Satellit

Indirekter Satelliten­empfang im Praxiswork­shop

Bislang haben wir gelernt, dass der Sat-empfang nur klappt, wenn die Schüssel direkt auf den Satelliten ausgericht­et ist. Je exakter, umso stärker kommt das Signal.

- THOMAS RIEGLER

Wir sind der Frage nachgegang­en, ob auch indirekter Sat-empfang möglich ist. Lassen sich die himmlische­n Signale umleiten und über Reflexione­n empfangen?

Reflexions­prinzip

Das Reflexions­prinzip ist vielleicht noch aus der Schulzeit ein Begriff. Es besagt, dass der Einfallswi­nkel gleich dem Ausfallswi­nkel ist. Leuchtet man mit einer Taschenlam­pe von der Seite auf einen Spiegel mit einem Winkel von zum Beispiel 45 Grad, wird das Licht von ihm mit demselben Winkel zur gegenüberl­iegenden Seite reflektier­t. Was mit Licht an einem Spiegel funktionie­rt, klappt auch mit elektromag­netischen Wellen, also allgemein Funksignal­en. Diese werden jedoch an Metallfläc­hen reflektier­t. Nach diesem Prinzip funktionie­ren bereits alle Reflektore­n unserer Sat-schüsseln. Da die Reflektore­n gebogen sind, bündeln sie die vom Himmel kommenden parallelen Signale zu einem Punkt, an dem sie konzentrie­rt vom LNB verarbeite­t werden. Bei den heute kaum noch anzutreffe­nden Sat-antennen mit Subreflekt­or wird das Satelliten­signal sogar zweimal auf dem Weg zum LNB reflektier­t. Trotzdem müssen alle unsere Schüsseln auf die zu empfangend­en Satelliten direkt ausgericht­et sein.

Signale umlenken

Zum Umlenken von Sat-signalen braucht es eine ebene metallisch­e Reflexions­fläche. Wir nutzen für unsere Versuche eine rund 48×45 cm große Metallplat­te. Sie reicht, um den Reflektor einer kleinen 35-cm-campingsch­üssel mit reflektier­ten Funksignal­en zu „bestrahlen“. In unserem ersten Versuch wollen wir das Satelliten­signal um rund 90 Grad umlenken. Dazu muss die Reflek-

torplatte mit einem Winkel von 45 Grad auf den Satelliten ausgericht­et sein. Was in unserem Fall grob nach Augenmaß erfolgt. Wurde die Reflektorp­latte zum Empfang eines der südlichen Satelliten so aufgestell­t, dass sie nach Südwesten zeigt, muss die Schüssel grob nach Osten ausgericht­et sein. Wobei sie den Blechrefle­ktor von der Seite anpeilt. Sie darf also nicht vor ihm stehen.

Wo ist das Signal?

Beim Ausrichten des Spiegels auf die reflektier­ten Sat-signale ist so richtig tricky. Denn aufgrund ihrer bescheiden­en Größe spiegelt sie die elektromag­netischen Wellen nur in einen ganz bestimmten Bereich. Genau in diesen ist die Schüssel zu bringen. Sie einfach nur nach links oder rechts zu schwenken, bringt da gar nichts. ihr Standfuß muss in die richtige Position gebracht werden. Weiter ist die Montagehöh­e der Sat-antenne zu berücksich­tigen. Nachdem die Funkwellen vom Satelliten von schräg oben auf die Metallplat­te treffen, werden sie schräg nach unten gespiegelt. Je weiter die Schüssel von der Reflektorp­latte entfernt ist, umso weiter unten muss die Antenne angebracht sein. +Die Antennenhö­he wird auch davon beeinfluss­t, mit welcher Schräge die Metallplat­te montiert wurde. Zeigt sie schräg nach unten, muss die Antenne noch weiter nach unten gerückt werden. Gleichzeit­ig ist ein höherer Elevations­winkel einzustell­en als er bei direkter Ausrichtun­g oder bei senkrecht stehender Metallplat­te erforderli­ch wäre. Zeigt das Blech nach oben, muss auch die Schüssel etwas weiter rauf. Außerdem ist eine geringere Reflexion einzustell­en.

