Statt Stau drohen meterhohe Wände
Straßenbau Vor 30 Jahren sind die ersten Pläne für eine Diedorfer Umfahrung entstanden. Jetzt gibt es Geld für das Millionenprojekt, aber auch viel Widerspruch am Ort. Nicht nur der könnte das Vorhaben erneut bremsen
Diedorf/Neusäß Zufall oder nicht: Es war auf den Tag genau 30 Jahre her, dass die Trasse sozusagen das Licht der Öffentlichkeit erblickt hatte, als die Straße jetzt erstmals den Diedorfern vorgestellt wurde. Nachdem sich die B-300-Umfahrung über Jahrzehnte hinweg durch die Instanzen von Politik und Verwaltung gemüht hat, wollen die Planer jetzt ihren Überlegungen den für die Umsetzung nötigen Feinschliff verpassen. Einfach wird das nicht.
Das zeigte sich schnell an diesem Abend in der Aula des Diedorfer Gymnasiums, wo der stellvertretende Chef des Staatlichen Bauamts Augsburg erläuterte, was seine Behörde plant. Im Publikum vor Uwe Fritsch saßen viele Bewohner aus dem Unterdorf – dieser Bereich gilt als der schwierigste entlang der insgesamt fünf Kilometer langen Straße, die sich entlang der Bahnlinie an Diedorf vorbeiwinden soll. Kommt es tatsächlich so, müssen nicht nur einige Häuser weg. Welche genau, ist allerdings noch offen.
Sondern es wird sich zwischen den Hauptort und das Unterdorf eine breite Verkehrsschneise zwängen. Gesäumt von mehrere Meter hohen Lärmschutzwänden und Wällen sollen nicht nur Autos Platz finden, sondern auch die dann ausgebaute und um ein Gleis erweiterte Bahnstrecke zwischen Augsburg und Dinkelscherben. Denn sowohl der Bau der Straße als auch der Ausbau der Gleise steht im Bundesverkehrswegeplan und ist bis zum Jahr 2030 vorgesehen.
Für dieses Ziel haben nicht zuletzt viele Menschen im vom Verkehr geplagten Diedorf gekämpft – die konkrete Trasse stößt dort aber auch auf viele Vorbehalte. Eine Umgehung, die weiter um den Ort herumführt, oder ein Tunnel für die Straße, lauten deshalb die Forderungen von Anwohnern. Bürgermeister Peter Högg und sein Gemeinderat scheinen dagegen eher auf viele kleine Verbesserungen zu setzen – wobei das laut Högg zumindest eine teilweise Untertunnelung nicht ausschließt: „Und wenn es 20 Millionen Euro mehr kostet.“
Im Gegensatz zum Markt Diedorf hat die Stadt Neusäß bereits ihre Einwände gegen das Großprojekt formuliert. Sie fordert unter anderem im Stadtteil Vogelsang eine Tieferlegung und weitestgehende Überdeckelung der Schnellstraße, weil diese den Ort sonst völlig zerschneide.
Tunnel aber sind teuer. Allein ein über ein Kilometer langer Tunnel im Bereich Diedorf würde nach Berechnungen des Bauamtes 55 Millionen Euro kosten – und sei deshalb utopisch. Denn schon jetzt hat die Straße ein Preisproblem. Mit mehr als 62 Millionen Euro für fünf Kilometer ist sie laut Bauamt etwa doppelt so teuer wie der Durchschnitt bei Bundesstraßen. Berlin hat dem Augsburger Bauamt deshalb aufgetragen, die Kosten zu senken.
Die Behörde sieht auch in einer anderen Frage wenig Spielraum: Die Trasse für die Straße wurde in einem Raumordnungsverfahren festgeklopft, weshalb die Straße nun nicht einfach ins geschützte Schmuttertal verlegt werden kann. Dass die schon vorliegenden Pläne aus einer Zeit stammen, in der das neue Gymnasium noch nicht gebaut war, scheint nicht so ins Gewicht zu fallen. Die Schule wird direkt an die neue B 300 angrenzen. Für die Straße soll 2023 Baubeginn sein – wenn alles glattläuft.
Denn schließlich muss sich das Bauamt auch noch mit der Deutschen Bahn abstimmen, die direkt nebenan ihr Gleisnetz ausbauen soll. Bislang aber sieht das Staatsunternehmen keine Notwendigkeit, tiefer in die Planung einzusteigen. Bleibt das so, droht auch den Plänen für die Straße alsbald der Stillstand. Es wäre nicht der erste seit inzwischen 30 Jahren. »Kommentar