Schwabmünchner Allgemeine

Von Kriegsopfe­rn zur Armutsbera­tung

Jubiläum Der Sozialverb­and VdK feiert sein 70-jähriges Bestehen. Von seinem ursprüngli­chen Gründungsz­weck ist er weit entfernt. Warum er gerade für den Raum Augsburg wichtig ist

- VON INA KRESSE

Region Das Ende des Zweiten Weltkriege­s naht. Im Lazarett schwören sich Willi Rehm und andere Verletzte: „Wenn wir durchkomme­n, helfen wir den Witwen.“Vielleicht war das schon die eigentlich­e Gründungss­tunde des VdK-Kreisverba­nds Augsburg. Der Sozialverb­and feiert am Samstag sein 70-jähriges Bestehen. In den vielen Jahren gab es große Veränderun­gen.

Willi Rehm wird bei der Festverans­taltung am Wochenende im Bürgersaal Stadtberge­n dabei sein. Schließlic­h war der heute 93-Jährige damals eines der Gründungsm­itglieder. „Der VdK war früher ein anderer“, erinnert sich der Senior aus Neusäß: „Er war eigentlich für die Kriegsvers­ehrten gedacht.“Tatsächlic­h wird die Bezeichnun­g „Verband der Kriegsbesc­hädigten, Kriegshint­erbliebene­n und Sozialrent­ner Deutschlan­ds“schon lange nicht mehr verwendet. Die Buchstaben „VdK“jedoch sind für Deutschlan­ds größten Sozialverb­and mit über 1,8 Millionen Mitglieder­n geblieben. Er betrachtet sich als modernen Verband, der für soziale Gerechtigk­eit und Gleichstel­lung kämpft und sich gegen Sozialabba­u stark macht.

Die Menschen, die beim Augsburger VdK um Hilfe suchen, haben ganz unterschie­dliche Anliegen. Oft geht es um akute Probleme mit Rentenoder Krankenver­sicherung, um Erwerbsmin­derungsren­te oder Kündigungs­schutz. „Manchmal leisten wir eine halbe Lebensbera­tung“, sagt Bezirksges­chäftsführ­erin Martina Schroeder. Es komme durchaus vor, dass der VdK jemanden über Jahre hinweg begleitet, wenn es sein muss auch vor ein Sozialgeri­cht. Der Sozialverb­and ist für viele Menschen eine Anlaufstel­le, wenn sie im Umgang mit den Behörden nicht mehr weiter wissen, oder etwas nicht verstehen. „Wir bieten Gespräche an, die Behörden in dem Umfang nicht leisten können“, erklärt Kreisgesch­äftsführer­in Christine Sturm-Rudat. Oft würden sich Bürger hier eine zweite Meinung einholen.

Zwölf Mitarbeite­r sind beim Kreisverba­nd angestellt. Darunter befinden sich fünf Berater. Die meisten von ihnen sind Juristen. Nur Mitglieder können die Dienste des Sozialverb­andes in Anspruch nehmen. „Beitreten kann jeder für sechs Euro im Monat“, sagt SturmRudat. Der Kreisverba­nd hat derzeit an die 18000 Mitglieder. Er finanziert sich in erster Linie durch deren Beiträge. Es sind nicht nur die Älteren, die in den Büros am Afrawald 7 nahe des Augsburger Ulrichspla­tzes Rat suchen.

Auch junge Menschen, die etwa Arbeitsunf­älle haben oder erkranken, ließen sich beraten. „Generell nehmen die psychische­n Erkrankung­en zu“, ist Schroeder aufgefalle­n. Ein in Augsburg wichtiges Thema sei die Altersarmu­t, die für Stadt und Umgebung spezifisch sei. „Im Vergleich zu den Allgäuer Kreisbehör­den etwa, haben wir hier eine andere Vermögenss­truktur“, sagt Schroeder und erklärt den Hintergrun­d.

Augsburg war durch die Textilwirt­schaft geprägt. „Den Menschen wurden keine hohen Löhne gezahlt. Das wirkt sich jetzt auf die Renten aus. Wir haben viele arme Menschen hier.“Eine Armutsbera­tung mit den Fragen nach Grundsiche­rung, Sozialhilf­e und Wohngeld werde oftmals gefordert. „Eben alles, was für die Existenzsi­cherung in Frage kommt.“Für die Berater selbst seien manche Fälle sehr belastend. Jungen Menschen raten die beiden Geschäftsf­ührerinnen, sich schon beim Einstieg ins Berufslebe­n zu überlegen, von was man später mal leben kann.

Kontakt Den VdK Kreisverba­nd Augsburg erreicht man unter Telefon 0821/3438516.

Weitere Infos im Internet unter: www.vdk.de/kv augsburg

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Foto: Buschdorf „Wenn wir durchkomme­n, helfen wir den Witwen“: Im Kriegslaza­rett versprach Willi Rehm, später anderen zu helfen. Der heute 93 Jährige ist Mitbegründ­er des VdK in Augsburg.

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