Sächsische Zeitung (Pirna Sebnitz)
Turbulenzen beim Dachverein: Wie weiter mit den Tafeln?
Beim Trägerverein gibt es den Untreue-Verdacht. Trotzdem sind die Regale in Pirna, Heidenau und Neustadt voll. Andere Probleme drücken jedoch.
Helfer sortieren die Lebensmittel, die Gänge stehen voller Kisten, ein Auto ist noch unterwegs: der normale Dienstagvormittag bei der Tafel in Pirna vor der Öffnung. Seitdem der Trägerverein in Bischofswerda, der Demokratische Frauenbund (Regionalverband Sachsen Ost), in personelle und finanzielle Turbulenzen geriet, wird nach den Auswirkungen auf die Tafel-Ausgaben in Pirna, Heidenau und Neustadt geguckt.
Sandra Furkert ist seit fast zehn Jahren die Chefin für Pirna und Heidenau. Ja, einige würden schon fragen, aber weder sind Spender noch Helfer abgesprungen. Auch beim Landesverband der Tafeln sind von Pirna, Heidenau und Neustadt keine Hilferufe eingegangen, sagt Landesvorsitzender Stephan Trutschler am Dienstag bei einem Besuch in Pirna. Die Freitaler Tafel ist in dem Dachverband nicht Mitglied. Pirna sei zwar finanziell autark, sagt Trutschler, dennoch zahlt Furkert für Pirna und Heidenau regelmäßig alles auf das Trägervereinskonto ein, was nach Abzug von Benzin- und sonstigen Kosten übrig ist. Und das sei nicht wenig. Probleme haben die Tafeln und dazugehörigen Kleiderkammern in Pirna und Heidenau trotzdem nicht.
Dabei hat Heidenau unruhige Zeiten hinter sich. Die sind zwar nach sieben Jahren vergessen, doch auch damals waren unter anderem personelle Entscheidungen des demokratischen Frauenbundes als Träger der Grund. In diesem Zusammenhang erfolgte dann auch der Umzug von der Güterbahnhofauf die Einsteinstraße. Sandra Furkert hat jetzt ganz andere Dinge, mit denen sie sich herumärgert. Stichwort die Elektrik in dem von der städtischen Wohnungsgesellschaft WGP verwalteten Gebäude. Sobald ein Kühlschrank kaputtgeht, bekommt die Tafel zwar Ersatz, aber für ein Gerät mehr ist die Elektrik nicht ausgelegt. Den Wunsch nimmt Trutschler auch mit und will sich mit der Stadt bzw. dem Vermieter in Verbindung setzen. Stichwort Helfer. Die Auslieferung wurde zuletzt mangels Fahrer eingestellt. Fahrer und Beifahrer sind also willkommen. Sandra Furkert fährt nicht nur deshalb auch selbst Abholrunden bei Märkten und Bäckereien. Die, die sortieren, ausgeben und helfen, sind entweder Ehrenamtliche, die das neben ihrer Arbeit oder als Rentner tun oder vom Jobcenter geschickte Frauen und Männern. Letztere werden zunächst für ein halbes Jahr geschickt. Die meisten wollen danach bleiben, maximal anderthalb Jahre sind möglich, doch schon nach den ersten sechs Monaten würden viele Maßnahmen nicht verlängert.
Bezahlkarten: Dilemma für Tafeln
Sandra Furkert ist, so sagen manche, etwas speziell. Das weiß sie. Sie greift durch. Bei denen, denen sie hilft, selbst erst auf einmal auf die Beine zu kommen. Wenn es sein muss, geht sie mit ihnen auch zum Zahnarzt. Sie legt Wert auf ein gepflegtes Äußeres, bei sich selbst und bei denen, die für das Image der Tafel stehen. Neuen Kunden zeigt sie beim ersten Mal die Tafel, beim zweiten Mal müssen sie sich wie alle anderen anstellen. Wenn das nicht klappt, droht sie schon mal mit Schließung der Ausgabe. Wahrgemacht hat sie es noch nicht. Eine Frage steht aktuell nicht nur vor den Tafeln in Pirna und Heidenau. Stichwort Bezahlkarte für Flüchtlinge. „Wie gehen wir damit um?“, fragt Furkert. Sie rechnet vor: Eine Familie mit sechs Personen zahlt pro Woche bei der Tafel zehn Euro, im Monat wären das 40 Euro. Wenn mit der Bezahlkarte nur noch 50 Euro im Monat Bargeld abgehoben werden können, würden davon wohl kaum 40 Euro für die Tafel reserviert. Das ist nicht ganz so, weil die 50 Euro ja pro Person gelten sollen. Trotzdem bleibe die Frage, ob die Tafeln nun mit Kartenzahlgeräten ausgestattet werden müssen und wer die und die Gebühren bezahlt. Trutschler wird die Frage am Donnerstag mit in den Tafel-Bundesvorstand mitnehmen.
Eine 48-jährige Bischofswerdaerin kommt schon seit einiger Zeit einmal pro Woche nach Pirna, um sich hier Lebensmittel zu holen. „Das hilft mir enorm, um die Runden zu kommen, trotz des Weges.“Oft nimmt sie noch für, zwei andere Lebensmittel mit. In Bischofswerda habe es schon vor den aktuellen Problemen kaum noch Lebensmittel und stattdessen einen Aufnahmestopp gegeben. Die Situation habe sich vor etwa zwei Jahren geändert und sei seit einem Jahr extrem verschärft. Trutschler gibt ihr einen Tipp. Weil er auch Edeka-Pressesprecher ist, weiß er, dass Edeka für den neuen Bischofswerdaer Markt Personal sucht. Die Frau bedankt sich für den Tipp und will sich bewerben.