Schwabmünchner Allgemeine

Wenn die Trainerstü­hle wackeln

- VON RENÉ LAUER lare@augsburger-allgemeine.de

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Einmal Narrenfrei­heit haben, das wünscht sich doch jeder. Endlich keinen Ärger mehr wegen vergeigter Aufträge vom Chef bekommen. Oder als echter Traditions­fan zugeben, dass man RB Leipzig eigentlich doch ganz in Ordnung findet, ohne mit Bullenköpf­en beworfen zu werden.

Bruno Labbadia befindet sich in dieser Situation. Sein Handeln wird seine berufliche Zukunft kaum beeinfluss­en. Der HSV-Trainer empfängt am Samstag den FC Bayern. Entweder Labbadia macht es wie in den letzten Partien gegen den FCB, geht völlig unter und wird entlassen. Oder seine Mannschaft ringt die Bayern in der letzten Minute der Nachspielz­eit nieder – und Labbadia fliegt etwas später raus. Denn Hamburg stolpert seit vergangene­r Saison erfolglos durch die Liga. Zu wenig für ein Team mit diesem Budget.

Stellt sich nur die Frage, was Labbadia mit seiner Narrenfrei­heit anfängt. Sich beim HSV für das nette Abschiedss­piel gegen seinen ExKlub zu bedanken und dann selbst die Schuhe zu schnüren, wäre eine Möglichkei­t.

Ob Markus Weinzierl genauso sorgenfrei schlafen kann wie Bruno Labbadia? Vermutlich geistert die schwarze Null, die hinter Schalke in der Tabelle steht, pausenlos durch den Kopf des ExAugsburg­ers, sobald er die Augen schließt. Was Wolfgang Schäuble gefallen würde, geht bei Weinzierl als Albtraum durch. Immerhin hat er mit Manager Christian Heidel jemanden, der seinen Stuhl festhält und ihm Zeit gibt.

Dass Geduld sich nicht immer auszahlt, hat das Beispiel Viktor Skripnik in Bremen gezeigt. So richtig lief es mit ihm nie bei Werder, trotzdem durfte er fast zwei Jahre bleiben. Jetzt war nach drei Spieltagen Schluss. Wenigstens einmal Erster sein, mag sich Sportchef Frank Baumann gedacht haben.

Zum Saisonbegi­nn liegen die Nerven blank, vor allem wenn es nicht läuft. Lieber jetzt etwas verändern, bevor es zu spät ist. Das gilt auch in der zweiten Liga. Jos Luhukay konnte sich mit den Stuttgarte­r Bossen nicht auf ein Konzept einigen und ging. Alois Schwartz, mit Fast-Aufsteiger Nürnberg ganz unten in der Tabelle, könnte bald arbeitslos sein. Das frühe Ziehen der Reißleine bei Werder hat die Trainer nervös gemacht.

Roger Schmidt, mit Leverkusen mäßig in die Saison gestartet, rief die Vereine dazu auf, der Hektik zu trotzen und geduldig zu bleiben. Neben ihm sitzt auch der Wolfsburge­r Dieter Hecking nicht mehr fest im Sattel. Die Trainer der ambitionie­rten Vereine lernen gerade, was Christian Streich schon längst erkannt hat: Die gepolstert­e Bank des Großklubs wackelt schneller als der klapprige Holzstuhl in Freiburg.

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