Sächsische Zeitung (Pirna Sebnitz)
Duell der Giganten beim Klassiker
Pogacar gegen van der Poel: Bei Lüttich–Bastogne–Lüttich kommt es zum Duell der derzeit wohl besten Radprofis der Welt.
Immerhin darin sind sich Mathieu van der Poel und Tadej Pogacar sehr ähnlich: Diese belgische April-Kälte – die geht gar nicht. Deshalb flüchteten die beiden Radsport-Giganten in Spaniens Wärme, um sich den Feinschliff für ihr Duell bei Lüttich–Bastogne–Lüttich zu holen.
„Ein Lüttich-Sieg wird für mich unglaublich schwierig. Aber ich will es einfach versuchen. Nach diesem Frühjahr muss ich nichts mehr beweisen“, sagt Weltmeister van der Poel. Bei der FlandernRundfahrt und Paris–Roubaix hat der Niederländer in Pogacars Abwesenheit die Konkurrenz in Grund und Boden gefahren. Doch bei „La Doyenne“am Sonntag, dem ältesten Klassiker mit seinen mehr als 4.000 Höhenmetern, ist Modellathlet „MVDP“gegenüber dem deutlich kleineren und leichteren Kletter-Ass Pogacar im Nachteil.
„Lüttich ist eines der härtesten Rennen überhaupt, deshalb freue ich mich darauf “, sagte der Slowene. „Pogi“, der im März das Schotterspektakel Strade Bianche mit einem Jahrhundert-Solo gewann, siegte 2021 bei „LBL“, stürzte 2023 aber böse, was ihn letztlich die entscheidenden Prozente im Kampf um seinen dritten Tour-Sieg kostete.
Van der Poel (29), der urgewaltige Tempobolzer mit einzigartiger Rad-Beherrschung, der auch über giftige Anstiege wie bei seinem WM-Triumph 2023 in Glasgow fliegen kann oder Pogacar (25), das Schlitzohr im Dauerangriffs-Modus, der VollblutWettkämpfer mit eingebautem Bergturbo? Die Frage, wer der beste Radfahrer der Welt ist, ist schlichtweg nicht zu beantworten – zumindest nicht in der Eindeutigkeit wie einst bei Eddy Merckx, weil der schlicht alles gewann.
Und heute? Ist der Däne Jonas Vingegaard der beste Rund- und Bergfahrer, der Belgier Jasper Philipsen bester Sprinter, der Italiener Filippo Ganna bester Zeitfahrer. Bei den Klassikern sind van der Poel und Pogacar das Ultimum. Van der Poel wird zwar nie eine große Rundfahrt gewinnen, Pogacar nie einen Massensprint – in der Gesamtschau ragen sie aber beide heraus.
Ein Lüttich-Sieg van der Poels, darauf kann man sich einigen, wäre historisch wertvoller: Noch nie hat ein Fahrer Roubaix, Flandern und Lüttich in einer Saison gewonnen – nicht mal Merckx, einer von nur dreien, die bei allen fünf Monumenten siegten. „MVDP“hätte bei einem DoyenneErfolg als einer von dann zehn Fahrern vier davon zusammen, es fehlte nur die Lombardei-Rundfahrt im Herbst – die Pogacar zuletzt dreimal in Folge gewann.