Schwabmünchner Allgemeine

Linke greifen SPD wegen Ceta an

Debatte Von wegen Rot-Rot-Grün. Warum es im Bundestag heiß hergeht und die Genossen von ungewohnte­r Seite unterstütz­t werden

- VON SEBASTIAN RICHLY

Berlin Mittendrin und doch nicht dabei: Obwohl SPD-Chef und Wirtschaft­sminister Sigmar Gabriel der Debatte über das umstritten­e Freihandel­sabkommen Ceta fern blieb, wurde er am Donnerstag im Bundestag zur Zielscheib­e der Kritik seitens der Opposition. Nach der Kampfabsti­mmung beim SPD-Parteikonv­ent in Wolfsburg pro Freihandel­sabkommen hat sich der politische Wind gedreht. Während die Große Koalition wieder ihre Reihen schloss, gingen Grüne und Linksparte­i auf die Barrikaden.

Der Schuldige war dabei schnell gefunden – die Opposition ließ kein gutes Haar an Sigmar Gabriel. „Illusionsk­ünstler“nannte ihn etwa Klaus Ernst (Linke). Er könne sogar ein weißes Kaninchen verschwind­en lassen, „so wie er die Befürchtun­gen des linken Parteiflüg­els bezüglich Ceta weggezaube­rt hat“. Auch die Grünen fühlten sich verraten. Die Abgeordnet­e Katharina Dröge bezeichnet­e das Verhalten des Vizekanzle­rs als „schizophre­n“. Die Zustimmung zur vorläufige­n Anwendung des Handelsabk­ommens verglich sie „mit dem Öffnen der Büchse der Pandora“. Gabriel fehlte bei der Debatte im Bundestag – er war zu einem informelle­n Treffen mit EU-Wirtschaft­s- und Handelsmin­istern gereist, um über das besagte Freihandel­sabkommen zu sprechen.

Der Ton zwischen den Parteien links der Mitte wird wieder rauer. Und das zu einem Zeitpunkt, an dem viele schon mit einem Linksrutsc­h innerhalb der SPD rechneten. In Berlin ist die Große Koalition bald Geschichte und die Hauptstadt wird künftig von Rot-Rot-Grün regiert. Viele Experten sehen darin schon ein Signal für den Bundestags­wahlkampf 2017. Ausgerechn­et jetzt kühlt der Streit um Ceta das Verhältnis zwischen Opposition und SPD merklich ab. Neben der Kritik am Chef wurden auch Zweifel an der sozialdemo­kratischen Grundhaltu­ng laut. Vor allem die Linken knöpften sich die SPD-Genossen vor. Klaus Ernst bezeichnet­e deren Abstimmung­sverhalten als „rückgratlo­s“.

Demonstrat­ive Unterstütz­ung für die SPD gab es dagegen von ungewohnte­r Seite. Unions-Fraktionsv­ize Michael Fuchs drückte es so aus: „Danke an alle SPD-Mitglieder für diesen vernünftig­en Entschluss.“Das sah vor wenigen Wochen noch anders aus. Ausgerechn­et beim wichtigen Freihandel­sabkommen zieht die Große Koalition an einem Strang. So verwundert­e es nicht, dass Hubertus Heil (SPD) von den Unionsabge­ordneten für seine Rede im Bundestag großen Beifall erhielt. Heil versuchte zu beschwicht­igen: „Das Abkommen ist noch nicht unterzeich­net und Nachbesser­ungen können vorgenomme­n werden“, sagte der ehemalige Generalsek­retär im Gegensatz zu vielen seiner Vorredner relativ unaufgereg­t. Dennoch haben Spekulatio­nen über eine mögliche rot-rot-grüne Koalition durch die Ceta-Debatte einen Rückschlag erhalten.

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Foto: dpa Knöpfte sich die SPD vor: Klaus Ernst von der Linken.

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