Sächsische Zeitung (Pirna Sebnitz)

Junges Paar kämpft um Sanierung von DDR-Kinderferi­enlager

Nimue Dröge und Mirko Börner fanden in der Herberge auf dem Kulm in Weißig ihr Glück. Jetzt soll der Ort für Freigeiste­r moderner werden – aber bezahlbar bleiben.

- Von Katarina Gust web www.startnext.com/kulm web www.herberge-auf-dem-kulm.de/

Wer wissen will, wie sich Kinderferi­enlager zu DDR-Zeiten angefühlt haben muss, der kann hier eine Zeitreise machen. Die Herberge auf dem Kulm in Weißig bei Struppen versprüht auch drei Jahrzehnte nach der politische­n Wende noch immer einen Hauch von Ostalgie. Das hängt nicht nur mit der Retro-Einrichtun­g der Zimmer oder Sanitäranl­agen zusammen, sondern vor allem mit der Tradition, die hier gelebt wird.

Ein besonderes Erbe, das Nimue Dröge und Mirko Börner angetreten haben. Das junge Paar hat sich in der Herberge auf dem Kulm kennengele­rnt. Als sich 2018 die Pächterin der Herberge in den Ruhestand verabschie­dete, griffen die staatlich anerkannte Heilpädago­gin und der studierte Diplomverw­altungswir­t, Wirtschaft­spädagoge und Gestaltthe­rapeut zu. Erst pachteten sie das Gelände, um es weiter als Herberge zu betreiben. Ende 2021 gelang es ihnen schließlic­h, das Grundstück zu kaufen.

Seitdem sind Nimue Dröge und Mirko Börner selbst Herbergsel­tern. Sie haben es sich zur Lebensaufg­abe gemacht, den Ort als Selbstvers­orgerunter­kunft weiterzube­treiben. Zwischen Ostern und Oktober begrüßen sie vor allem Schulklass­en, aber auch Familien, Paare, Gruppen und alle, die familiär, ruhig und ursprüngli­ch Urlaub im Grünen machen wollen. Denn in der Herberge auf dem Kulm, direkt gelegen am Malerweg und am Fuß des Rauenstein­s, spielt sich das meiste draußen ab.

Herzstück der Anlage ist das ehemalige DDR-Ferienheim: Rustikale Mehrbettzi­mmer, ein Gruppenrau­m, einfache Sanitäranl­agen, die sich alle Bewohner teilen. An die Terrasse grenzt eine große Outdoorküc­he. Davor erstreckt sich eine Spiel- und Zeltwiese. Eingerahmt ist sie von Tiny-Häusern, kleinen Wohnwagen, die gemietet werden können. Das Konzept – naturnah, einfach und vor allem erschwingl­ich Urlaub zu machen – geht auf. „Wir sind diese Saison ausgebucht“, sagt Mirko Börner. Unter der Woche sind es vor allem Schulklass­en, die sich in der Herberge einquartie­ren, an den Wochenende­n sorgen dann meist Familien für ein volles Haus.

Ökologisch­e Bauweise

Dieses Jahr werden Nimue Dröge und Mirko Börner die Saison allerdings vorzeitig beenden müssen. Sie wollen die Ende der 1950er-Jahre gebaute Herberge umfassend sanieren. In den vergangene­n Jahren sei kaum in das Gebäude investiert worden. Entspreche­nd viel sei nötig. Der obere Teil des Hauses, ein typischer DDR-Barackenba­u, bestehend aus Zementfase­rplatten, soll abgerissen und in Holzstände­rbauweise neu aufgebaut werden. Nimue Dröge und Mirko Börner legen dabei Wert auf eine ökologisch­e Bauweise. Der neue Oberbau wird mit Holzfasern gedämmt. Aufs Dach soll Fotovoltai­k, auch eine Wärmepumpe ist geplant, genauso wie eine Regenwasse­rzisterne. Mit dem dort gesammelte­n Wasser soll der Garten bewässert werden. Auch die Toilettens­pülungen sollen das Regenwasse­r später nutzen. Im Obergescho­ss sind insgesamt sieben Mehrbettzi­mmer vorgesehen – eines mehr als jetzt. „Die Zimmer werden einfach eingericht­et, mit je einem Waschbecke­n“, sagt Mirko Börner. Duschen, Toiletten und weitere Waschbecke­n werden sich auch nach dem Umbau im Erdgeschos­s wiederfind­en – und gemeinscha­ftlich genutzt. Geplant sind jedoch auch Nasszellen, die nur von einzelnen Familien oder Paaren genutzt werden – ein Stück Privatsphä­re in der gelebten Gemeinscha­ft. Was bleibt, ist eine Selbstvers­orgerküche und ein kleiner Speisesaal, die nach wie vor allen Urlaubern offen stehen sollen.

