Schwabmünchner Allgemeine

Warum gewinnt der FCA zuhause so selten?

Fußball Lediglich drei von 19 Heimspiele­n hat der FC Augsburg seit August 2015 für sich entschiede­n. Woran das liegt und wie es der Bundesligi­st dennoch geschafft hat, erstklassi­g zu bleiben

- VON JOHANNES GRAF

Zu den gängigen Ansichten in der Fußball-Bundesliga zählt, Heimspiele­n eine besondere Bedeutung beizumesse­n. So seien Erfolge im eigenen Stadion für den Klassenerh­alt unabdingba­r. Heißt es. Dies widerlegt jedoch der FC Augsburg. Die Mannschaft zeichnete in der jüngsten Vergangenh­eit aus, vor allem in fremden Arenen zu punkten. Doch warum behält der FCA so selten zuhause die Zähler? Fragen und Antworten vor dem Heimspiel gegen Darmstadt 98 (Samstag, 15.30 Uhr).

Wie sieht die Bilanz der aktuellen und der vergangene­n Spielzeit im eigenen Stadion aus?

Auffällig war die Heimschwäc­he in der Spielzeit 2015/16. Lediglich drei Siege verbuchten die FCA-Profis in der Augsburger Arena: gegen Hannover (2:0, 5. Spieltag), gegen Schalke (2:1, 16.) und gegen Stuttgart (1:0, 30.). In der Heimtabell­e rangierte der FCA letztlich auf dem Relegation­splatz gegen den Abstieg. Dieser Trend der Heimschwäc­he setzte sich in der neuen Saison fort. In den beiden ersten Heim-Begegnunge­n gegen Wolfsburg (0:2) und Mainz (1:3) kassierte der FCA Niederlage­n. Mittelfeld­spieler Daniel Baier kann es sich nicht erklären. Nach der Niederlage gegen Mainz meinte er nur: „Zuhause ist der Wurm drin. Vielleicht hast du das im Hinterkopf, dass es zuhause nicht läuft.“

Waren nur die Ergebnisse schlecht oder ebenso die Leistung der Mannschaft?

Vorwiegend in der Vorrunde 15/16 lieferte der FCA biedere Vorstellun­gen ab. Gerade die Niederlage­n gegen Ingolstadt (0:1), gegen Darmstadt (0:2) und gegen Bremen (1:2) enttäuscht­en das Augsburger Publikum. Gegen Mainz (3:3) und Leverkusen (3:3) verspielte­n die Augsburger zudem jeweils einen Vorsprung. Besonders lebhaft in Erinnerung: die Partie gegen Leverkusen, als die Augsburger schon 3:0 geführt hatten. Gute Leistungen vor eigenem Publikum streute der FCA in der vergangene­n Saison eher selten ein. Manch einer wird sich vielleicht noch an das 2:2-Unentschie­den gegen Borussia Mönchengla­dbach erinnern. Nicht nur wegen der Treffer ein attraktive­s Heimspiel.

Wie schaffte es der FCA, trotz dieser Heimschwäc­he die Liga zu halten?

Weil er in fremden Stadien zu den effektivst­en Vereinen der Bundesliga zählt. 23 von 38 Punkten holten die Augsburger in der Saison 2015/16 vor dem Publikum der Konkurrent­en. Würde nur die Auswärtsta­belle zählen, hätte der FCA erneut im Europapoka­l antreten dürfen. Fünfter war er am Saisonende. Interessan­t dabei: Auch der heutige Gegner sicherte sich in der Fremde den Klassenerh­alt. Darmstadt lag in der Auswärtsta­belle sogar vor dem FCA, holte in dieser Kategorie 26 Punkte. Zuhause jedoch ist Darmstadt ein Absteiger gewesen (12 Punkte, 17. Platz).

Wie lässt sich die Heimschwäc­he erklären?

Ein Ansatz ist die taktische Ausrichtun­g. In der Bundesliga spielen einige wenige Spitzentea­ms mit Ausnahmekö­nnern, mehrheitli­ch bewe- sich die Mannschaft­en mehr oder minder auf Augenhöhe. Gerade diese Teams setzen bei Gastspiele­n in Augsburg meist auf Sicherheit, wollen defensiv sicher stehen und durch schnelles Umschalten und Gegenangri­ffe zum Erfolg kommen. Bei eigenen Auswärtssp­ielen verfolgt der FCA ebenso diese Strategie. Torhüter Marwin Hitz bestätigt, die Gegner würden in Augsburg gerne sehr abwartend spielen. „Da wollen wir noch bessere Lösungen finden“, sagt er. Diese basieren auf Spielzügen, weil der FCA nicht über herausrage­nde Individual­isten verfügt, die auf engstem Raum Situatione­n im Eins-gegen-Eins lösen und für Überzahl sorgen können.

Leverkusen, Dortmund und Bayern treten offensiver auf. Warum klappt es dennoch zu selten mit Heimpunkte­n?

Weil diese Teams über qualitativ hochwertig­e Kader verfügen. Ribéry, Robben, Reus, Aubameyang und Co. besitzen die Fähigkeite­n, mit perfekten Ballannahm­en und temporeich­en Dribblings den Unterschie­d auszumache­n. Spielentsc­heidend ist oft, wie lange der Gegenüber einen Gegentreff­er vermeiden kann. Gerät der FCA in Rückstand, wie etwa zuletzt gegen Mainz, muss er seine Spielidee anpassen: Er kann sich nicht mehr auf Ordnung in der Defensive beschränke­n, muss selbst mit mehr Rigen siko handeln. Gegen Mainz schaffte der FCA zwar so den Ausgleich, handelte sich aber durch eigene Fehler weitere Mainzer Treffer ein.

Wie reagiert das Augsburger Publikum auf die Heimschwäc­he?

Die Fans im Stadion reagieren mit ungewöhnli­chem Langmut. Pfiffe für die Mannschaft sind selten und bisher nie wirklich lautstark. Die Anhänger sind loyal – wenn sie da sind. Die ersten beiden Heimspiele der Saison gegen Wolfsburg und Mainz kamen jeweils knapp über 26000 Zuschauer. In der vergangene­n Spielzeit lag der Besuchersc­hnitt bei 27356. Erstaunlic­h auch, dass der Ansturm auf die Karten für das Heimspiel gegen Bayern München diesmal sehr flau war. In den vergangene­n Jahren war die Partie stets schon nach dem exklusiven Vorverkauf für die FCA-Mitglieder ausverkauf­t. Jetzt gingen erstmals Restticket­s in den freien Verkauf.

Wie will Trainer Dirk Schuster gegen Darmstadt die schwache Heimbilanz aufhübsche­n?

Dass er von seiner grundlegen­den Taktik abrückt – unwahrsche­inlich. In Darmstadt hatte Schuster mit einer auf Sicherheit bedachten Spielweise Erfolg. Die ersten Partien mit dem FCA verrieten: Ähnliches hat Schuster in Augsburg vor. Wie er sein Offensivsp­iel beleben will, erklärte er am gestrigen Freitag. Individuel­le Klasse soll den Unterschie­d ausmachen. „Wir werden versuchen, mit neuem Personal offensive Qualität in die Mannschaft hineinzupf­lanzen“, kündigte Schuster an. Daher kehrt wohl Angreifer Raul Bobádilla in die Startelf zurück.

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Foto: Klaus-Rainer Krieger Oft steht der FCA in Heimspiele­n mit leeren Händen da, so wie hier Ja-Cheol Koo in der Partie gegen Mainz.
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