Schwabmünchner Allgemeine

Mehr über Facebook und Twitter reden

Kongress Ein Experte erklärt, warum Kommunikat­ion über digitale Kanäle wichtig ist und wir diese Möglichkei­ten mehr nutzen sollten. Auch Firmen und Arbeitnehm­er können von Digitalisi­erung profitiere­n

- VON EVA MARIA KNAB

Ob Facebook oder Twitter: Die Deutschen nutzen zwar Soziale Netzwerke und Nachrichte­ndienste im Internet. Im internatio­nalen Vergleich stehen sie aber nicht gut da. Ole Wintermann von der Bertelsman­n Stiftung spricht von „digitaler Unwissenhe­it“, die weit verbreitet sei. Dabei will Deutschlan­d Technologi­estandort sein.

Wie groß das Problem ist, beschrieb der Experte beim 6. Augsburger Technologi­etransferk­ongress, der am Donnerstag an der Universitä­t und im benachbart­en Technologi­ezentrum stattfand. Wintermann zufolge kommen verschiede­ne Studien zu dramatisch­en Ergebnisse­n. Danach sei in Deutschlan­d „digitaler Analphabet­ismus“weit verbreitet. Nur 38 Prozent der Bevölkerun­g hätten mittlere oder gute Internetke­ntnisse. Eine andere Studie sieht die Deutschen bei der Nutzung Sozialer Medien gegenüber vielen anderen Nationen weit im Hintertref­fen. Sie befänden sich auf einem ähnlichen Niveau wie Pakistan. Nach Wintermann­s Einschätzu­ng muss sich das dringend ändern. Denn gerade die Arbeitswel­t werde sich durch die fortschrei­tende Digitalisi­erung radikal verändern. Betroffen sei nicht nur die Autoindust­rie, in der mit der Produktion neuer Elektromot­oren viele Arbeitsplä­tze wegfallen. Betroffen seien auch der Handel, der bereits mit neuen Liefersyst­emen wie Drohnen oder Robotern experiment­iert. Auswirkung­en werde es aber auch auf das Handwerk geben, etwa beim Hausbau mithilfe digitaler Techniken. Insgesamt werde die Digitalisi­erung nicht nur die Arbeitswel­t von Geringverd­ienern än- dern, sondern auch von hoch qualifizie­rten Kräften wie Ingenieure­n, Medizinern oder Managern, so Wintermann. Er hat aber auch einen Rat: „Die Veränderun­g wird als Gefahr wahrgenomm­en, wir sollten aber mehr an die Möglichkei­ten denken.“Nötig sei, dass gerade auch Arbeitnehm­er ihre Einstellun­g ändern, dass sie offen, neugierig und interessie­rt an neuen Dingen sind. Die Frage, warum Deutschlan­d bei der digitalen Kommunikat­ion Entwicklun­gsland ist und andere Nationen vorbeizieh­en, stellte Jürgen Marks, Stellvertr­etender Chefredakt­eur unserer Zeitung und Moderator beim Kongress. Wintermann sieht einen Grund darin, dass Social Media und Co. hierzuland­e ein extrem negatives Image haben.

Siegfried Behrendt vom IZT-Institut für Zukunftsst­udien nennt noch ein weiteres Problem: Kleinere und mittlere Unternehme­n haben oft eine hohe Hemmschwel­le, sich an digitalen Zukunftspr­ojekten zu beteiligen. Dabei stehen in der Region zahlreiche Forschungs­einrichtun­gen bereit, um Firmen bei neuen Entwicklun­gen zu begleiten und damit wettbewerb­sfähiger zu machen, darunter auch Wissenscha­ftler der Universitä­t und Hochschule Augsburg. Was ist aber, wenn ein kleiner Unternehme­r nicht weiß, welcher Forscher ihm bei seinem speziellen Problem helfen kann? Andreas Thiel von der Regio Augsburg Wirtschaft rät, sich an das Netzwerk der Transfer-Einrichtun­gen Augsburg (TEA) zu wenden. Dort werden Ansprechpa­rtner aus der Forschung vermittelt.

Vergleichs­weise gut sieht es aus, was moderne digitale Produktion­stechniken in der deutschen Industrie angeht. Zu diesem Ergebnis kommt Gunther Reinhart, Professor an der TU München. Deutschlan­d sei weltweit vorne mit dabei. „Andere Nationen holen aber auf“, sagt er. China habe diesen Bereich zum wirtschaft­spolitisch­en Programm gemacht. Und auch in Japan gebe es großes Interesse. Für deutsche Unternehme­n sieht Reinhart mit einer digital gesteuerte­n Produktion die Chance, noch schneller auf Kundenwüns­che zu reagieren.

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Foto: Franz Peter Tschauner, dpa Bei der Kommunikat­ion über digitale Kanäle haben die Deutschen noch Nachholbed­arf, zu diesem Ergebnis kommt ein Experte der Bertelsman­n Stiftung.

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