Interessenabwägung
Das Gegenüberstehen der gegensätzlichen Interessen von Mieter und Vermieter erfordert stets eine genaue Betrachtung und Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalls. Da sowohl das Eigentumsrecht des Vermieters an der auch optisch ungeschmälerten Erhaltung des Wohnhauses als auch die Informationsinteressen des Mieters an der Nutzung zugänglicher Informationsquellen durch Grundrechte geschützt sind, von denen keines dem anderen generell vorgeht, hängt die Entscheidung davon ab, welche Beeinträchtigung im Rahmen des vom Gesetzgeber abstrakt vorgenommenen Interessenausgleichs im konkreten Fall schwerer wiegt. Dabei wird das Interesse des Vermieters, sein Eigentum möglichst unbeeinträchtigt zu wissen, umso mehr zu berücksichtigen sein, je breiter der Zugang des Mieters zu allgemeinen Informationsquellen bereits ausgestaltet ist (OLG Karlsruhe am 24.8.93). Im Regelfall wird deshalb das Vorhandensein einer Gemeinschaftsparabolantenne bewirken, dass der Mieter in seinem Recht, sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten, nicht wesentlich eingeschränkt wird, wenn ihm das Anbringen einer Parabolantenne nicht erlaubt wird (LG Baden-baden am 14.3.97). Anders wiederum wäre der Fall zu gewichten, wenn ausländische Mieter über den vorhandenen Anschluss keine Programme aus ihrem Heimatland empfangen können. Der Grundsatz, dass das Interesse ständig in Deutschland lebender Ausländer am Empfang von Rundfunkprogrammen ihrer Heimatländer bei der Abwägung zwischen Mieter- und Vermieterverlangen zu berücksichtigen ist, ist bereits durch höchstrichterliche Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts manifestiert (Bverfg am 9.2.94). Dabei kommt es auch auf die Anzahl der zu empfangenden Programme an: Kann der ausländische Mieter über den hauseigenen Kabelanschluss fünf Heimatprogramme empfangen und stört die geplante Parabolantenne am hierfür vorgesehenen Platz das Gesamtbild der Gebäudefassade, kann dem Eigentumsrecht des Vermieters nach Art. 14 GG Vorrang eingeräumt werden (BGH am 2.3.05). Ist dagegen über das Kabelnetz lediglich ein Programm in der Muttersprache des Mieters zu empfangen, so wird dies der durch das Grundgesetz geschützten Informationsfreiheit nicht gerecht mit der Folge, dass der Mieter eine eigene Satellitenanlage installieren darf (LG Coburg am 10.8.01). Auch im Falle von Wohnungseigentum statt Miete wird eine solche Interessenabwägung vorgenommen; hier steht dem Recht auf Informationsfreiheit des einzelnen Wohnungseigentümers das Recht der übrigen Wohnungseigentümer auf Unversehrtheit des gemeinsamen Eigentums gegenüber. Entsprechend ähnlich fallen die Urteile der Gerichte, welche sich mit Klagen auf Duldung bzw. Beseitigung einer Satellitenanlage durch die Eigentümergemeinschaft einer Wohnanlage zu beschäftigen hatten, aus. So entschied das LG München I am 11.7.05: Das Recht der Wohnungseigentümer auf Unversehrtheit der Fassade ihres Hauses überwiegt das Informationsinteresse einer Familie türkischstämmiger Wohnungseigentümer am Empfang ihrer Heimatprogramme, wenn über das Kabelnetz bereits sechs türkische Programme zu empfangen sind, auch wenn über eine Parabolantenne mehr Programme (hier: 20) zu empfangen wären. Einen Anspruch auf den Empfang aller existierenden Programme gibt es nicht; der finanzielle Aufwand in Höhe der monatlichen Kabelgebühren von 5,95 Euro ist auch zumutbar. Aber auch bei deutschen Mietern oder Wohnungseigentümern sind besondere Belange in die erforderliche Interessenabwägung einzubeziehen, beispielsweise berufl iche Gründe. Das LG Baden-baden (a. a. O.) maß dem Kläger aufgrund seiner Tätigkeit als politischer Auslandsjournalist ein überdurchschnittliches Informationsbedürfnis zu. Trotz einer bereits vorhandenen Gemeinschaftsparabolantenne war die Genehmigung einer eigenen Anlage zu erteilen, da der Kläger nachwies, dass er die mit der Gemeinschaftsantenne nicht empfangbaren Programme zur Ausübung seines Berufs benötigte. Ein ständiger Aufenthalt an seiner Arbeitsstelle, dem Südwestfunk, um diese Programme anzusehen (insbesondere auch abends) sei ihm nicht zuzumuten. Über die Art und Weise der Installation selbst wurde ebenfalls bereits durch Gerichte geurteilt: So muss die Installation zwar fachmännisch ausgeführt werden, der Vermieter darf jedoch den Mieter nicht verpfl ichten, dies nur durch eine von ihm bestimmte Fachfirma durchführen zu lassen. Der Mieter hat das Recht, die Firma selbst auszusuchen (AG Hannover am 16.8.98). Er hat jedoch auch die Verpfl ichtung, das Haftungsrisiko des Vermieters abzudecken und ihm auf dessen Verlangen Sicherheit für die voraussichtlichen Kosten der Wiederentfernung der Anlage zu leisten (OLG Karlsruhe am 24.8.93). Das Kostenrisiko für eine ohne Genehmigung aufgestellte Antenne trägt der Mieter, selbst wenn er eigentlich einen Anspruch auf Erteilung der Genehmigung hat. Übt der Vermieter sein Bestimmungsrecht nicht aus, kann er zur Erteilung der Genehmigung der Installation der Parabolantenne an einem von ihm zu bestimmenden Ort verurteilt werden (LG Stuttgart am 30.7.98).