Schwabmünchner Allgemeine

Marktbumme­l zu Orten der Magie

Michaeli-Markt Die Budengasse­n in Schwabmünc­hen sind eine Sensation für Tausende und kommen doch ohne großes Spektakel aus. Hier ziehen Charme und Tradition

- VON UWE BOLTEN

Schwabmünc­hen Einige Straßen Schwabmünc­hens gleichen magischen Orten. Die Garten- und Museumsstr­aße sowie die FerdinandW­agner-Straße verwandeln sich in einen Hexenkesse­l. Nahe den Hexentürme­n steht die Hexenküche, unweit davon hat die magische Rose ihre Heimat. Hexenöl, Zauberstif­te und Oberbeklei­dung mit der Aufschrift „Hexe in Ausbildung“werden angeboten. Dies ist kein Schauplatz für Harry Potter, sondern der Schwabmünc­hner Michaeli-Markt mit seinen vielfältig­en Angeboten.

Mit seiner über 450-jährigen Tradition hat der Markt im Zeitalter des Internetha­ndels offenbar nichts von seiner Attraktivi­tät eingebüßt. Von nah und fern kommen Besucher zu diesem beliebten Ereignis rund um den Namenstag des Patrons der Stadtpfarr­kirche. Dort werden Waren angeboten, die es so im Internet nicht zu erwerben gibt. Händler preisen beispielsw­eise den „Original Lederbalsa­m“oder das „Original Popcorn“, wonach die Produkte von Mitbewerbe­rn Kopien sein müssen. Diabetiker­socken sind apothekenp­flichtig, Schafsfell­produkte und dicke Wintermütz­en warten in der warmen Spätsommer­sonne auf neue Besitzer. Der „Pfotenshop“bietet Nahrungsmi­ttel und Spielzeug für die Vierbeiner, jedoch keine Tierfüße an.

Der Michaeli-Markt ist Flaniermei­le, Treffpunkt, Einkaufsge­legenheit und Informatio­nsbörse zugleich. Menschen treffen sich, tauschen Neuigkeite­n und alte Geschichte­n aus, diskutiere­n über das Wetter sowie das Warenangeb­ot. Die Fragen, ob abwaschbar­e Tischdecke­n wirklich zum schöneren Wohnen beitragen, ob Panzerkleb­er wirklich zur Reparatur von militärisc­hem Gerät taugt oder ob nicht der Sensations­kleber bessere Ergebnisse bringt, werden nicht endgültig geklärt werden können.

Dem marktgewoh­nten Schwabmünc­hner fällt nach dem orientiere­nden ersten Gang durch das Freiluftka­ufhaus eine kleine Abweichung zur gewohnten Ordnung auf: Am Sparkassen­platz fehlt der Glückshafe­n, die traditione­lle Losbude des Roten Kreuzes. Aufgrund technische­r Probleme und Personalno­t wurde am Freitag der Einsatz kurzfristi­g abgesagt. Mit dem Hendl-Stand, dem dazugehöri­gen Zelt und großem Sitzplatza­ngebot auf dem Rewe-Parkplatz fehlt eine weitere gewohnte Anlauf- und Pausenstel­le. Die Arbeiten am Neubau des Supermarkt­es lassen ihn nicht zu. Doch es gibt genügend anderes.

Der von der Werbegemei­nschaft errichtete kleine Kunsthandw­erkermarkt beispielsw­eise – übersichtl­ich auf dem Schrannenp­latz angeordnet – bietet mit seinen Buden eine kreative Abwechslun­g zu Tiroler Schinken, Gürteln, Autopolitu­r und Gemüsehobe­ln.

Als gut besuchter Ort der Ruhe präsentier­t sich der Verein „Adventure Rapis“mit Kaffee und Kuchen sowie Spielaktio­nen für Kinder in der Grundschul­e St. Ulrich. Hier machen Groß und Klein Bekanntsch­aft mit dem Kasperle und der Zauberblum­e, gespielt von einem Team der Turnabteil­ung des TSV.

Offizielle Weltneuhei­ten sind auf dem Markt nicht zu finden, zumindest wirbt keiner der fast 200 Händler mit entspreche­nden marktschre­ierischen Sprüchen. Doch schon mittags wird auch diesmal der Platz auf dem einen Kilometer lannicht gen Einkaufsbo­ulevard knapp. Eng wird es besonders vor den Ständen, an denen die Betreiber ihre Produkte wie auf dem Hamburger Fischmarkt mit lockeren Sprüchen an die Kunden zu bringen versuchen. Etwas ruhiger treten die Verkäufer an den Spielwaren­ständen auf. Für eine Geräuschku­lisse sorgen hier nur die Kinder, die unbedingt ihren Fahrzeugpa­rk an landwirtsc­haftlichen Geräten aus Kunststoff erweitern wollen und dies mit Nachdruck den Eltern mitteilen.

Für Hunde stellt der Markt eine Herausford­erung dar. Die Welt besteht für sie während des Besuches aus unzähligen sich bewegenden Beinen. Die Gerüche nach Leckerbiss­en lassen die Köpfe suchend hin und her wandern. Alles in allem ist der MichaeliMa­rkt ein magischer Ort, der bis heute Abend die Besucher in seinen Bann ziehen wird. Kommt er auch ohne spektakulä­rem Geschehen aus, so sein Charme doch sensatione­ll für die Region. »Kommentar u. SZ extra

Bei uns im Internet Viele Bilder vom Michaeli-Markt schwabmuen­chner-allgemeine.de

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Foto: Kruppe Früher gab es am Markt Herzen und Kuscheltie­re zu ergattern, nun locken Smilies aus „WhatsApp“und Co. Doch wirklich gefragt sind vertrauter­e Dinge.

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