So läuft das 395. Saatreiten in Ostritz ab
Rund 70 Reiter werden die Tradition pflegen, die Osterbotschaft verkünden und den Segen für Feld und Flur erbitten. Dazu werden hunderte Schaulustige erwartet.
Eine fast 400- jährige Tradition hat mittlerweile das Saatreiten in Ostritz. Nachweislich seit 1628 ist belegt, dass dort zusätzlich zur Verkündung der Osterbotschaft auch die Felder gesegnet werden. „Wir beten für das Gedeihen der Saat, für die Natur und die Bewahrung der Schöpfung“, erklärt Andreas Posselt. Er reitet nicht nur zum 38. Mal mit, sondern bläst dabei auch Trompete – zusammen mit einigen anderen der festlich gekleideten Männer im Zug. Die Liturgie legt genau fest, welche instrumentalen Stücke und Lieder nach alter Überlieferung unterwegs erklingen. Fünf
Stationen steuern die Reiter während ihrer dreistündigen Prozession durch Ostritz an, darunter das Kloster St. Marienthal.
Die direkt an der Neiße gelegene Zisterzienserinnenabtei ist seit 1234 ununterbrochen bewohnt. Nach der Reformation blieb die Gegend um Ostritz als Enklave weiterhin katholisch geprägt. Bevor 1945 die deutsch-polnische Grenze entlang des Flusses gezogen wurde, habe es auch in drei anderen früheren Klosterdörfern östlich der
Neiße Reiterprozessionen zu Ostern gegeben, berichtet Posselt. Lediglich in Ostritz wurde die Tradition kontinuierlich fortgeführt, selbst zu DDR-Zeiten.
Rund 70 Saatreiter feierten 2023 „Gottesdienst zu Pferde“, wie Posselt es ausdrückt. Der überwiegende Teil von ihnen sei katholisch. Doch längst hat die Veranstaltung ökumenischen Charakter. So gehört der evangelische Ortspfarrer schon seit Jahren zu den Teilnehmern. Auch der
Görlitzer Landrat Stephan Meyer ist als Protestant bereits mehrfach im Ostritzer Zug mitgeritten. „Ich wäre nie selbst auf die Idee gekommen“, räumt der CDU-Politiker ein. Er sei angesprochen worden, ob er sich aktiv an der Prozession beteiligen wolle. Für Meyer erfüllte sich damit ein „Herzenswunsch aus Kindertagen“.
Mit seinen Eltern habe er beim Saatreiten oft an der Strecke gestanden. „Das hat mich fasziniert“, sagt der Landrat. Es sei kein Event, sondern eine sehr ehrwürdige Veranstaltung. „Jeder, der mitreitet, ist gewillt, dem kirchlichen Ansatz zu folgen“, sagt der Vater aus Oderwitz. Meyers ältester Sohn wird in diesem Jahr wieder an seiner Seite im Sattel sitzen. Zum dritten Mal nehmen beide gemeinsam an der Ostritzer Prozession teil. Ihnen kommt dabei zugute, dass ihre Familie eigene Pferde besitzt. Die meisten Saat- und Osterreiter müssen sich für das Ereignis Tiere ausleihen, was immer schwieriger und kostspieliger geworden ist.
Traditionell um 13 Uhr beginnt am Ostersonntag der Ausritt der Saatreiter. Gestartet
wird an der katholischen Kirche. Von dort aus werden fünf Stationen passiert – unter anderem das Kloster St. Marienthal (circa 14 Uhr). Gegen 15.45 Uhr werden die Reiter auf dem Ostritzer Markt erwartet.
Nach Angaben der Organisatoren haben sich etwa 70 Teilnehmer angekündigt. Das Saatreiten in Ostritz findet in diesem Jahr bereits zum 395. Mal statt. Während der Coronapandemie war es 2020 ausgefallen, ein Jahr später unter Auflagen und mit einigen Veränderungen wieder durchgeführt worden. Inzwischen ist man wieder zur Normalität zurückgekehrt und möchte die jahrhundertealte Tradition möglichst unverändert fortführen.
Für Besucher des Saatreitens stehen wieder Parkplätze an verschiedenen Stellen in Ostritz zur Verfügung – so zum Beispiel am Kloster und unterhalb der B 99 in Richtung Kloster, außerdem an der KätheKollwitz-Straße, am Untermarkt und oberhalb des Bergfriedens. Im vergangenen Jahr wollten sich rund 4.000 Schaulustige das Spektakel nicht entgehen lassen.