Sächsische Zeitung (Pirna Sebnitz)
Geplante Sabotage russischer Agenten
Zwei Deutschrussen sollen US-Einrichtungen ausgespäht und Anschläge geplant haben.
Grafenwöhr. Das Gelände in der Oberpfalz gilt als der modernste und größte Truppenübungsplatz in Europa. Seit dem russischen Überfall auf die Ukraine bildet die US-Armee auf dem Stützpunkt Grafenwöhr auch ukrainische Soldaten aus. Nach Informationen des Tagesspiegels soll ein mutmaßlicher Agent im Dienste Russlands das Gelände ausgekundschaftet haben.
Am Mittwoch wurden der Deutsch-Russe Dieter S. sowie sein mutmaßlicher Mittäter Alexander J. in Bayreuth von Beamten des Bundeskriminalamtes festgenommen, ihre Wohnungen und Arbeitsplätze wurden durchsucht. Dieter S. soll in Kontakt mit einer Person gestanden haben, die deutsche Sicherheitsbehörden einem russischen Nachrichtendienst zuordnen.
Der Generalbundesanwalt wirft den beiden Männern vor, im Auftrag Russlands Sabotageaktionen vorbereitet zu haben: Diese „sollten insbesondere dazu dienen, die aus Deutschland der Ukraine gegen den russischen Angriffskrieg geleistete Unterstützung zu unterminieren“, so die Bundesanwaltschaft am Donnerstag. Gegenüber seinem russischen Gesprächspartner habe S. sich bereit erklärt, „Sprengstoffund Brandanschläge vor allem auf militärisch genutzte Infrastruktur und Industriestandorte in Deutschland zu begehen“.
Zur Vorbereitung soll S. Informationen über potenzielle Anschlagsziele, darunter auch Einrichtungen der US-Streitkräfte wie Grafenwöhr, gesammelt haben. Er machte demnach Fotos und Videos der Objekte und schickte sie seinem Kontaktmann.
Den mutmaßlichen Haupttäter S. haben die Behörden offenbar schon länger unter Beobachtung. Er soll sich mindestens seit Oktober 2023 mit seinem russischen Kontaktmann ausgetauscht haben. Spätestens ab März dieses Jahres habe J. ihm geholfen, so die Bundesanwaltschaft. Die beiden Verdächtigen sind Russlanddeutsche und haben beide Staatsbürgerschaften.
Deutsche Sicherheitskreise weisen schon seit längerer Zeit darauf hin, dass russische Dienste ein hohes Interesse an militärischen Einrichtungen und Unterstützungsleistungen für die Ukraine, aber auch an kritischer Infrastruktur in Deutschland haben. Nach dem russischen Großangriff auf die Ukraine hatte die Bundesregierung 40 Diplomaten ausgewiesen, die in Wirklichkeit für russische Geheimdienste tätig waren. Dies hat Moskaus Spionage in Deutschland zunächst einen Rückschlag versetzt. Doch der nun bekannt gewordene Fall zeigt, dass es den Nachrichtendiensten weiterhin gelingt, Personen in Deutschland für ihre Zwecke anzuwerben.
Im Fall von S. lässt sich zudem eine ideologische Nähe zu den Zielen des Kremls in der Ukraine belegen. Schon im Dezember 2014 soll er in die Ostukraine gegangen sein – im selben Jahr hatte die russische Intervention im Donbass begonnen. Laut Bundesanwaltschaft schloss S. sich einer bewaffneten Einheit der „Volksrepublik Donezk“an und kämpfte dort bis September 2016. Dies wertet der Generalbundesanwalt als Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung.
Die nun bekannt gewordenen Sabotagepläne seien „ein besonders schwerer Fall der mutmaßlichen Agententätigkeit für Putins Verbrecher-Regime“, erklärte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) am Mittwoch. Das Auswärtige Amt bestätigte am Donnerstag, dass Bundesaußenministerin Annalena Baerbock wegen des mutmaßlichen Spionagefalls den russischen Botschafter einbestellen wird.