Besonnenheit und Liebe
„Eine Stadt erlebt ihre Geschichte“unter diesem Titel lud meine Heimatstadt Nördlingen zum historischen Stadtmauerfest ein. Handwerker, Musiker, Gaukler, Tänzer, Fahnenschwinger, Soldaten und Feuerzauber entführten uns in eine vergangene Zeit. Aber auch Not, Armut, Überlebenskampf wurden gezeigt. Leben in Fülle und Leben am Rande. Manches war schön anzusehen, anderes machte nachdenklich. Früher war nicht alles besser. Manches aber könnten wir heute auch von damals lernen. Gegenseitige Hilfe und Unterstützung der Armen. Aber auch die Wirkung von Ängsten, die geschürt wurden. Menschen erhoffen sich Vorteile davon, wenn andere Ängste haben. Im Mittelalter waren es Fratzen und Höllenqualen, die Angst machten. Heute sind es von Bomben zerstörte Städte in Syrien und Bilder von Terror und Amokläufen in europäischen Städten. In der Welt habt ihr Angst, sagt Jesus, ich habe die Welt überwunden. Er behauptet nicht, dass es keine Angst mehr gibt. Er zeigt den Umgang mit der Angst auf. Sie bestimmt nicht mehr meine Entscheidungen, weil ich eine neue Sicherheit für mein Leben gefunden habe. Die befreiende Botschaft des Evangeliums konnte damals in der Reformationszeit viele Menschen aus ihren Ängsten lösen. „Du bist gerechtfertigt, du bist von Gott geliebt!“Heute fehlen anscheinend die guten Worte und die Lösungsvorschläge.
„Gott hat uns nicht gegeben den Geist der Verzagtheit, sondern den Geist der Kraft, der Liebe und der Besonnenheit“, lese ich im Timotheusbrief. Diesen Geist wünsche ich mir in den Diskussionen um Menschen, die am Rande stehen, die auf der Flucht sind. Mit Besonnenheit, Kraft und Liebe werden wir menschenfreundliche Lösungen hier bei uns und in den Ländern finden, aus denen sich die Menschen zu uns auf den Weg machen müssen, weil ihr Leben in Gefahr ist. Besonnenheit und Liebe befreien aus Ängsten um die Zukunft und schenken neue Hoffnung und Zuversicht.