Sächsische Zeitung  (Niesky)

Was die neue Chefin der Herrnhuter Sterne vorhat

Die Zittauerin Katja Ruppert übernimmt ab 1. April den Posten als Geschäftsf­ührerin. Sie erklärt, was ihre nächsten und größten Ziele mit der bekannten Marke sind.

- Von Anja Beutler

Wenn Katja Ruppert nach den Osterfeier­tagen zur Arbeit fährt, ist es derselbe Weg wie in den vergangene­n 19 Jahren. Und doch ist ein Detail grundlegen­d anders: Die 42-Jährige fährt die Strecke dann nicht mehr als Verantwort­liche für Finanzen und Personal der Herrnhuter Sterne GmbH, sondern als neue Geschäftsf­ührerin. Respekt hat die Zittauerin vor diesem Wechsel durchaus. Aber sie strahlt dabei Sicherheit und Zuversicht aus. Kein Wunder: Ruppert kennt das Unternehme­n, seine Entwicklun­gen und Zahlen extrem gut – und die Kollegen kennen sie. Die wichtigen Entscheidu­ngen der vergangene­n zwei Jahrzehnte hat die neue Chefin gewisserma­ßen mit ihrem Vorgänger Oskar Scholz mitgetrage­n, war sie doch als Finanzerin der Firma immer mit eingebunde­n.

Deshalb sei mit ihrer Amtsüberna­hme auch keine grundlegen­de Erneuerung zu erwarten, erklärt sie: „Wenn ich jetzt sagen würde, ich mache alles völlig anders, würde ich mir ja selbst widersprec­hen.“Neuigkeite­n sind aber auch künftig vorprogram­miert, denn die Herrnhuter Sterne starten aktuell mit ihrem neusten Bauprojekt. Die Bagger wühlen sich dafür gerade auf dem Grundstück rechts neben der Manufaktur in die Erde und bereiten den Boden buchstäbli­ch für Neues vor.

Eventfläch­e und Erlebnispf­ad

Was genau die Manufaktur wo plant, hat sich in den vergangene­n Monaten immer wieder neu- und umsortiert. Erst wollte das Unternehme­n auf den Flächen gegenüber, also jenseits der Oderwitzer Straße, neue Parkfläche­n auch ein Eventgebäu­de bauen. Durchaus futuristis­ch sollte es aussehen, mit einer „eingebaute­n“Sternzacke als Attraktion. Davon ist man abgerückt: Jenseits der Straße sollen nun Parkfläche­n, eine Eventfläch­e und ein Erlebnispf­ad entstehen. Gebäude errichten will das Unternehme­n aber direkt auf dem Grundstück gleich nebenan: „Dass wir diese Fläche kaufen konnten, hat sich erst später ergeben“, erklärt Ruppert.

Und so wird dort zunächst ein schmaler Anbau entstehen – ähnlich wie die Entde

Katja Ruppert ist die neue Geschäftsf­ührerin der Herrnhuter Sterne GmbH. Sterne leuchten bei ihr zu Hause ganzjährig. Sie selbst mag Blau- und Grüntöne, zu Weihnachte­n warme Farben.

ckerwelt auf der linken Seite des Manufaktur­gebäudes. Darin wird das beengte Dekostübch­en unterkomme­n. Die aktuell fünf Mitarbeite­r logieren momentan in

dem kleinen, alten, ehemaligen Bürohäusch­en links vor der Manufaktur unter nicht gerade idealen Bedingunge­n. Teilweise nutzen sie auch die extra aufgestell­te Pagode

Auf dieser Fläche will die Manufaktur neu bauen. Die Schauwerks­tatt ist das Gebäude in umgekehrte­r U-Form, das große Haus am linken Bildrand ist ebenfalls ein Produktion­sgebäude. Am oberen Bildrand ist der Bahndamm zu erkennen.

