Wettbewerb: Plant Freenet TV eine Satplattform?
Vor einigen Tagen ließ eine Insidermeldung auf www.digitalfernsehen.de aufhorchen: Nach vorliegenden Informationen plant Freenet TV einen Pay-tv-ableger auf der Satellitenposition Astra 19,2 Grad Ost. Bisher kümmert sich Freenet TV um den Betrieb und Ausb
Demnach soll es bei Freenet TV weit vorangeschrittene Pläne zum Start eines Konkurrenzmodells über die populäre Satellitenposition Astra geben. Erwartungsgemäß bestätigt Freenet solche Spekulationen zwar nicht, aber nach Insiderinformationen könnte der Start sogar schon zur IFA 2017 verkündet werden. Wie zu erwarten löste die Meldung eine kontroverse Diskussion im Forum aus. Hier reichten die Meinungen von kompletter Ablehnung bis hin zu Verständnis für die Pläne. Auch wenn es sich ausdrücklich um Spekulationen handelt, ist die Überlegung interessant. Denn damit würden gleich zwei elementare Veränderungen eintreten: Der bisher alleinige Vermarkter der hochauflösenden Privatsender HD Plus bekäme einen ernstzunehmenden Mitbewerber mit inzwischen gewachsener Erfahrung bei der Ausstrahlung über DVB-T2 und außerdem würde damit erstmals die HEVC-KOMprimierung über Astra auch für Hd-programme zum Einsatz kommen. Grund genug, einmal die möglichen Vorteile und auch Risiken einer solchen Neuaufschaltung zu analysieren.
HEVC über Satellit
Neu ist die Ausstrahlung im effektiven Codec HEVC über Satellit nicht, senden schließlich die Uhd-sender in diesem Standard. Doch natürlich ist der Komprimierungsstandard, auch H.265 genannt, auch abwärtskompatibel und kann beispielsweise bei der Ausstrahlung von Hd-sendern zum Einsatz kommen. Beim terrestrischen Digitalfernsehen DVB-T2 HD ist dies in Deutschland der Fall. Dort werden alle Hd-sender in voller Hd-auflösung ( 1 920 × 1 280 Bildpunkte) mit 50 Vollbildern ausgestrahlt. Das entspricht 1 080p. Dagegen gibt es die Privatsender über Satellit „nur“in 1 080i. Also in der gleichen Auflösung, aber mit 50 Halbbildern, die erst vom Flachbildfernseher zu Vollbildern zusammengesetzt werden. Dieses eigentlich heutzutage überflüssige Übertragungsverfahren stammt noch aus Zeiten der Röhrenfernseher, wo bandbreitenbedingt erst jede gerade Zeile und anschließend jede ungerade Zeile auf den Fernseher übertragen wurde. Das Ganze passiert 50 mal in der Sekunde und ist aufgrund der Trägheit des menschlichen Auges und durch Nachleuchteffekte der Tv-gerätes nicht mehr als Flimmern zu erkennen. Da die Sendeabwicklung aller Anbieter derzeit gar kein 1 080 p ausgeben kann, bedient man sich bei DVB-T2 eines Tricks: Das eigentlich in Halbbildern vorliegende Signal wird vor der Ausstrahlung bereits zu Vollbildern zusammengefügt und dann ausgestrahlt. Technisch nimmt man damit einen Prozess vorweg, der ohnehin
in jedem Flachbildfernseher durchgeführt werden muss. Das Argument des besseren Bildes im Vergleich zu HD Plus ist also eher vorgeschoben.
