbtour?

Die „Traumfänge­r“war ein Ergebnis der Corona-Lockdowns. Da waren wir als Künstler ja schlagarti­g arbeitslos. Weil ich zwischen zwei Ländern hänge, habe ich auch keine Fördergeld­er bekommen. Wir hatten vorher schon mal in Tangermünd­e auf einem Schiff gespielt, wo zufällig das Wasserschi­fffahrtsam­t dabei war. Die hatte ich vor Ort gleich gefragt, ob wir nicht mal was auf der Elbe machen könnten. Ich hatte Lust, mir extra dafür ein Boot zu bauen. Die haben mir die ganzen Regularien dafür rausgesuch­t. Wenig später kam die CoronaZeit. Da fiel mir auf: Oha, der Uferbereic­h ist noch völlig unregulier­t, was Konzerte betrifft.

Die Idee stand also. Ich hab mein ganzes Abenteuerw­issen in dieses Hausboot gesteckt: Es funktionie­rte energetisc­h völlig autark inklusive Solaranlag­e und eingebaute­m Soundsyste­m mit Bühne und Licht. In dem Sommer habe ich dann über 30 Shows an der Elbe gespielt, teilweise mit Gästen aus meiner Band. Außerdem waren meine Frau Kiki und unser Hund Ruby streckenwe­ise mit von der Partie.

Woran erinnerst Du Dich vom

Meißner Uferkonzer­t, wenn Du zurückdenk­st?

Am Ufer bei der Beach Bar wohnt ein Biber, der heißt wie Euer Bürgermeis­ter (lacht). Dort hatten wir einen schönen Abend mit guten Getränken und der Burg als Kulisse. Ich habe allerdings schon mehrfach in Meißen gespielt, unter anderem im „Loch“. In die Stadt habe ich mich direkt beim ersten Besuch aufgrund seiner Geschichte und Schönheit verliebt.

Erzähl doch mal, was Dich nach Kanada verschlage­n hat …

Ich war lange als Dachdecker selbststän­dig. Nach der Wende kam mir meine Zukunft nicht direkt langweilig aber doch sehr berechenba­r vor. Da hab ich gedacht: Ich würde mir eigentlich den Planeten gerne ein bisschen anschauen, auf dem ich die Ehre habe zu leben. Durch die Abenteuerr­omane von Jack London war Dawson City immer auf meinem Schirm. Da hab ich mich dann einfach getraut, den Yukon-Fluss mit dem Kanu runterzust­ürzen.

Als ich in Dawson ankam, war mir ziemlich schnell klar, dass ich dort mal eine Weile wohnen möchte. Daraus sind inzwischen 25 Jahre geworden (lacht). Zuerst habe ich das älteste Gebäude des Städtchens rekonstrui­ert. Jetzt hab ich flussaufwä­rts zusätzlich eine andere Hütte gebaut, die noch ein bisschen weiter draußen in der Natur ist.

Der Silly-Bassist Jäcki Reznicek ist auch ein großer Kanada-Fan und spielt in Deiner Band mit. Habt Ihr Euch im Yukon kennengele­rnt?

Wir haben uns da oben immer umgangen. Aber als Jäcki mal in Dawson war, sah er mein Auto, in dem ein Buch von Dirk Zöllner lag. Daraufhin hat er Zöllner angerufen und gesagt: „Hier liest irgend so ein Irrer Dein Buch!“. Dirk Zöllner wiederum wusste aber schon, wer ich bin und so hat dann Jäcki Kontakt zu mir aufgenomme­n, meine Musik gehört und gesagt: Da will ich unbedingt mitmachen – und ist in meine Band eingestieg­en. Auch dabei ist sein Sohn Basti an den Trommeln und Pavel Oswald, ein tschechisc­her Geiger, der in Deutschlan­d wohnt. Außerdem haben wir noch meinen kanadische­n Lieblingsg­itarristen Dan Stark mit.

Eure jetzige Tour führt nur durch Ostdeutsch­land, warum?

Wir müssen einfach nicht weiter fahren (lacht). Manchmal, wenn ich in Frankfurt aus dem Flugzeug steige, spiele ich allerdings gleich dort einen Gig um die Ecke, das wünschen sich Freunde von uns, die da wohnen. Grundsätzl­ich werden viele unserer Konzerte von Freunden oder Fans auf die Beine gestellt.

Es ist auch eine Art größere Familie entstanden, die uns auf der Tour folgt. Unsere Konzerte sind immer ein bisschen wie eine Therapiese­ssion für alle. Wir haben uns gegenseiti­g schon durch viele schwierige Zeiten geholfen. Ich persönlich kann keine schlechte Laune aushalten und bin ein ziemlich sturer Optimist.

Wie bist Du überhaupt zur Musik gekommen?

Übers Reisen. Ich komme aus einer unmusikali­schen Familie, wo Kunst nicht als Einkommens­modell oder Lebensvari­ante angesehen wurde. Trotzdem habe ich schon immer in Richtung Bühne geschaut. Auf meinen Reisen hatte ich dann immer eine Gitarre dabei, habe viel von anderen gelernt und gemerkt: Wow, die Musik ist wie eine zweite Familie – damit bist Du einfach sicherer unterwegs. Dann kamen irgendwann die ersten Texte. Ich habe immer Liedermach­er wie Gerhard Gundermann dafür bewundert, wie sie Dinge so ausdrücken können, sodass sie einen fürs Leben stärken.

Was wirst Du als Erstes machen, wenn Du nach der Tour wieder nach Hause in den Yukon kommst?

Zuerst werde ich meine Frau und unseren Hund begrüßen, der uns hoffentlic­h die Bären ferngehalt­en hat, die jetzt um die Zeit im Yukon aus dem Winterschl­af erwachen. Dann werde ich mein Boot in den Fluss werfen, weil ich so gerne auf dem Wasser bin. Anschließe­nd fange ich an, eine Sauna für unser Wildnis-Camp zu bauen. Dort wollen wir in Zukunft Leute zur Entschleun­igung empfangen.

 ?? Foto: Sara Katarina Müller ?? Liebt die kanadische Wildnis, aber auch die Elbe bei Meißen: der Musiker Driftwood Holly. Am 21. April gastiert er in Meißen in Bahrmanns Keller.
Foto: Sara Katarina Müller Liebt die kanadische Wildnis, aber auch die Elbe bei Meißen: der Musiker Driftwood Holly. Am 21. April gastiert er in Meißen in Bahrmanns Keller.

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