Schwabmünchner Allgemeine

Aufschrei in Augsburg

FCA Der Bundesligi­st gewinnt gegen Darmstadt sein erstes Heimspiel in dieser Saison. Doch hält sich die Freude in Grenzen. Und das nicht nur wegen der schweren Verletzung von Bobadilla

- VON ROBERT GÖTZ

Augsburg Stefan Reuter war auf die Frage nach dem letzten Heimsieg vorbereite­t. Doch bei der Antwort kam der Sport-Manager des FC Augsburg in der Mixed-Zone der WWK-Arena doch kurz ins Straucheln. „Ich habe es letzte Woche irgendwann mal gelesen. Es war gegen Schalke oder so, ach nein, gegen Stuttgart 1:0, oder?“

Stimmt. Am 16. April, der Trainer hieß noch Markus Weinzierl, hatte der FCA zum letzten Mal zu Hause gewonnen. Den einzigen Treffer gegen den VfB Stuttgart erzielte: Alfred Finnbogaso­n. Und auch am Samstag beim 1:0 (0:0)-Heimsieg gegen den SV Darmstadt 98 war der Isländer für das „Tor des Tages“zuständig. Sekunden nach der Halbzeit köpfte Finnbogaso­n zum 1:0 (47.) ein.

Manager Reuter atmete nach dem ersten Heimsieg unter dem neuen Trainer Dirk Schuster durch. Das Gerede von der Heimschwäc­he ist nun wohl verstummt. Noch nie war der FCA besser in die Bundesliga gestartet, auch unter Markus Weinzierl nicht. Beim FCA war man bisher anderes gewöhnt. „Letzte Saison war es bitter, mit sechs Punkten nach zwölf Spielen dazustehen“, blickte Reuter zurück. „Dieses Jahr hatten wir uns vorgenomme­n, ganz anders zu starten. Wir wollten viel besser dagegenhal­ten und auch die Tugenden, die die Mannschaft stark machen, zeigen: Kompakthei­t, Geschlosse­nheit, wenig zulassen, um dann schnell umzuschalt­en.“

Stärken, für die Dirk Schuster bürgt. Und die im Aufeinande­rtreffen mit seinem Ex-Klub auf beiden Seiten im Vordergrun­d standen. Denn auch wenn die Lilien mit dem neuen Trainer Norbert Meier und 14 neuen Spielern personell runderneue­rt waren, die Spielanlag­e hatte Meier nicht groß geändert.

Schon vor dem Anpfiff hatte in der WWK-Arena eine emotionale Atmosphäre geherrscht. Und das nicht nur, weil Trainer Schuster („Vor und nach dem Spiel schüttelt man sich die Hände, aber in den 90 Minuten ruhten jegliche persönlich­en Bande“) auf seinen Ex-Klub traf. Die FCA-Ultras gedachten mit einer riesigen Wende-Choreograf­ie zwei ihrer Mitglieder, die vor einem Jahr bei einem Autounfall tödlich verunglück­t waren. Danach war der FCA vor rund 28 000 Zuschauern klar überlegen, ohne spielerisc­h zu überzeugen. Darmstadt sorgte nur durch zwei rüde Fouls für Aufregung. Zuerst stoppte Peter Niemey- er, der dafür Gelb sah, Raúl Bobadilla so heftig, dass der Argentinie­r mit einer Schulterec­kgelenkspr­engung ausgewechs­elt werden musste. Eine genaue Diagnose bringt heute, wenn die betroffene Stelle nicht mehr so geschwolle­n ist, eine MRTUntersu­chung. Muss er operiert werden, ist die Vorrunde für den Stürmer beendet, wird er konservati­v behandelt, fällt er mindestens sechs Wochen aus.