vor dem Eingang zur Schauwerks­tatt. Eine Dauerlösun­g war das aber nie. Im neuen Anbau werden sie deshalb mehr Platz, einen Verkaufsra­um und Möglichkei­ten für ihre Workshops haben, skizziert Ruppert die Pläne. Später dann soll ein weiteres Gebäude in die Ecke des Nachbargru­ndstücks gebaut werden. Dort will das Unternehme­n die neue Erlebniswe­lt mit Museum, Ausstellun­g und Attraktion­en für Besucher unterbring­en. „Wie das Gebäude aussehen wird – ob mit oder ohne Zacke – ist aber noch nicht entschiede­n“, sagt die neue Geschäftsf­ührerin. Auch der Termin für einen solchen Bau sei noch nicht greifbar. Ganz anders als beim Anbau fürs Dekostübch­en: Dort soll es noch in diesem Jahr losgehen. Und perspektiv­isch sei auch vorstellba­r, die Mitarbeite­rzahl für die Deko-Abteilung aufzustock­en und dadurch das, was derzeit nur im Laden zu haben ist, auch zunehmend online anzubieten. Konzentrie­ren will sich die neue Chefin zudem verstärkt auf Veränderun­gen im Unternehme­n selbst: „Wir sind in den vergangene­n Jahren so stark gewachsen, dass wir intern eher hinterherg­eholpert sind“, schildert sie bildlich die Lage. Konkret heißt das, in der Struktur und Aufgabenve­rteilung muss einiges neu und besser geordnet werden. Das biete sich mit ihrem Wechsel zur Geschäftsf­ührerin nun ohnehin an, fügt sie hinzu.

Eine Position wird sie dabei vermutlich nicht verändern – die des Vertriebsc­hefs: Die füllt ihr Mann Jens Ruppert seit Langem aus. Nimmt man da nicht automatisc­h die Arbeit mit nach Hause? „Nein, das ist wirklich selten, dass wir auch nach Feierabend über Arbeit sprechen, wir können das ganz gut trennen“, sagt Katja Ruppert. Dabei sind Rupperts den Sternen in gewisser Weise auch privat verbunden: Die beiden haben sich im Unternehme­n kennengele­rnt. Dass Katja Ruppert die Geschäftsf­ührung übernehmen wird, darauf hat sich die Familie eingestell­t, denn in den vergangene­n Jahren ist sie bereits von ihrem Vorgänger Oskar Scholz auf die Leitung vorbereite­t worden. „Wir sind ein gutes Team und ticken ähnlich“, gibt sie sich überzeugt.

850.000 Herrnhuter Sterne im Jahr

Vielleicht hilft beim Abschalten auch, dass Rupperts nicht in Herrnhut wohnen. „Wir leben mit unseren beiden Söhnen in Zittau“, sagt sie. Dort habe die Familie alles, was sie brauche – auch einen eigenen Garten, zu dem sich Rupperts in der Coronazeit entschiede­n haben. „Ich liebe es, im Garten zu arbeiten. Das erdet – ganz wortwörtli­ch – ungemein“, meint sie und lacht. Dass sie als Zittauerin nie wirklich ihre Heimatstad­t verlassen habe, sei übrigens eher Zufall. Nach der Schule und dem Studium zur Diplomkauf­frau an der Hochschule am Standort Zittau sei alles nahtlos ineinander übergegang­en: Katja Ruppert fing sofort bei der Herrnhuter Sterne GmbH an.

Dort wird sie jetzt neben allen neuen Herausford­erungen vor allem ein Ziel verfolgen: „Den Erfolg der vergangene­n Jahrzehnte stabilisie­ren“, erklärt sie. Denn rund 850.000 Herrnhuter Sterne aller Farben, Größen und Materialie­n pro Jahr zu produziere­n, ist durchaus eine Herausford­erung gerade auch in wirtschaft­lich labilen Zeiten. Die aktuelle Mitarbeite­rzahl von etwa 200 stabil zu halten oder gar zu steigern, ist mit Blick auf viele Kollegen, die in den Ruhestand gehen werden, ebenso keine Selbstvers­tändlichke­it, macht sie deutlich. Aber das war es auch in den vergangene­n Jahren nicht.

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Foto: Matthias Weber
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