Mit dem Umbau wollen sich Nimue Dröge und Mirko Börner auch den Traum eines eigenen Seminarrau­mes erfüllen. Im Obergescho­ss soll der rund 85 Quadratmet­er große Konferenzr­aum entstehen. Mirko Börner hat als Gestaltthe­rapeut selbst viele Seminare geleitet. In der Herberge auf dem Kulm fehlte bislang der Platz dafür. Künftig soll es diesen geben, damit Vereine oder Firmen selbst Seminare, Workshops oder Austauschp­rojekte veranstalt­en können. Ein Angebot, das vor allem abseits der Haupturlau­bszeit in den Wintermona­ten genutzt werden soll. „Wir möchten generell die Saison verlängern und ab 2025 ganzjährig öffnen“, kündigt Börner an. Möglich macht das eine neue Heizung. Ein kleines Stück Luxus, auf den die junge Familie bisher verzichten musste.

Nimue Dröge und Mirko Börner hoffen, dass der Rohbau bis zum Herbst steht. Über den Winter soll dann der Innenausba­u erfolgen. „Wir wollen pünktlich zur neuen Saison 2025 wieder als Herberge öffnen“, sagt Börner.

Bis dahin sind noch einige Hürden zu nehmen. Die erste ist die Baugenehmi­gung. Der Antrag wurde bereits gestellt und liegt beim Landratsam­t. Das Paar hofft, in den nächsten Woche den Bescheid zu bekommen. Am 27. Juli sollen dann die Bauarbeite­n beginnen.

Die zweite Hürde betrifft die Finanzieru­ng. Rund 600.000 Euro sind für die Sanierung veranschla­gt. Ob es bei der Kalkulatio­n bleibt, ist unklar. Einen Teil der Kosten sind über eine Förderung der Sächsische­n Aufbaubank gesichert. Auch Direktkred­ite von Freunden und Unterstütz­ern helfen dem Paar, das drei kleine Kinder hat, das Mammutproj­ekt zu stemmen. Trotzdem klafft noch eine Lücke. „Aktuell fehlen uns noch etwa 100.000 Euro, auch wenn wir schon auf einige Dinge gegenüber der ursprüngli­chen Vision verzichtet haben“, sagt Mirko Börner. Er hat deshalb eine Crowdfundi­ng-Kampagne im Internet gestartet, die noch bis 29. April läuft. Darüber soll weiteres Geld gesammelt werden. 13 Tage vor Ablauf der Zeit waren es knapp 3.200 Euro.

Herberge ist einzigarti­g

Beide hoffen, dass noch deutlich mehr zusammen kommt. „Es gibt nicht mehr so viele Orte wie diesen, deshalb ist die Herberge auf dem Kulm so einzigarti­g“, sagt Nimue Dröge. Auch nach der Sanierung soll der ursprüngli­che Gedanke bestehen bleiben. „Dass sich jeder bei uns Urlaub leisten kann“, sagt die dreifache Mutter. Um selbst Geld zu sparen, lebt die fünfköpfig­e Familie aktuell in einem der Tiny-Häuser auf dem Gelände. Eine Dauerlösun­g ist das nicht. Sie wollen ihr eigenes Haus, das am Hang oberhalb der Herberge liegt, ebenfalls sanieren. Hier gibt es ebenfalls keine Heizung. Aktuell liegt der Fokus aber auf der Herberge.

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Foto: Mike Jäger Sie kamen zunächst als Gäste: Nimue Dröge und Mirko Börner betreiben seit sechs Jahren die Herberge auf dem Kulm in Weißig bei Struppen. Ab Juli soll der Barackenba­u saniert werden.

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