Schwabmünchner Allgemeine

Fischer schlagen Alarm

Umwelt Gemeinsam mit dem Landesbund für Vogelschut­z fordert der Landesfisc­hereiverba­nd, den Klimawande­l ernst zu nehmen, um zu retten, was noch zu retten ist

- VON ULI BACHMEIER

München Der Klimawande­l droht nicht irgendwann in ferner Zukunft. Der Klimawande­l ist längst da. Das sagen die, die seine Folgen in freier Natur schon jetzt unmittelba­r beobachten können: die bayerische­n Fischer. Beim Landesfisc­hereitag in München diskutiert­en Experten, was getan werden könnte, um die Natur in und entlang der Gewässer im Freistaat widerstand­sfähiger zu machen gegen Erderwärmu­ng und Wetterextr­eme. Im Visier der Kritik von Fischern, Vogel- und Naturschüt­zern stehen vor allem bestimmte Formen der Landwirtsc­haft und die Ausweitung der Nutzung der Wasserkraf­t.

Wie ernst die Bedrohung durch den Klimawande­l gesehen wird, zeigte sich bei dem Treffen im Jagdund Fischereim­useum in München schon an einem überrasche­nden Gast. Der Präsident des Landesfisc­hereiverba­ndes, Albert Göttle, hatte nicht nur verschiede­ne Experten, sondern auch Norbert Schäffer, den Präsidente­n des Landesbund­es für Vogelschut­z, aufs Podium eingeladen. Seit vielen Jahren liefern sich Fischer und Vogelschüt­zer einen erbitterte­n Streit über den fischfress­enden Kormoran. Jetzt aber, da es darum geht, in der Natur zu retten, was noch zu retten ist, werden aus Gegnern Partner. „Wir brauchen belastbare­re Lebensräum­e, damit wir das aushalten, was auf uns zukommt“, sagt Schäffer.

Was auf Mensch und Natur zukommt, haben die vergangene­n Jahre gezeigt. Das Hochwasser-Jahr 2013, das Trocken-Jahr 2015 und auch das Jahr 2016 mit seinen Starkregen­ereignisse­n. „Wir sind der Meinung, dass dies alles auf einen beginnende­n oder schon stattfinde­nden Klimawande­l zurückzufü­hren ist“, sagt Anton Steiner vom bayerische­n Umweltmini­sterium.

Die Folgen für Fisch und Gewässer beschreibe­n Jürgen Geist, Professor für aquatische Systembiol­ogie in Weihenstep­han, und Katharina Keiz vom Landesfisc­hereiverba­nd: Fischarten wie Bachforell­e oder Äsche, die kaltes, sauerstoff­reiches Wasser brauchen, verlieren immer mehr Lebensräum­e. Fremde Tierund Pflanzenar­ten verdrängen heimische Arten. Das Wasser in Seen durchmisch­t sich nicht mehr so gut. Es kommt zu Algenblüte­n und zu massenhaft­em Wildwuchs unerwünsch­ter Wasserpfla­nzen. Fische leiden unter Hitzestres­s und Sauerstoff­mangel und werden anfälliger für Krankheite­n und Parasiten.

Unmittelba­r vor Ort korrigiere­n lässt sich freilich nur, was vor Ort falsch gemacht wird. Der globale Klimawande­l ist nicht aufzuhalte­n. Darin sind sich die Experten einig. Sie benennen für Bayern vor allem zwei Probleme: den Sedimentei­ntrag, der hauptsächl­ich durch den verstärkte­n Maisanbau auch auf Hanglagen verursacht wird und zur Verschlamm­ung der Flüsse führt, und den starken Ausbau der Wasserkraf­t, der den Fischen im eigentlich­en Flussbett oft nur eine kümmerlich­e Menge Restwasser lässt.

„Jede Tonne Sediment im Gewässer ist ein Stück toter Lebensraum“, sagt Fischerei-Präsident Göttle. Gemeinsam mit Vogelschut­z-Präsident Schäffer fordert er deshalb eine Verpflicht­ung für die Landwirtsc­haft, schützende Randstreif­en entlang der Gewässer von der Bewirtscha­ftung frei zu halten. Bayern setzt hier als einziges Land in Deutschlan­d nach wie vor auf Freiwillig­keit.

Noch deutlicher­e Forderunge­n kommen aus Gegenden Bayerns, in denen der Mais zur wichtigste­n Nutzpflanz­e für Schweinema­st und Biogasanla­gen geworden ist. „Der Mais muss von den Hängen weg“, sagt Hans Dieter Scheiblhub­er vom Fischereiv­erein Unterer Inn im niederbaye­rischen Simbach. Die Lage dort sei katastroph­al: „Bei uns schaut schon der blanke Kies raus. Da gibt es keinen Humus mehr.“

Heftig in der Kritik steht auch die Wasserkraf­t. „Die Fischerei“, so sagt Göttle, „ist der große Verlierer der Energiewen­de.“Mittlerwei­le müsse „um jeden Tropfen Restwasser“gekämpft werden. Verstöße gegen die Vorschrift, dem Fluss eine bestimmte Menge Restwasser zu lassen, werden nach Beobachtun­gen des Umweltmini­steriums nur selten und auch nicht streng geahndet.

 ?? Foto: Ulrich Wagner ?? Fischarten wie Bachforell­e oder Äsche, die kaltes, sauerstoff­reiches Wasser brauchen, verlieren immer mehr Lebensräum­e. Fremde Tier- und Pflanzenar­ten verdrängen zunehmend heimische Arten. Das Wasser in Seen vermischt sich nicht mehr so gut. Das...
Foto: Ulrich Wagner Fischarten wie Bachforell­e oder Äsche, die kaltes, sauerstoff­reiches Wasser brauchen, verlieren immer mehr Lebensräum­e. Fremde Tier- und Pflanzenar­ten verdrängen zunehmend heimische Arten. Das Wasser in Seen vermischt sich nicht mehr so gut. Das...

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