Sächsische Zeitung (Pirna Sebnitz)
25 Jahre Ortschef: „Herr Graupa“tritt nicht mehr an
Gernot Heerde wurde 1999 zum Ortsvorsteher von Graupa gewählt. Jetzt will der 72-Jährige kürzertreten. Dennoch bleibt der Ur-Graupaer seinem Dorf treu.
Graupa hat viele Gesichter, eines davon ist Gernot Heerde. Fast 25 Jahre war er Ortschef. Doch in diesem Juni tritt er zur Wahl des Ortsvorstehers nicht wieder an. Dafür hat er gute Gründe. Mit SZ sprach er darüber. Aber vorweg hat er noch eine Anekdote auf Lager, die vor allem zeigt, wie sehr er mit Graupa verbunden ist. „In der Pirnaer Stadtratssitzung sprach mich der frühere Oberbürgermeister Klaus-Peter Hanke versehentlich mit ‚Herr Graupa‘ an. Ich musste wirklich schmunzeln, aber es zeigt eben auch, dass ich mit Graupa in Verbindung gebracht werde, was mich freut.“
Herr Heerde, fast ein Vierteljahrhundert haben Sie die Geschicke von Graupa mitbestimmt. Worauf sind Sie besonders stolz?
Ich habe immer Wert auf eine gute Zusammenarbeit mit der Pirnaer Stadtverwaltung gelegt und konnte somit auch eine Menge für Graupa erreichen.
Zum Beispiel?
Wir haben eine schöne neue Turnhalle bekommen. Der Aus- und Umbau des Lohengrinhauses und des Jagdschlosses zu den Richard-Wagner-Stätten sind aus meiner Sicht ein kultureller Meilenstein für die Region. Außerdem haben wir jetzt ein modernes Feuerwehrgerätehaus und einen neuen Kindergarten an der Badstraße. Nicht zuletzt ist auch der neue Pennymarkt ein Vorteil für Graupa; einen Supermarkt haben sich viele Anwohner gewünscht. Im sozialen Bereich möchte ich den Neubau des Produktwerks für Menschen mit einer Behinderung erwähnen. Hier finden über 100 Menschen einen Arbeitsplatz. Die Werkstatt wird vom Verein Dorfgemeinschaft Graupa betrieben, der auch unter anderem das Wohnheim Ottihof in Graupa betreut.
Sie sind nicht nur für Graupa verantwortlich, sondern per Amt auch Vorsteher von Bonnewitz. Was ist in dem Dorf passiert?
Der Träger hat die Heilpädagogische Schule erweitern lassen. Außerdem ist der historische Rundling ausgebaut und erneuert geworden. Das war ein städtisches Projekt.
Was waren Ihre größten Herausforderungen?
Das muss ich nicht lange überlegen. Es hat zehn Jahre gebraucht, bis wir nach dem Tod der Schwanendame Elsa endlich wieder einen Schwan auf unserem Schlossteich einsetzen konnten. Verschiedene Anforderungen des Tierschutzvereins und des Denkmalamtes mussten zuvor erfüllt werden. Unter anderem musste ein Schwanengehege gebaut werden, für das viele Menschen Geld spendeten. Daran erkennt man, wie wichtig es den Graupaern ist, wieder einen Schwan auf dem Schlossteich zu haben. Wir sind froh, dass nun eine Schwänin auf dem Wasser ihre Runden zieht und hoffen, sie wird bald einen Partner bekommen. Die Chancen dafür stehen gut.
Aber Ihnen blies auch Gegenwind ins Gesicht. Stichwort: Neubebauung am Siegfriedweg.
Das stimmt. Am Standort werden drei Wohnblöcke gebaut. Anwohner haben Bedenken wegen stärkerem Verkehr und erhöhter Lärmbelästigung. Trotzdem stimmten wir als Ortschaftsrat für das Projekt.
Sind Sie damals auch persönlich angefeindet worden?
Ja, aber das habe ich nicht an mich herankommen lassen. Der Ortschaftsrat hatte nämlich die gesamte Entwicklung von Graupa im Blick.
Welche Projekte sind liegengeblieben?
Der Ausbau der Borsbergstraße mit einseitigem Fußweg. Pläne dafür gibt es seit 15 Jahren, leider wurde die Maßnahme immer wieder im Stadtrat zurückgestellt. Schade ist auch, dass die Volkshäuser an der Bonnewitzer Straße leer stehen. Hier wurde bis heute nicht saniert und somit eindeutig Wohnraum verschenkt. Die Häuser gehören der Wohnungsgesellschaft Pirna (WGP).
Das alles klingt nach viel Arbeit. Warum haben Sie die Mühen auf sich genommen?
Also, ich möchte voranstellen, dass mir die Arbeit als Ortsvorsteher immer sehr viel Freude bereitet hat. Ich setze mich gerne ein. Ich wollte die Ortschaft Graupa voranbringen, und denke, das ist auch durchaus gelungen. Ich hatte ja auch viel Hilfe. Deshalb habe ich auch den Vorsitz des Vereins Pro Graupa übernommen. Viele Projekte konnten somit nicht über die Politik, sondern mittels des Engagements der Bürger realisiert werden. Aber ich bin auch so etwas wie eine Ur-Graupaer. Das können Sie ruhig schreiben. Ich fühle mich mit meinem Dorf sehr verbunden. Bis auf meine Studienzeit habe ich immer hier gewohnt.
Haben Sie Angst, jetzt in das berühmte Loch zu fallen?
Ganz und gar nicht. Denn ich werde mich weiterhin für den Verein Pro Graupa engagieren und bestimmt genug zu tun haben. Außerdem freue ich mich auf mehr Zeit mit meiner Familie. Meine drei Enkel, die mit im Haus wohnen, wollen auch etwas von ihrem Opa haben.
Ist schon ein Nachfolger für Sie als Ortsvorsteher in Sicht?
Ich freue mich, dass es bereits jetzt circa 15 Graupaer gibt, die für den Ortschaftsrat im Sommer kandidieren. Unter diesen findet sich bestimmt ein geeigneter Nachfolger für meinen Posten.
Sehr diplomatisch ausgedrückt. Geht es nicht doch etwas konkreter?
Ja, eine Person hat sich schon bereit erklärt, Verantwortung für diesen Posten zu übernehmen. Aber einen Namen verrate ich nicht, kann jedoch sagen, dass ich mein Amt gerne abgebe, da ich weiß, dass es gut weitergeht. Und bei Fragen und für Unterstützung stehe ich immer zur Verfügung.