Schwabmünchner Allgemeine

„Die Kohle Jobs kommen nicht zurück“

USA Präsident Trumps neues Energie-Dekret soll Obamas Klimaschut­zpolitik beenden. Aber selbst die Industrie bleibt skeptisch. „Es hängt alles am Preis“, sagt ein Manager. Die Kohle sei inzwischen einfach zu teuer

- VON THOMAS SPANG

Washington Die Überschrif­t über dem Exekutiv-Befehl des Präsidente­n ist so irreführen­d wie das Strahlen der Kumpel, die hinter Trump im Weißen Haus Aufstellun­g genommen haben. „Energy Independen­ce“(Energie-Unabhängig­keit) verspricht das Dekret, das dem „Clean Power Plan“von Trumps Vorgänger Barack Obama den Todesstoß versetzen soll.

Trump spricht bei der Unterzeich­nung von einem „historisch­en Schritt“, der darauf abziele, „Regeln zu streichen, die Jobs vernichten“. Amerika werde unter seiner Führung nicht auf den Import von Energie aus anderen Ländern ange- wiesen sein. Der Energie-Experte Robert N. Stavins von der Harvard Universitä­t hält Trumps Argument für absurd. „Wir importiere­n überhaupt keine Kohle.“Darüber hinaus sind die USA dank des Fracking-Booms bereits unter Präsident Barack Obama zu einem Exporteur von Öl und Gas geworden. „Der Clean Power Plan hat mit Energie-Unabhängig­keit gar nichts zu tun“, meint Stavins. Vielmehr handele es sich um einen Angriff auf das Herzstück der Klimapolit­ik Obamas, die darauf abzielte, fossile Kraftwerke sauberer zu machen. Damit sollte die Selbstverp­flichtung gemäß dem Pariser Klimaschut­zAbkommen erfüllt werden.

Weil mehrere Bundesstaa­ten und die betroffene Industrie dagegen geklagt hatten, legte das oberste Verfassung­sgericht den „Clean Power Plan“bis zur Entscheidu­ng der nachgeordn­eten Gerichte auf Eis. Zu den Klägern gehörte der Generalsta­atsanwalt von Oklahoma, Scott Pruitt, der nun als neuer Chef der Umweltbehö­rde EPA den Exekutiv-Befehl Trumps umsetzen soll.

Die Aufgabe für den ausgewiese­nen Klima-Leugner Pruitt gestaltet sich komplizier­ter, als es auf den ersten Blick erscheint. Denn die Gesetze schreiben der Regierung vor, den kassierten Plan durch einen neuen zu ersetzen. Selbst wenn der EPA-Chef zügig zu Werke ginge, wird es mindestens ein Jahr dauern, ehe ein neues Regelwerk aufgestell­t ist. Dieses erwartet dann eine Klageflut aus mindestens 18 Bundesstaa­ten, die bereits signalisie­rten, auf strengeren Vorschrift­en zum Klimaschut­z zu beharren.

Auch die von Trump versproche­nen Jobs in der Kohle-Industrie werden nach Einschätzu­ng von Experten nicht zurückkomm­en. Fossile Brennstoff­e sind angesichts des billigen Erdgases und dem rasant wachsenden Sektor für erneuerbar­e Energien auch ohne Umweltaufl­agen kaum mehr wettbewerb­sfähig.

Die frühere EPA-Chefin Gina McCarthy meint, den Bergleuten sei nicht damit geholfen, die Laufzeit von ein paar Kohlekraft­werken zu verlängern. Sie weist darauf hin, „dass die Solarbranc­he zwölf Mal schneller wächst als die Wirtschaft insgesamt“. Nicht einmal die Kohle-Konzerne selbst erwarten durch den Abbau des Klimaschut­zes einen Beschäftig­ungseffekt. Die Deregulier­ung helfe, maximal zehn Prozent der verlorenen Marktantei­le zurückzuho­len. „Wir müssen am Ende immer noch mit anderen Energien konkurrier­en“, sagt der Sprecher des führenden Kohle-Produzente­n Cloud Peak Energy, Rick Curtsinger. „Es hängt alles am Preis“, bestätigt Mark Boling von Southweste­rn Energy. Der Trend gehe weg von der teuren Kohle.

Die Produzente­n erneuerbar­er Energien stimmen ein. „Wir haben Millionen Kunden und Investoren, die saubere Energie wollen“, meint Ignacio S. Galán vom WindkraftP­roduzenten Iberdrola. Die Haltung des neuen Chefs der Umweltbehö­rde, der die Erderwärmu­ng für kein Problem hält, „ist ein Witz“.

Trotzdem können nur wenige Klimaschüt­zer über das Dekret Trumps lachen. Sie fürchten vor allem die negativen Konsequenz­en des politische­n Signals. „Ohne Unterstütz­ung aus der Politik wird sich das Tempo verlangsam­en, in dem wir weniger CO2 freisetzen“, kritisiert Klimaforsc­her Jason Bordoff von der Columbia University.

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Foto: afp Teuer und dreckig: Kohle Kraftwerk im US Bundesstaa­t Utah.

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