Nach Caiuby (Knorpelsch­aden im Knie) und Dominik Kohr (tiefe Fleischwun­de am Unterschen­kel) verletzte sich so ein dritter wichtiger Spieler innerhalb weniger Tage. „Das ist bitter“, sagte Reuter. Einen vertragslo­sen Spieler verpflicht­en, das wäre möglich, will Reuter aber nicht: „Wir haben genügend Qualität im Kader, um das zu kompensier­en.“Bobadilla war nicht der einzige FCA-Spieler, der die rüde Spielweise der Darmstädte­r zu spüren bekam. Als Daniel Baier vor der Halbzeit vom schon verwarnten Leon Guwara umgesäbelt wurde, zeigte Schiedsric­hter Guido Winkmann (Kerken) dem Darmstädte­r die Gelb-Rote Karte.

Das war die Vorentsche­idung. Finnbogaso­n traf. Die dezimierte­n Darmstädte­r blieben harmlos und ohne richtige Möglichkei­t. Hätten die Augsburger Profis ihre Chancen besser genützt, hätte FCA-Trainer Schuster nicht so lange zittern müssen. „Ich bin sehr froh und glücklich, dieses Spiel gewonnen zu haben.“Die Punktebila­nz von sieben Zählern nach fünf Spieltagen will er nicht überbewert­en. „Das ist durchschni­ttlich bis gut.“Manager Reuter erklärte trocken: „Mit sieben Punkten hat noch keiner die Klasse gehalten. Wir haben noch viel zu tun.“

Ähnlich sah es Rainer Hörgl. Der Ex-FCA-Trainer (2004 bis 2007) war als Experte des Fernsehsen­ders Sky im Stadion. Sein Urteil: „Dass der FCA heute nicht glänzen konnte, war klar. Es war ein verdienter Sieg, aber das Niveau der Partie war nicht berauschen­d. Es war unterer Bundesliga-Durchschni­tt. Für Darmstadt wird es sowieso schwer, und wenn der FCA wirklich mit hinten nichts zu tun haben will, muss er einen Zahn zulegen.“FCA Hitz – Verhaegh, Gouweleeuw, Hinteregge­r, Stafylidis – Kacar, Baier (90.+2 Janker) – Bobadilla (35. Schmid (88. Hal. Altintop), Koo, Ji – Finnbogaso­n Darmstadt M. Esser – Jungwirth, Höhn, Milosevic, Guwara – Niemeyer (86. Ben-Hatira), J. Gondorf – Heller, Kleinheisl­er (46. Holland), Bezjak (46. Sirigu) – A. Colak Tor 1:0 Finnbogaso­n (47.) Gelb-Rot – / Guwara (45.+3/wiederh. Foulspiel Zusch. 28 113 gewonnen. So greift manchmal eins ins andere. Oder auch nicht – weil das Urteil über Labbadia schon vor dem Bayern-Spiel gesprochen war. Es abzuwenden, dazu hatte der 48-Jährige in den vorausgega­ngenen eineinhalb Jahren Gelegenhei­t. Den HSV weiterzuen­twickeln ist ihm nicht gelungen. Zuletzt spendierte HSV-Investor Kühne 30 Millionen Euro für Transfers. Wie es derzeit aussieht, hätte er das Geld auch in der Alster versenken können.

Ein Punkt von zwölf möglichen hat in Hamburg die Sorge geschürt, es könne auf eine zuletzt mittelmäßi­ge Saison wieder eine quälende folgen. Zur sportliche­n Misere kamen Differenze­n mit der Klubspitze und die Haltung Labbadias, dem Rauswurf erhobenen Hauptes zu begegnen. Eine explosive Mischung, die jeden Trainer von der Bank fegt.

Nicht alle aber fliegen so aufrecht wie Labbadia, der nach dem Spiel gelassen den Blick auf die Mannschaft und deren starken Auftritt gegen den FC Bayern gelenkt hat. Geradezu peinlich war dagegen der Eiertanz von Sportvorst­and Dietmar Beiersdorf­er. Im Grunde aber war alles wie immer. Vorhersehb­ar, gelegentli­ch, wie im vorliegend­en Fall, ein wenig berührend, und doch immer erstaunlic­h. Nur, dass dieses Mal Franck Ribéry seine Hand im Spiel hatte.

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