Sächsische Zeitung (Pirna Sebnitz)
Ist mit ihm die Hoffnung wieder da?
Stefan Drljaca steht bei Dynamo vor einem Comeback im Tor. Mit ihm kehren die Erinnerungen an erfolgreichere Zeiten zurück.
Am 20. Dezember war die Dynamo-Welt noch in Ordnung. Zehn Punkte betrug der Vorsprung auf den Relegationsplatz, der Aufstieg schien reine Formsache zu sein. Und auch die Welt von Stefan Drljaca war an diesem Abend noch eine heile – bis zur 88. Minute der Auswärtspartie bei Arminia Bielefeld, die Dynamo 1:0 gewann. Bei einem Abschlag verletzte sich der Torwart, Muskelabriss im Oberschenkel.
Seitdem musste Drljaca pausieren, die Dresdner rutschten in eine Krise und in der Drittliga-Tabelle ab. In Zahlen liest sich das so: Mit Drljaca im Tor kassierte Dynamo fünf Niederlagen in 20 Spielen, ohne ihn waren es sieben in 13 Partien, der Vorsprung hat sich in einen Rückstand gewandelt. Einen direkten Zusammenhang möchte Markus Anfang da jedoch nicht erkennen – vor allem mit Blick auf Drljacas Stellvertreter Kevin Broll, der sich, so der Trainer, „immer reinhängt und Gas gibt. Er hat das eine oder andere unglückliche Tor bekommen, aber auch, weil seine Vorderleute viele individuelle Fehler gemacht und den Gegner dadurch erst in diese Positionen gebracht haben“, findet Anfang.
Nach vier Monaten trainiert Drljaca nun wieder mit der Mannschaft. Auch der 24-Jährige nimmt seine Vertretung in Schutz. „Brollo ist bei der ganzen Sachen die ärmste Sau. Ich habe Ähnliches vorige Saison in der Hinrunde erlebt, da war gefühlt ebenfalls jeder Schuss drin“, erzählt er. In der Winterpause arbeitete der gebürtige Homburger dann an seiner Fitness, speckte einige Kilo ab und überzeugte fortan mit tollen Reflexen und Paraden.
Nun könnte Drljaca in einer Phase, in der Selbstvertrauen und Optimismus bei Dynamo zu Fremdwörtern mutiert sind, als eine Art mentaler Aufmunterer und Hoffnungsverbreiter fungieren. Der Keeper hat die Negativerlebnisse der vergangenen Wochen nicht hautnah erlebt, geht so unbefangener an die Aufgaben. „Wenn man einen Spieler mit positiven Erfahrungen bringen kann, ist das immer gut“, findet Anfang. „Aber er muss auch topfit sein. Purer Aktionismus – das bringt nichts.“
Wann also ist Dynamos Nummer eins fit genug, um ins Tor zurückzukehren? „Erst wenn er in der Lage ist, 100 Prozent zu geben, können wir uns Gedanken machen, ob er eine Option ist“, sagt der Trainer und möchte nicht darüber spekulieren, „wie es sich bei ihm entwickelt. Wir dürfen nicht vergessen, dass er vier Monate nicht gespielt hat“. Lange Abschläge sind die größte Gefahr für den operierten Muskel.
Drljaca sagt nach der ersten Einheit mit seinen Mitspielern, dass er keine Probleme habe, Kopf und Oberschenkel mitmachen und alle Bewegungen flüssig seien. „Ich konnte in der Reha in Sinsheim gezielt an Defiziten arbeiten und komme stärker zurück – auch wenn das komisch klingt. Aber ob es wieder Sinn macht, mich spielen zu lassen, das müssen andere entscheiden.“
Diese Entscheidung ist eine heikle. Einerseits würde das Comeback perfekt in den von Anfang verordneten Optimismus passen („Wir müssen jetzt die Chancen sehen und haben noch viel in der eigenen Hand“), andererseits lauert da eine Gefahr: Was, wenn Drljaca bei seiner Rückkehr patzt oder die Verletzung aufbricht? Im ersten Fall wäre die erhoffte Wirkung verpufft, im zweiten Fall müsste der degradierte Broll wieder ins Tor. Anfang steckt also in einem Dilemma, für das Heimspiel am Samstag gegen Viktoria Köln schloss er einen Wechsel im Tor schon kategorisch aus.
Drljaca ist trotzdem dankbar für das Gefühl, „wieder Teil der Mannschaft zu sein“. Vielleicht reicht es ja schon, wenn sich dieses Gefühl auf die Mitspieler überträgt.