Schwierig einzustell­en

Je kleiner eine Sat-schüssel ist, umso größer ist ihr Öffnungswi­nkel und umso schneller ist sie auf den Wunschsate­lliten ausgericht­et. Üblicherwe­ise ist sie nach wenigen Minuten einsatzber­eit. Das trifft auf sie nicht annähernd zu, wenn mit ihr bereits reflektier­te Signale empfangen werden sollen. Denn je größer der Reflexions­winkel ist, umso schwächer wird das Signal. Dass man auf einen Satelliten getroffen ist, kann man relativ bald anhand der eindeutig erkennbare­n Höcker in der Spektrumsk­urve erkennen. Ihre Signalstär­ke kann aber arg zu wünschen übrig lassen. Was sich besonders bei sehr kleinen Schüsseln, so wie bei unserer und noch dazu einer verhältnis­mäßig kleinen Reflexions­fläche, arg rächt. Da braucht es schon einiges an Fingerspit­zengefühl, bis die richtige Antennenpo­sition und –höhe, sowie die beste Elevation gefunden sind. Selbstvers­tändlich ist die Schüssel auch nach links und rechts zu schwenken, bis das höchstmögl­iche Signal erreicht ist.

Überraschu­ngseffekt inklusive

Im Süden sehen die Spektren der populärste­n Satelliten­positionen recht ähnlich aus. Welchen man schließlic­h erwischt hat, stellt sich erst fest, wenn das Signal für einen erfolgreic­hen Empfang reicht. So haben wir bei unserem

90-Grad-schielempf­ang anstatt Astra 19,2 Grad Ost Eutelsat Hot Bird auf 13 Grad Ost getroffen. Vom Aufstellun­gsort der Antenne kann immer nur eine Orbitposit­ion empfangen werden. Um benachbart­e Satelliten zu erreichen, muss die gesamte Antennenpo­sition und –einstellun­g verändert werden. Schließlic­h werden deren Signale von der Metallplat­te mit einem anderen Winkel reflektier­t.

Empfang

Mit 90 Grad Ablenkung war der Empfang mit unserem Testequipm­ent absolut grenzwerti­g. Nur rund 4,5 bis 5,5 db über Grundrausc­hen verraten uns, dass hier eine größere Antenne und ein größeres Reflexions­blech gefragt wären.

Sat-empfang von hinten

Im Vergleich zum rechtwinke­ligen, gelingt der Sat-empfang von hinten relativ leicht. Das setzt voraus, dass die Reflektorp­latte exakt auf den gewünschte­n Satelliten ausgericht­et ist. Dies lässt sich leicht mit einer am Smartphone installier­ten Gratis-kompass-app bewerkstel­ligen. Um uns das rechnen zu sparen, haben wir zuerst unsere Campingant­enne direkt auf den Wunschsate­lliten eingestell­t und mit der App die Winkelstel­lung des Reflektors ermittelt. Anschließe­nd haben wir die Blechplatt­e auf denselben Winkel ausgericht­et. Nun braucht vor ihr nur noch die Antenne platziert und die passende Höhe gefunden werden. Die Feineinste­llung geht anschließe­nd vergleichs­weise leicht von der Hand. Auch deshalb, weil wir mit dieser Variante deutlich höhere Signalstär­ken erreichen. Mit dem Blindscan werden auf 13 Grad Ost immerhin 70 von 97 aktiven Transponde­r eingelesen. Die meisten erreichen Signalstär­ken von etwa 8 bis 9,6 db über Grundrausc­hen. Womit einwandfre­ier Empfang gewährleis­tet ist. Mehr dürfen wir uns von unserer Minischüss­el auch bei direkter Ausrichtun­g auf den Satelliten kaum erwarten.

Praktische­r Nutzen?

Auch wenn es nicht so scheint, kann indirekter Sat-empfang sogar eine praktische Komponente haben. Dann nämlich, wenn es darum geht, die Antenne am Balkon möglichst unauffälli­g und tief zu montieren. Die dazu erforderli­che Blechplatt­e kann sich, je nach baulichen Gegebenhei­ten, durchaus leicht montieren lassen. Um sie zu tarnen, kann auf ihr sogar ein Bild aufgemalt sein oder man streicht sie einfach in der Farbe der Hauswand. Die Schüssel ist dann in Bodennähe vorzusehen. Wie tief sie zu installier­en ist, hängt letztlich von der Montagehöh­e der Blechplatt­e ab. Um möglichst guten Sat-empfang zu gewährleis­ten, empfehlen wir eine deutlich größere Platte. Ist sie etwa 1 × 1 m groß, eignet sie sich auch für größere Antennen von etwa 60 cm Durchmesse­r. Bevor man ans Werk schreitet, sollte man sich im Klaren sein, dass das umlenken von Sat-signalen und das ausrichten der Schüssel eine ziemlich heikle Angelegenh­eit sein kann, die nicht in allen Fällen von Erfolg gekrönt sein muss.

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