Effektivere Übertragung
Viel interessanter ist die Effektivität von H.265 im Vergleich zum derzeit bei HD zumeist eingesetzten H.264. Denn durch die deutlich bessere Komprimierung reduziert sich die Datenmenge um bis zu 70 Prozent, wie wir bereits in der Ausgabe 6 auf Seite 96 herausgefunden hatten. Das spart beim Nutzer Platz auf der Festplatte, ermöglicht aber auch deutlich mehr Sender pro Transponder. Dazu ein Rechenbeispiel: HD Plus belegt derzeit fünf Transponder auf Astra, vier Transponder sind fast ausschließlich mit Hd-programmen belegt. Der fünfte Transponder dient der Uhd-testausstrahlung. Zusammen werden über die vier Transponder 22 Sender in HD ausgestrahlt. Diese Sender würden alle zusammen auf einen einzigen Transponder passen, wenn man sich die Effektivität von HEVC anschaut. Statt im Schnitt sieben Sendern würden demzufolge bei einer Symbolrate von 22 000 Megasymbols pro Sekunde je nach Datenrate um die 22 Sender passen. Selbst wenn Freenet TV den Transponder nicht bis zum Anschlag belegt… die Reduzierung auf einen statt vier Transponder wäre eine durchaus denkbare Aktion. Von möglichen Sonderkonditionen bei Astra für leerstehende Transponder einmal abgesehen: Die Kosten für die Transpondermiete würde höchstens ein Viertel betragen. Eine deutlich wirtschaftlichere Übertragungsmöglichkeit, die allerdings einen Haken hat.
Receiver mit HEVC erforderlich
Denn kaum ein derzeit verfügbarer Hd-receiver ist in der Lage, HEVC darzustellen. Ganz zu schweigen von den Digitalreceivern, die schon seit mehreren Jahren in den Haushalten stehen. Nur einige wenige aktuelle Modelle sind in der Lage, auch H.265 zu empfangen. Anders sieht es bei Uhd-geräten aus. Jeder UHD-DIGItalreceiver könnte auch Hd-sender über Satellit wiedergeben. Doch das Potential durfte noch gering sein, denn nur wenige Interessierte dürften mittlerweile schon eines dieser High-end-modelle bei sich stehen haben. Deutlich größer dürfte die Zahl der Flachbildfernseher mit UHD an Bord sein. Doch auch hier muss zuerst in die technischen Spezifikationen geschaut werden. Viele Geräte älteren Datums können vom Panel her zwar UHD darstellen, haben aber noch keinen HEVC-TUNER an Bord.
Würde es sich lohnen?
Das ist die spannende Frage, die sich Freenet TV sicherlich schon gestellt haben wird. Wie groß ist die Marktdurchdringung mit tauglichen Empfangsgeräten? Nach unserer Meinung dürfte diese noch relativ gering sein und von den Haushalten werden sich natürlich auch nicht alle sofort auf ein solches Angebot stürzen. Das wäre dann im Übrigen auch eine Frage des Preises: Wirklich Kunden locken könnte Freenet sicherlich nur mit einem günstigeren Monatspreis im Vergleich zu HD Plus. Ein weiteres Lockmittel wären natürlich auch exklusive Inhalte. Also Sender, die nicht oder nicht mehr in anderen Pay-tv-paketen enthalten sind. Beispielsweise die zahlreichen Drittsender, die den Pay-tv-anbieter Sky in den letzten Monaten verlassen haben. Diese könnten in einem Freenet-paket durchaus eine neue Heimat finden. Vielleicht würde dann auch endlich TNT Film in HD aufgeschaltet, ein Wunsch, den sicherlich viele Nutzer haben. Bliebe noch die Frage, wie Freenet TV das in Bezug auf die Verschlüsselungstechnik umsetzen könnte.
Möglicherweise Ci-plus
Nach unseren Überlegungen dürfte dabei Ci-plus am ehesten in Frage kommen. Hier liegen gleich mehrere Vorteile auf der Hand. Zum einen verfügt nahezu jedes aktuelle Gerät inklusive Fernsehgeräten über diesen Port. Und Freenet TV hat bereits ein passendes Modul im Angebot. Dieses ist derzeit zwar ausschließlich für DVB-T2 vorgesehen, lässt sich aber problemlos bei Übernahme der Verschlüsselung auf Astra übernehmen. Das hätte für Kunden dann einen weiteren Vorteil: Mit dem Modul wäre bei dieser Konstellation dann die Entschlüsselung sowohl terrestrisch als auch über Satellit möglich. Wir sind jedenfalls gespannt, wie sich dieses Thema weiterentwickelt.