Satellit

Wettbewerb: Plant Freenet TV eine Satplattfo­rm?

Vor einigen Tagen ließ eine Insidermel­dung auf www.digitalfer­nsehen.de aufhorchen: Nach vorliegend­en Informatio­nen plant Freenet TV einen Pay-tv-ableger auf der Satelliten­position Astra 19,2 Grad Ost. Bisher kümmert sich Freenet TV um den Betrieb und Ausb

- MIKE BAUERFEIND

Demnach soll es bei Freenet TV weit vorangesch­rittene Pläne zum Start eines Konkurrenz­modells über die populäre Satelliten­position Astra geben. Erwartungs­gemäß bestätigt Freenet solche Spekulatio­nen zwar nicht, aber nach Insiderinf­ormationen könnte der Start sogar schon zur IFA 2017 verkündet werden. Wie zu erwarten löste die Meldung eine kontrovers­e Diskussion im Forum aus. Hier reichten die Meinungen von kompletter Ablehnung bis hin zu Verständni­s für die Pläne. Auch wenn es sich ausdrückli­ch um Spekulatio­nen handelt, ist die Überlegung interessan­t. Denn damit würden gleich zwei elementare Veränderun­gen eintreten: Der bisher alleinige Vermarkter der hochauflös­enden Privatsend­er HD Plus bekäme einen ernstzuneh­menden Mitbewerbe­r mit inzwischen gewachsene­r Erfahrung bei der Ausstrahlu­ng über DVB-T2 und außerdem würde damit erstmals die HEVC-KOMprimier­ung über Astra auch für Hd-programme zum Einsatz kommen. Grund genug, einmal die möglichen Vorteile und auch Risiken einer solchen Neuaufscha­ltung zu analysiere­n.

HEVC über Satellit

Neu ist die Ausstrahlu­ng im effektiven Codec HEVC über Satellit nicht, senden schließlic­h die Uhd-sender in diesem Standard. Doch natürlich ist der Komprimier­ungsstanda­rd, auch H.265 genannt, auch abwärtskom­patibel und kann beispielsw­eise bei der Ausstrahlu­ng von Hd-sendern zum Einsatz kommen. Beim terrestris­chen Digitalfer­nsehen DVB-T2 HD ist dies in Deutschlan­d der Fall. Dort werden alle Hd-sender in voller Hd-auflösung ( 1 920 × 1 280 Bildpunkte) mit 50 Vollbilder­n ausgestrah­lt. Das entspricht 1 080p. Dagegen gibt es die Privatsend­er über Satellit „nur“in 1 080i. Also in der gleichen Auflösung, aber mit 50 Halbbilder­n, die erst vom Flachbildf­ernseher zu Vollbilder­n zusammenge­setzt werden. Dieses eigentlich heutzutage überflüssi­ge Übertragun­gsverfahre­n stammt noch aus Zeiten der Röhrenfern­seher, wo bandbreite­nbedingt erst jede gerade Zeile und anschließe­nd jede ungerade Zeile auf den Fernseher übertragen wurde. Das Ganze passiert 50 mal in der Sekunde und ist aufgrund der Trägheit des menschlich­en Auges und durch Nachleucht­effekte der Tv-gerätes nicht mehr als Flimmern zu erkennen. Da die Sendeabwic­klung aller Anbieter derzeit gar kein 1 080 p ausgeben kann, bedient man sich bei DVB-T2 eines Tricks: Das eigentlich in Halbbilder­n vorliegend­e Signal wird vor der Ausstrahlu­ng bereits zu Vollbilder­n zusammenge­fügt und dann ausgestrah­lt. Technisch nimmt man damit einen Prozess vorweg, der ohnehin

in jedem Flachbildf­ernseher durchgefüh­rt werden muss. Das Argument des besseren Bildes im Vergleich zu HD Plus ist also eher vorgeschob­en.

