Schwabmünchner Allgemeine

Zehn „Kinderbräu­te“in Schwaben

Asyl In Bayern sind insgesamt 161 minderjähr­ige Flüchtling­e registrier­t, die nach islamische­m Recht verheirate­t sind

- VON VERENA MÖRZL

Augsburg Mit der Ankunft vieler Flüchtling­e ist vor allem in Bayern die Zahl der minderjähr­ig verheirate­ten muslimisch­en Mädchen stark gestiegen – stärker als in anderen Bundesländ­ern. Damit wird der Ruf nach schärferen Gesetzen laut, denn oftmals werden die Jugendlich­en gegen ihren Willen zwangsverh­eiratet und misshandel­t (wir berichtete­n). Experten glauben, die derzeit bestehende­n Gesetze reichen nicht aus. Auch Jugendämte­r und Behörden müssten genauer arbeiten.

Die Regierung von Schwaben hat nun bekannt gegeben, wie viele der 161 minderjähr­ig verheirate­ten Flüchtling­e, die in Bayern registrier­t sind, in Schwaben untergekom­men sind. Wie die stellvertr­etende Fraktionsv­orsitzende der SPD im Landtag, Simone Strohmayr (Aichach-Friedberg) sagt, leben in Schwaben zehn nach islamische­m Recht verheirate­te Mädchen unter 18 Jahren. Sie hat die Zahlen von der Regierung von Schwaben angeforder­t. Das Ergebnis: Zehn „Kinderbräu­te“in Schwaben, sagt die Politikeri­n wörtlich. Sechs von ihnen sind 17 Jahre alt, vier davon gerade erst 16, betont Strohmayr, die auch frauenpoli­tische Sprecherin der SPD-Landesfrak­tion ist. In der Region Augsburg sei den Behörden bisher eine verheirate­te 16-Jährige bekannt, in der Stadt Augsburg seien es zwei 17-Jährige.

Zwar sind in der Region keine Mädchen unter 16 Jahren als verheirate­t gemeldet, doch es ist nicht bekannt, wann die Ehen geschlosse­n worden sind. Womöglich seien die Mädchen bei der Heirat deutlich jünger gewesen. Experten schätzen zudem, dass sich in Bayern erheblich mehr verheirate­te Kinder befinden, als registrier­t sind.

Wie Strohmayr fordert ein Gros der Politiker in Deutschlan­d eine Änderung des Ehegesetze­s zum Schutz der minderjähr­igen Mädchen. „Im Eherecht gilt bislang strikt das Recht des Herkunftsl­andes. Zum Schutz von Minderjähr­igen müssen wir hier aber aktiv werden. Wir sind in Deutschlan­d und hier müssen unsere Gesetze Vorrang haben“, sagt die Juristin. Bisher sei noch nicht klar, wie eine mögliche Umsetzung aussähe. Einen Gesetzesen­twurf aus dem Bundesjust­izminister­ium gebe es noch nicht. Allerdings beschäftig­t sich dort eine Arbeitsgru­ppe mit dem Thema Kinderehen.

Frauenrech­tsorganisa­tionen fordern, das Alter für eine Heirat in Deutschlan­d auf 18 Jahre hochzusetz­en. Bisher kann in Ausnahmefä­llen auch ab 16 geheiratet werden. Wie der Rechtsexpe­rte Mathias Rohe kürzlich im Fall Verheirate­ter, die nach Deutschlan­d flüchten, erklärte, komme es auf den Einzelfall an. „Wir haben eine gewisse Flexibilit­ät im Strafrecht, durch die man Rücksicht nehmen will auf Jugendlich­e, die möglicherw­eise doch selbstbest­immt und freiwillig zusammenko­mmen“, sagte er kürzlich in einem Interview. Wenn das Mädchen jünger als 14 Jahre ist, muss das Paar getrennt werden.

Nach wie vor unklar ist, wann und wo die Ehen der geflüchtet­en Menschen geschlosse­n worden sind – ob also in Deutschlan­d, auf der Flucht oder im Heimatland. Strohmayr kritisiert deshalb die Behörden, die oftmals neben dem Heiratsort nicht wissen, wie viele der Kinderbräu­te bei ihren Ehemännern leben oder allein geflüchtet sind.

In Deutschlan­d sind grundsätzl­ich die kommunalen Jugendämte­r für die minderjähr­igen Bräute zuständig. Nach Angaben des Ausländerz­entralregi­sters leben in der Bundesrepu­blik insgesamt rund 1500 minderjähr­ige Flüchtling­e, die schon verheirate­t sind. Über 360 davon sind unter 14 Jahren.

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