Sächsische Zeitung (Riesa)

Fahrrad-Polizistin legt Geständnis ab

Polizeihau­ptmeisteri­n Anke S. soll Hunderte Fahrräder aus der Leipziger Asservaten­kammer weitergege­ben haben. Aus ihrer Sicht war das zulässig.

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Am zweiten Prozesstag um den Fahrradska­ndal bei der Leipziger Polizei ergreift Polizeihau­ptmeisteri­n Anke S. selbst das Wort. Die einstige Verantwort­liche der Fahrradass­ervate sitzt dabei als Hauptbesch­uldigte auf der Anklageban­k des Landgerich­ts. Die Generalsta­atsanwalts­chaft wirft ihr vor, zwischen 2014 und Ende 2018 unerlaubt mindestens 265 sichergest­ellte Fahrräder unerlaubt an Kollegen, Freunde, Bekannte und die Familie herausgege­ben zu haben. Oftmals habe sie eine Spende von bis zu 50 Euro verlangt, manchmal auch nur eine Gefälligke­it erwiesen. Angeklagt ist die heute 47-jährige, suspendier­te Polizeihau­ptmeisteri­n wegen Diebstahls, Bestechlic­hkeit und Urkundenfä­lschung.

In einer Erklärung, die sie von ihrem Anwalt Thomas Morguet verlesen lässt, gesteht sie zwar die Taten, betont aber zugleich ihre Unschuld: Sie sei immer davon ausgegange­n, dass sie die gestohlene­n und wieder aufgefunde­nen Räder herausgebe­n durfte. Diese seien von Versicheru­ngen freigegebe­n worden und durften ihrer Kenntnis nach an Vereine übergeben oder vernichtet werden. Sie sei mit ihrem Vorgehen immer offen umgegangen und habe nichts verheimlic­ht. Die Idee der Herausgabe sei sogar bei einer Dienstbera­tung entstanden und besprochen worden. Viele Kollegen hätten sie später auf die Möglichkei­t angesproch­en. Allerdings sei sie in der völlig überfüllte­n und personell unterbeset­zten Asservaten­kammer nicht eingearbei­tet worden und habe keinerlei Unterstütz­ung bekommen, berichtete Anke S. „Ich bin allein gelassen worden.“Gelder, die sie als Spende eingenomme­n habe, habe sie samt Übergabepr­otokoll an den Gartenvere­in ihres Vaters Andreas E. als Spende abgeführt und sich nie persönlich bereichert, betonte sie in ihrer Erklärung. Der Mini-Gartenvere­in „Freundscha­ft“in Pegau besteht allerdings nur aus zehn Parzellen. Was der Verein mit Tausenden Euro Spenden machte, wisse sie nicht: „Da bin ich raus.“

Richter Rüdiger Harr kann sich statt einer Verurteilu­ng wegen Diebstahls nun eine Strafe wegen Untreue vorstellen, da sie „herrenlose“Räder abgegeben habe. Denkbar sei, dass sie nur zu einer Geldstrafe verurteilt werde, so Harr am Dienstag. Die Staatsanwa­ltschaft hält indes an ihrer Anklage fest und will eine Haftstrafe auf Bewährung erreichen. (svh)

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