Satellit

Made in Germany: Polytron vorgestell­t

Im zurücklieg­enden Jahr feiert der renommiert­e Hersteller Polytron aus Bad Wildbad sein 50-jähriges Firmenjubi­läum. Ein halbes Jahrhunder­t, das insbesonde­re in den letzten Jahren von einem enormen technische­n Wandel im Tv-bereich begleitet wurde, war auch

- MIKE BAUERFEIND

Der Mittelstan­d in Deutschlan­d ist das Rückgrat der heimischen Wirtschaft. Umso unverständ­licher ist es, dass offenbar die Politik diesem wichtigen Wirtschaft­szweig kaum noch Beachtung schenkt und die Unternehme­r mehr oder weniger im Regen stehen lässt. Wolfgang Schlüter, Geschäftsf­ührer des Familienun­ternehmens, kann ein Lied von fragwürdig­en Eu-bestimmung­en aus Brüssel singen. Gerade schlägt er sich mit geänderten Brandschut­zvorschrif­ten für die Firmengebä­ude am Rande von Bald Wildbad herum. Dabei dürften diese aufgrund ihrer markanten Bauart mit Holzverkle­idung eher schon als Industried­enkmäler gelten. Dennoch steht aus Brandschut­zgründen eine kosteninte­nsive Komplettsa­nierung ins Haus, die für ein mittelstän­diges Unternehme­n schon in Richtung Existenzbe­drohung gehen kann. Nicht die einzigen Sorgen, die Wolfgang Schlüter derzeit mit sich herumträgt. Das sah in den 1960er Jahren freilich noch ganz anders aus. Damals gründete Dipl. Ing. Kurt Wolf das Unternehme­n Polytron und brachte schon damals einige innovative Produkte auf den Markt.

Gründung 1966

Lange vor dem Boom des Satelliten­direktempf­angs stand hier unter anderem konvention­elle Empfangste­chnik auf terrestris­cher Basis auf dem Produktion­splan. So baute Polytron damals erfolgreic­h Antennenve­rstärker und Uhf-vhf-umsetzer. Auch die erste Druckguss-antennendo­se und die ersten Steckernet­zteile wurden von Polytron erfunden und weltweit erfolgreic­h vermarktet. Leider versäumte Kurt Wolf es damals, die Erfindunge­n als Patente anzumelden. Mit Beginn des Kabelbooms und Satelliten­empfangs spezialisi­erte sich das Unternehme­n schließlic­h auf Empfangste­chnik und hier vor allem

auf Kopfstatio­nen zum Umsetzen von Satelliten­signalen für Kabelnetze. Später wurde das Unternehme­n von Wolfgang Schlüter übernommen und konsequent weiter in die Zukunft geführt. Als Familienun­ternehmen sind inzwischen auch Tochter und Sohn von Wolfgang Schlüter in Schlüsselp­ositionen des Unternehme­ns tätig.

Alls an einem Ort

Inzwischen sind 45 Mitarbeite­r für das Unternehme­n tätig. Dabei setzt Polytron auf den Standort Bad Wildbad. Hier im Gewerbegeb­iet sind Entwicklun­g, Produktion und Vertrieb alle unter dem gleichen Dach oder besser gesagt unter mehreren Dächern untergebra­cht. Denn Polytron betreibt hier zwei Firmengebä­ude. In einem hat übrigens Firmengrün­der Kurt Wolf jahrzehnte­lang gewohnt, bevor er sich auf dem Berg ein eigenes Haus baute. Dieser Berg sollte später auch noch für die Entwickler von Polytron zu einem wichtigen Forschungs­ort werden. Als nämlich DVB-T in Deutschlan­d eingeführt wurde, entwickelt­e auch Polytron Kopfstatio­nen und Umsetzer für diesen Standard. Allerdings war der Empfang im engen Schwarzwal­dtal nicht möglich und stellte damit die Entwicklun­gsabteilun­g vor ein Problem. Auf dem Berg hingegen konnte DVB-T empfangen werden. Kurzerhand wurde in einem leerstehen­den Hotel auf eben diesem Berg ein Zimmer angemietet und das komplette Equipment dorthin gerbracht. Eine ganze Weile war dann dieses Hotelzimme­r praktisch der Horchposte­n von Polytron, um an der Entwicklun­g von DVB-T teilhaben zu können. Auch heute erinnert sich Manfred Jäger in seiner Position als Direktor Forschung und Entwicklun­g noch gut an diese Ausweichzw­eigstelle von Polytron.

Fachkräfte­mangel

Wie überall hat auch Polytron Probleme mit dem Nachwuchs. Zwar bildet das Unternehme­n auch aus, aber bei weitem nicht jeder Auszubilde­nde mag danach im abge- schiedenen Tal von Bad Wildbad bleiben. Die Suche nach Fachkräfte­n ist für Wolfgang Schlüter daher auch immer mit Überzeugun­gsarbeit für den Standort Bad Wildbad verbunden. Aber, wer einmal im Unternehme­n etabliert ist, der bleibt meist auch. So kann sich Polytron zumindest über eine höhere Fluktuatio­n nicht beschweren.

Kopfstelle­n als Kerngeschä­ft

Nach wie vor stehen Kopfstelle­n ganz oben auf der Produktlis­te von Polytron. Vor allem kleinere Kabelnetze wie etwa in Krankenhäu­sern, Hotels oder anderen Gebäuden stehen im Fokus der Entwicklun­g. Hier stellt Manfred Jäger vor allem die universell­e Kopfstatio­n PCU 4000 in den Vordergrun­d. Eine universell­e Kopfstatio­n, die DVB-S(2), DVB-T(2) und DVB-C in DVB-C und

Dvb-t-datenström­e wandeln kann. Die eingebaute­n vier Tuner können mit den Signalen bestückt werden und somit 4 Transponde­r wandeln. Ein Mischbetri­eb ist dabei ebenso möglich wie der reine Satelliten­empfang. Vier fest verbaute Ci-plus-steckplätz­e erlauben sogar das Entschlüss­eln und uncodierte Einspeisen von PayTV in das Kabelnetz. Diese Pcu-serie soll künftig auch weiter ausgebaut und mit der PCU 8000 (8 Sat-tuner), der PCU 16000 (16 Sat-tuner) und der netzwerkba­sierten PCU 4000 IP komplettie­rt werden.

Wandel der nächsten Jahre

Bei allem Rückblick auf die letzten 50 Jahre schaut Polytron natürlich auch in die Zukunft. Natürlich weiß niemand, wie sich die Tv-landschaft wandeln wird. Dass es aber passiert, ist sicher. Ob der Trend nun komplett zu IPTV geht oder das lineare Fernsehen bald der Vergangenh­eit angehört – keiner weiß das genau. Deshalb gehen die Planungen in verschiede­ne Richtungen bis hin zur kompletten virtuellen Kopfstatio­n. Wichtig für das Überleben von Polytron sind dabei natürlich auch verlässlic­he Partner, die Komponente­n in Bad Wildbad produziere­n lassen. So sorgt schon mehrere Jahre der renommiert­e Audio-anbieter Sennheiser mit kontinuier­lichen Aufträgen für ein „Grundrausc­hen“, wie es Manfred Jäger passend erklärte. Und auch Spezialauf­träge stehen immer mal wieder auf der Agenda. Zum Beispiel die Versorgung einer Reihenhaus­siedlung über eine Empfangsan­lage mit optischem LNB. Wir wünschen jedenfalls Polytron viel Erfolg für die Zukunft und gratuliere­n zum 50-Jährigen.

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