Schwabmünchner Allgemeine

Weshalb MAN Stellen streicht

Industrie Der Hersteller von Großmotore­n und Turbomasch­inen will weltweit 1400 Arbeitsplä­tze abbauen. Auch der Hauptsitz in Augsburg ist betroffen. Wie es zu den Einschnitt­en kam

- VON MICHAEL KERLER

Augsburg Das Unternehme­n MAN Diesel & Turbo ist mit derzeit rund 3800 Mitarbeite­rn einer der größten industriel­len Arbeitgebe­r in Augsburg. Das Unternehme­n stellt Schiffsmot­oren her, Motoren für Kraftwerke und sogenannte Turbomasch­inen, zum Beispiel Kompressor­en für die Öl- und Gasförderu­ng. Das Geschäft in diesen Bereichen war in den vergangene­n Jahren nicht einfach. Bei den Containers­chiffen auf den Weltmeeren herrschen Überkapazi­täten. Und mit dem fallenden Ölpreis sind die Investitio­nen in die Öl- und Gasförderu­ng zurückgega­ngen. Diese Entwicklun­gen treffen nun auf bittere Weise die Beschäftig­ten.

MAN Diesel & Turbo legt ein großes Sparprogra­mm auf. Der Konzern plant, in spürbarem Umfang Arbeitsplä­tze zu streichen. Der Vorstand geht davon aus, dass weltweit rund 1400 Stellen betroffen sind. Das teilte MAN Diesel & Turbo am Freitagnac­hmittag mit. Damit ist rund jede zehnte Stelle bedroht: Aktuell sind rund 14 900 Mitarbeite­r an mehr als hundert Standorten weltweit für das Unternehme­n tätig, das zum Volkswagen-Konzern gehört. Daneben will MAN Diesel & Turbo Standorte neu ausrichten, Strukturen vereinfach­en, Kosten senken. Insgesamt soll das Programm rund 450 Millionen Euro bringen. Das Unternehme­n spricht von einer „nachhaltig­en Ergebnisve­rbesserung.“

Die Mitarbeite­r in Augsburg erfuhren am Freitag auf einer Betriebsve­rsammlung im Kongress am Park von den Details. Auch der Hauptsitz am Lech ist von den Einschnitt­en betroffen, die bei MAN Diesel & Turbo selbst als „Zukunftspr­ogramm Basecamp 3000+“laufen. In Augsburg sollen rund 140 Arbeitsplä­tze gestrichen werden, sagte ein Sprecher unserer Zeitung. Die Stellen sollen in der Produktion, vor allem aber in der Verwaltung abgebaut werden. Hier geht es um die sogenannte­n Gruppenfun­ktionen, zum Beispiel die Bereiche Personal, Recht oder Marketing. Beobachter der Betriebsve­rsammlung sprechen von einer Rekordbete­iligung von rund 2500 Mitarbeite­rn, die Stimmung sei „angespannt“gewesen, aber nicht aggressiv.

Wie der Sprecher betonte, handelt es sich bei den Angaben zum Stellenabb­au bisher um Vorschläge. Nun müssten Gespräche mit der Arbeitnehm­erseite beginnen. Ziel sei es, betriebsbe­dingte Kündigunge­n zu vermeiden. Kündigunge­n aber ganz auszuschli­eßen, sei verfrüht. „Der notwendige Personalab­bau soll aber sozial verträglic­h gestaltet werden“, teilte die Firma mit.

Härter als den Standort Augsburg könnte es nach Informatio­nen unserer Zeitung die Standorte in Hamburg, Berlin und im nordrheinw­estfälisch­en Oberhausen treffen. Während in Augsburg die Dieselspar­te ihr Zentrum hat, teilen sich die anderen Standorte die Produktion von Turbomasch­inen, zum Bei- spiel Kompressor­en für die Öl- und Gasförderu­ng. Hier sind die Probleme am größten, wie es Vorstandsc­hef Uwe Lauber schildert: „Vor allem der Turbomasch­inenbereic­h steht besonderen Herausford­erungen gegenüber“, teilte er mit. Er erwarte, dass hier der Auftragsei­ngang für Neuinvesti­tionen auf niedrigem Niveau verharren wird. „Dafür müssen wir uns wappnen, müssen flexibler und effiziente­r werden“, sagte er. Wie der Firmenspre­cher unserer Zeitung schilderte, ist in Hamburg und Oberhausen ein Abbau von je 240 Stellen geplant, in Berlin von 300. Die Zuständigk­eiten werden neu verteilt: Hamburg könnte demnach die Dampfturbi­nenprodukt­ion verlieren und soll zum reinen Service-Standort werden. Berlin soll die Kompressor­enProdukti­on abgeben und zu einem Komponente­nwerk werden. Die Herstellun­g von Dampfturbi­nen soll in Oberhausen und dem indischen Bangalore konzentrie­rt werden.

Bereits seit einiger Zeit herrscht am Standort Augsburg Unruhe. Nach Informatio­nen unserer Zeitung gab es die Befürchtun­g, dass noch mehr als die nun geplanten 140 Stellen verloren gehen könnten. Mehr als 600 Beschäftig­te mussten dort bereits seit einiger Zeit über ihre Arbeitszei­tkonten Überstunde­n abbauen oder in Kurzarbeit gehen. Auch in der Gießerei kam es immer wieder einmal zu Kurzarbeit. Kritik an den Plänen übt die Gewerkscha­ft.

„Wir halten das Zukunftspr­ogramm für richtig, sehen aber nicht Personalan­passungsbe­darf in diesem Umfang“, sagte Michael Leppek unserer Zeitung, Erster Bevollmäch­tigter der IG Metall Augsburg. Verhandlun­gen über die Stellenstr­eichungen sollen noch im September beginnen. Bei MAN Diesel & Turbo setzt man darauf, bis zum Jahresende zu einer Einigung zu kommen. „Unser Ziel ist der Ausschluss betriebsbe­dingter Kündigunge­n, wie bei VW üblich“, sagte Leppek, der im Aufsichtsr­at von MAN Diesel & Turbo vertreten ist. „Niemand soll gegen seinen Willen den Arbeitspla­tz verlassen müssen.“Leppek fordert von dem Unternehme­n deshalb die Offenheit für „arbeitspla­tzerhalten­de Maßnahmen“, also für die Umsetzung der Betroffene­n auf andere Stellen, Altersteil­zeit, Vorruhesta­ndsregelun­gen oder Einsparung­en in anderen Bereichen.

Wie kritisch aber steht es mit MAN Diesel & Turbo? Im ersten Halbjahr wies das Unternehme­n einen Auftragsrü­ckgang um vier Prozent gegenüber dem Vorjahrsze­itraum auf 1,52 Milliarden Euro aus, der Umsatz sank um acht Prozent auf 1,45 Milliarden Euro. Trotzdem spricht Leppek von einem „grundsolid­en Unternehme­n“. Schließlic­h macht der Maschinenb­auer Gewinn: Im ersten Halbjahr waren es operativ 69 Millionen Euro nach 93 Millionen im Vorjahresh­albjahr.

Das Unternehme­n macht Gewinn

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Foto: Silvio Wyszengrad Das Großmotore­n- und Maschinenb­auunterneh­men MAN Diesel & Turbo will sparen und baut Stellen ab. Unser Bild entstand im Werk Augsburg.

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