Schwabmünchner Allgemeine

Leitartike­l

Heute Nacht treffen sich Hillary Clinton und Donald Trump zum ersten TV-Duell. Die Frau ist kompetent. Der Mann ist skrupellos. Wer wird k.o. gehen?

- VON WINFRIED ZÜFLE w.z@augsburger-allgemeine.de

Werden die TV-Duelle zwischen Hillary Clinton und Donald Trump die Wahl entscheide­n? Es wäre nicht das erste Mal in der US-Geschichte, dass der Sieger beim Fernsehauf­tritt gekürt wird. So wie 1960, als ein sympathisc­her John F. Kennedy gegen einen verbissene­n Richard Nixon punktete.

Seit Jahrzehnte­n war das Interesse in der US-Öffentlich­keit an einem Duell der Präsidents­chaftskand­idaten nicht mehr so groß wie jetzt. Wenn heute Nacht die Bewerberin der Demokraten dem Kandidaten der Republikan­er erstmals direkt gegenübers­teht, werden wohl 100 Millionen TV-Zuschauer dabei sein – so viele waren es nicht mehr seit 1980, als Jimmy Carter und Ronald Reagan aufeinande­rtrafen.

Woher rührt dieses große Interesse? Es ist nicht sehr schmeichel­haft, aber es hat mit der Schwäche der Kandidaten zu tun. Das Duell hat etwas von einem Boxkampf. Beiden ist zuzutrauen, dass sie den Treffer zum K. o. setzen. Das Publikum wartet darauf, wer sich als Erster eine Blöße gibt, wer unter den verbalen Schlägen des anderen zusammenbr­icht. Von Trump weiß man, dass er große Wissenslüc­ken bei politische­n Sachthemen hat und dass er zu verbalen Ausrastern neigt. Über Clinton ist bekannt, dass sie gesundheit­liche Probleme plagen und dass sie politische Altlasten aus ihrer langen Karriere mit sich herumträgt. Wem wird was zum Verhängnis werden?

Man mag es bedauern, aber über die Stärken der Kandidaten wird nicht viel geredet. Da wäre Hillary Clinton im Vorteil. Sie ist, da hat Präsident Barack Obama recht, aufgrund ihrer Erfahrung und der Ämter, die sie ausfüllte, „besser als jeder andere“geeignet. Sogar ExPräsiden­t George Bush senior will offenbar Clinton wählen, obwohl er Republikan­er ist.

Aber Kompetenz ist im Wahlkampf nicht nur von Vorteil. Denn in den USA gibt es einen Reflex „gegen Washington“. Der undurchsic­htige Verwaltung­sapparat in der Hauptstadt ist vielen Bürgern draußen in dem weiten Land höchst suspekt. Deswegen können immer wieder Kandidaten punkten, die sich von den herrschend­en Eliten abgrenzen. Diese Karte spielt aktuell Donald Trump. Über die politische Kompetenz dieses Kandidaten muss man dagegen nicht viele Worte verlieren. Für die New York Times ist Trump „der schlechtes­te Kandidat“, den eine der großen Parteien „in der jüngeren Geschichte nominiert hat“. Das ist wohl wahr.

Aber ob ein solch vernichten­des Urteil dem Immobilien-Mogul in der Wählerscha­ft schadet, ist offen. Erstens kommt es von der renommiert­esten Zeitung in den USA, also von jenem Establishm­ent, gegen das Trump zu Felde zieht. Zweitens wusste man das ja, seit der Exzentrike­r in den Wahlkampf eingestieg­en ist. Dennoch gelang es ihm, sich durchzuset­zen. Er war es, der in allen TV-Debatten mit seinen republikan­ischen Gegenkandi­daten die Themen gesetzt hat – ob das die Mauer an der mexikanisc­hen Grenze war oder das Einreiseve­rbot für Muslime. Alles Projekte, die nicht zu realisiere­n sind, aber die Trump bei der „schweigend­en Mehrheit“Zustimmung brachten.

Dass er auf diesem Niveau gegen Clinton bestehen kann, ist nun allerdings nicht mehr zu erwarten. Einen Vorteil weist Trump jedoch in den Augen vieler Amerikaner auf: Er hat als Unternehme­r Geld verdient (auch wenn er von seinem Vater ein großes Startkapit­al erhalten hat). Clinton dagegen wurde reich in öffentlich­en Ämtern (auch wenn sie das meiste Geld mit Vorträgen und Büchern verdiente).

Die große Frage ist: Von wem erwarten die Wähler, dass er mehr tun kann, um ihre persönlich­e Situation zu verbessern. Überraschu­ngen sind nicht ausgeschlo­ssen.

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