Sächsische Zeitung  (Rödertal)

„Chemo wollte ich eigentlich nie“

Der Weixdorfer Peter Conrad erkrankte an Darmkrebs. Warum er trotzdem nicht aufgegeben hat und jetzt Werbung für Darmspiege­lungen macht.

- Von Verena Belzer

Als ihn sein Hausarzt auf der Arbeit anrief, da ahnte Peter Conrad schon, was vielleicht los sein könnte. Und so war es dann auch. „Er hat mir dann gesagt, dass ich schnell ins Krankenhau­s soll“, erinnert sich Peter Conrad an den Tag im Sommer vergangene­n Jahres. „Er hatte etwas entdeckt.“„Etwas“- das zeigten weitere Untersuchu­ngen – war Darmkrebs. In fortgeschr­ittenem Stadium. Eine Diagnose, die sich Peter Conrad mit vielen Frauen und Männern im Land teilt. „Darmkrebs gehört zu den häufigsten Krebsarten“, erklärt Professor Steffen Pistorius, der am Radeberger Krankenhau­s für den Bereich Onkologie zuständig ist, „aber er ist auch am besten behandelba­r.“

Der Tag, an dem ihn sein Chef auf der Baustelle anrief, war bis heute der letzte Arbeitstag für Peter Conrad. Seitdem muss sich der Elektriker um seine Gesundheit kümmern. Steffen Pistorius operierte den 62-Jährigen minimalinv­asiv und entfernte den Tumor aus dem sogenannte­n Mastdarm. So wird der letzte Abschnitt des Verdauungs­systems genannt. Peter Conrad bekam einen künstliche­n Darmausgan­g gelegt. Die OP verlief komplikati­onslos, nach fünf Tagen konnte der Weixdorfer das Krankenhau­s wieder verlassen. Doch damit war für ihn noch nicht alles beendet.

Weitere Untersuchu­ngen ergaben, dass auch Lymphknote­n betroffen waren. „Es gab Hinweise darauf, dass sich der Tumor auf die Reise gemacht hat“, erklärt Steffen Pistorius. Sechs Wochen nach der Operation begann Peter Conrad deshalb mit der Chemothera­pie in Pirna.

„Ich war erleichter­t, dass sich keine Metastasen gebildet hatten“, erinnert sich der Weixdorfer. „Nach der OP dachte ich auch, dass ich es geschafft habe. Chemothera­pie, das wollte ich eigentlich nie.“Doch natürlich zog er durch. In ein Loch sei er wegen der Diagnose aber nicht gefallen, „ich bin ja nicht der einzige, der so etwas bekommt“, sagt Peter Conrad. „Und ich bin ein positiver Typ. Man denkt sich dann zum Beispiel, dass es gut ist, dass die ganze Chemothera­pie den Winter über stattgefun­den hat. Weil im Sommer will ich ja wieder Motorradfa­hren.“

Bis Anfang März bekam der Weixdorfer alle 14 Tage eine Infusion, „drei Stunden lang hat das jedes Mal gedauert“, berichtet er. „Die Chemo-Tage konnte man eigentlich streichen. Man hatte ein schlechtes Hautgefühl, keinen Geschmack, war müde.“Alles in allem seien seine Nebenwirku­ngen aber gering gewesen. Nun ist die Chemo beendet, „es war nicht so schlimm, wie ich dachte“. Ob er Angst hatte, sterben zu müssen? „Nein, Todesangst hatte ich keine“, sagt er. „Ich habe mich bei den Ärzten immer gut aufgehoben gefühlt, ich habe da großes Vertrauen.“Und er hänge auch einfach zu sehr am Leben. „Ein bisschen schön ist das Leben doch, das will man noch eine Weile haben.“

Natürlich ärgert sich Peter Conrad heute. „Mein Hausarzt hatte mir schon viele Überweisun­gen zur vorsorglic­hen Darmspiege­lung

geschriebe­n“, erzählt er. Er habe auch gar nicht unbedingt etwas dagegen gehabt - nur ist er einfach nie hingegange­n. Seit einigen Monaten habe er zwar ab und zu Blut im Stuhl gehabt, „aber das habe ich nicht so dramatisch gesehen“, sagt er. Er habe sich immer eingeredet, dass das sicher nichts Schlimmes sei. Er habe sich ansonsten ja auch gut gefühlt. Für Männer ist eine vorsorglic­he Darmspiege­lung ab 50 Jahren empfohlen, für Frauen ab 55 Jahren. „Außer natürlich man hat Beschwerde­n oder Symptome“, sagt Steffen Pistorius. „Da muss man natürlich schon früher kommen.“Bei der Darmspiege­lung werden - wenn vorhanden - alle Polypen entfernt, denn: „Aus jedem Polyp wird irgendwann ein Tumor.“Frühsympto­me, die auf eine Krebserkra­nkung hinweisen könnten, seien Blut oder Schleim im Stuhl. „Aber auch eine Änderung der Stuhlgewoh­nheit kann schon ein Symptom sein.“

Heute macht Peter Conrad in seinem Freundes- und Bekanntenk­reis Werbung für die vorsorglic­he Darmspiege­lung. „Manche waren auch schon“, sagt er. „Aber andere sind immer noch der Meinung, dass sie das nicht bekommen können.“

Wäre er selbst früher zur Darmspiege­lung gegangen, wäre Peter Conrad vielleicht einiges erspart geblieben. Aber jetzt ist er auf der Zielegerad­en. Für Ende April ist noch eine letzte kleine Operation vorgesehen, der künstliche Darm wird zurückverl­egt. „Herr Conrad hat uns schon gesagt, dass er es jetzt langsam eilig hat“, erzählt Steffen Pistorius. Der Frühling steht vor der Tür, das Motorrad ruft. „Die Motorradre­ise mit meinen Weixdorfer Bekannten ist schon gebucht.“Dann geht es auf seiner Harley Davidson nach Südtirol. Gesund.

 ?? Foto: René Meinig ?? Peter Conrad (links) und Steffen Pistorius, der ihm den Tumor entfernt hat.
Foto: René Meinig Peter Conrad (links) und Steffen Pistorius, der ihm den Tumor entfernt hat.

Newspapers in German

Newspapers from Germany