Retro in die Zukunft?
Die Metal-Helden Axxis im Spectrum
Er schwärmt gerne von den „alten Zeiten“, der Sänger der deutschen Hardrock-Band Axxis. Und er hat sie erlebt; schließlich treibt die Band seit Ende der 80er Jahre ihr lautstarkes Unwesen. So schwärmte Bernhard Weiß während des zweistündigen Konzertes seiner Band Axxis im Spectrum dem zahlreich erschienenen Publikum von MTV und der Deutschen Mark und erzählte, selbst fast erstaunt, welch massiven finanziellen Aufwand der erste Video-Clip der Band damals gekostet hatte. Überhaupt plauderte Bernhard Weiß gerne mit seinen Besuchern, was ein wenig das Flair einer Talkshow verbreitete. Das hatte was, ließ es doch einen intimen, privaten, fast familiären Charakter spüren. Kaum aber dass seine Mitmusiker in die Instrumente griffen, wandelte der Frontmann zu einem Powerpaket.
Axxis schwimmt auf der RetroWelle, so viel ist klar. Schnörkellos und gradlinig kommen die Songs daher, mit pulsierender Rhythmusgruppe, verzerrter Gitarre und Vintage-Sounds aus den Synthesizern fest im Gestern verankert. Darüber die markant-helle Stimme des Sängers, die die gerne kritischen Texte ausdrucksstark interpretiert. Dennoch sind Axxis nicht auf die RetroWelle aufgesprungen; im Gegenteil: Sie waren immer schon drauf und sind sich treu geblieben.
Das neue Album trägt den wegweisenden Titel „Retrolution“. Im Live-Setting, das mit großartiger Show und fettem Sound aufwartete, fanden die neuen Songs allerdings kaum Platz. Gerade mal vier von knapp 20 Stücken waren der neuen Scheibe entnommen, der Rest war „Retro“. Knaller wie „Kingdom of the Night“,“Little Look Back“oder „Living in a World“traten da lustvoll zum Vorschein, „Kings Made of Steel“, „Ships are Sailing“und „Touch the Rainbow“glänzten gar in akustischer Interpretation.
Eine Band wie Axxis live zu erleben ist die reine Freude. So frisch und freudig gab das Quintett sein Repertoire zum Besten, als seien all die guten alten Nummern gerade erst komponiert worden. Eine Spielfreude, die sich im Handumdrehen auf das jubelnde Publikum übertrug.
So gar nicht ins Bild der Vergangenheitsliebe passt allerdings der Fakt, dass Sänger Bernhard Weiß im letzten Jahr als erster Rockmusiker überhaupt mit dem Kulturpreis der Stadt Lünen ausgezeichnet worden ist. Mit Retro-Metal also in die Zukunft?