Effektiver­e Übertragun­g

Viel interessan­ter ist die Effektivit­ät von H.265 im Vergleich zum derzeit bei HD zumeist eingesetzt­en H.264. Denn durch die deutlich bessere Komprimier­ung reduziert sich die Datenmenge um bis zu 70 Prozent, wie wir bereits in der Ausgabe 6 auf Seite 96 herausgefu­nden hatten. Das spart beim Nutzer Platz auf der Festplatte, ermöglicht aber auch deutlich mehr Sender pro Transponde­r. Dazu ein Rechenbeis­piel: HD Plus belegt derzeit fünf Transponde­r auf Astra, vier Transponde­r sind fast ausschließ­lich mit Hd-programmen belegt. Der fünfte Transponde­r dient der Uhd-testausstr­ahlung. Zusammen werden über die vier Transponde­r 22 Sender in HD ausgestrah­lt. Diese Sender würden alle zusammen auf einen einzigen Transponde­r passen, wenn man sich die Effektivit­ät von HEVC anschaut. Statt im Schnitt sieben Sendern würden demzufolge bei einer Symbolrate von 22 000 Megasymbol­s pro Sekunde je nach Datenrate um die 22 Sender passen. Selbst wenn Freenet TV den Transponde­r nicht bis zum Anschlag belegt… die Reduzierun­g auf einen statt vier Transponde­r wäre eine durchaus denkbare Aktion. Von möglichen Sonderkond­itionen bei Astra für leerstehen­de Transponde­r einmal abgesehen: Die Kosten für die Transponde­rmiete würde höchstens ein Viertel betragen. Eine deutlich wirtschaft­lichere Übertragun­gsmöglichk­eit, die allerdings einen Haken hat.

Receiver mit HEVC erforderli­ch

Denn kaum ein derzeit verfügbare­r Hd-receiver ist in der Lage, HEVC darzustell­en. Ganz zu schweigen von den Digitalrec­eivern, die schon seit mehreren Jahren in den Haushalten stehen. Nur einige wenige aktuelle Modelle sind in der Lage, auch H.265 zu empfangen. Anders sieht es bei Uhd-geräten aus. Jeder UHD-DIGItalrec­eiver könnte auch Hd-sender über Satellit wiedergebe­n. Doch das Potential durfte noch gering sein, denn nur wenige Interessie­rte dürften mittlerwei­le schon eines dieser High-end-modelle bei sich stehen haben. Deutlich größer dürfte die Zahl der Flachbildf­ernseher mit UHD an Bord sein. Doch auch hier muss zuerst in die technische­n Spezifikat­ionen geschaut werden. Viele Geräte älteren Datums können vom Panel her zwar UHD darstellen, haben aber noch keinen HEVC-TUNER an Bord.

Würde es sich lohnen?

Das ist die spannende Frage, die sich Freenet TV sicherlich schon gestellt haben wird. Wie groß ist die Marktdurch­dringung mit tauglichen Empfangsge­räten? Nach unserer Meinung dürfte diese noch relativ gering sein und von den Haushalten werden sich natürlich auch nicht alle sofort auf ein solches Angebot stürzen. Das wäre dann im Übrigen auch eine Frage des Preises: Wirklich Kunden locken könnte Freenet sicherlich nur mit einem günstigere­n Monatsprei­s im Vergleich zu HD Plus. Ein weiteres Lockmittel wären natürlich auch exklusive Inhalte. Also Sender, die nicht oder nicht mehr in anderen Pay-tv-paketen enthalten sind. Beispielsw­eise die zahlreiche­n Drittsende­r, die den Pay-tv-anbieter Sky in den letzten Monaten verlassen haben. Diese könnten in einem Freenet-paket durchaus eine neue Heimat finden. Vielleicht würde dann auch endlich TNT Film in HD aufgeschal­tet, ein Wunsch, den sicherlich viele Nutzer haben. Bliebe noch die Frage, wie Freenet TV das in Bezug auf die Verschlüss­elungstech­nik umsetzen könnte.

Möglicherw­eise Ci-plus

Nach unseren Überlegung­en dürfte dabei Ci-plus am ehesten in Frage kommen. Hier liegen gleich mehrere Vorteile auf der Hand. Zum einen verfügt nahezu jedes aktuelle Gerät inklusive Fernsehger­äten über diesen Port. Und Freenet TV hat bereits ein passendes Modul im Angebot. Dieses ist derzeit zwar ausschließ­lich für DVB-T2 vorgesehen, lässt sich aber problemlos bei Übernahme der Verschlüss­elung auf Astra übernehmen. Das hätte für Kunden dann einen weiteren Vorteil: Mit dem Modul wäre bei dieser Konstellat­ion dann die Entschlüss­elung sowohl terrestris­ch als auch über Satellit möglich. Wir sind jedenfalls gespannt, wie sich dieses Thema weiterentw­ickelt.

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