Ein Sommer der verpassten Chancen
»
Es war Mitte August in der Ratiopharm-Arena: Eine ResteRampe namens deutsche Basketball-Nationalmannschaft spielte in Freundschaft gegen Polen, Finnland und Russland, an jedem der drei Turniertage kamen ein paar hundert Zuschauer. In die Halle, die seit ihrer Eröffnung vor fast fünf Jahren bei jedem Ulmer Bundesligaspiel mit 6200 Besuchern ausverkauft war. Der deutsche Basketball hat in den Monaten vor dem Liga-Neustart am Wochenende kläglich die Chance versemmelt, sich aus seiner medialen und öffentlichen Aufmerksamkeitsnische zu arbeiten.
In den konkurrierenden Sportarten hat man kapiert, dass die Nationalmannschaften eine Art Lokomotive für die Vereine sind. Die Eishockeyspieler sind bei den Olympischen Spielen 2018 dabei, in der Qualifikation haben alle sieben NHL-Profis die Knochen für Deutschland hingehalten. Die Handballer sind Europameister und sie haben in Rio Bronze gewonnen. Dabei zugeschaut und darüber gefreut haben sich auch Menschen, die zumindest bis dahin mit Eishockey oder Handball eher wenig am Hut hatten. In der neuen Saison werden einige von denen vermutlich auch mal zu einem Ligaspiel gehen.
Im Basketball dürfte das erbärmliche Bild, das der Verband DBB mit seiner Nationalmannschaft in diesem Sommer abgegeben hat, den eher gegenteiligen Effekt haben. Der NBA-Profi Dennis Schröder war schon wieder in Atlanta, bevor er richtig in Deutschland war. Center Tibor Pleiß setzte sich nach der peinlichen Niederlage gegen das Basketball-Entwicklungsland Niederlande mitten in der daher gewürgten EM-Qualifikation ebenfalls in die USA ab, um sich auf Jobsuche zu begeben. Die Bundesligaprofis hatten Bundestrainer Chris Fleming schon vorab reihenweise Körbe gegeben. Aus nicht näher definierten persönlichen Gründen, um den ausgemergelten Körper zu regenerieren oder weil die Gattin Nachwuchs erwartet. Erstaunlich, dass noch keiner auf den runden Geburtstag der Oma gekommen ist.
Ausbaden müssen das die Vereine und ein Stück weit geschieht es ihnen recht. Es wird schließlich keinerlei Druck auf die Spieler ausgeübt, sich doch bitte für die Nationalmannschaft zur Verfügung zu stellen. Der gemeinsamen Sache zuliebe und um das unschöne Image eines Söldnersports zu korrigieren.
Stattdessen ist in der Bundesliga sogar Erleichterung über die Absagen zu spüren. Dann fehlt zumindest kein Spieler bei der Saisonvorbereitung und es verletzt sich keiner bei der Nationalmannschaft. Aber es wird sich halt auch außerhalb der Hochburgen kaum jemand für die Sportart Basketball interessieren.